Arecibo-Teleskop nach dem Absturz der Plattform

Arecibo-Teleskop nach dem Absturz der Plattform

© APA/AFP/RICARDO ARDUENGO

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Deshalb ist das legendäre Arecibo-Teleskop eingestürzt

Das Arecibo-Teleskop in Puerto Rico war nicht nur Astronomen ein Begriff. Durch den James-Bond-Film Goldeneye kannte es die ganze Welt.

Von 1963 bis 2016 war es das größte Einzelteleskop der Erde. Im Dezember 2020 wurde es zerstört.

Die National Academies of Sciences, Engineering, and Medicine (NASEM), die Dachorganisation für die US-Wissenschaftsakademien, hat jahrelang Daten und Berichte zu dem Unglück gesammelt und ausgewertet. Diese wurden jetzt in einem Bericht veröffentlicht.

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Sequenz des Versagens

Laut NASEM war der Einsturz die Folge einer „Sequenz des Versagens“. Diese begann schon 39 Monate vor dem eigentlichen Zusammenbruch. Im September 2017 beschädigte der Hurrikan Maria das Teleskop. Bei der Inspektion der Schäden wurden Hinweise auf Schlupf bei den Kabeln gefunden. Allerdings wurde dem weder nachgegangen, noch wurde es von jemanden angesprochen. NASEM beschreibt das Fehlen von Dokumentation und eines Berichts durch das Unternehmen, das mit der Inspektion der Hurrikanschäden beauftragt wurde, als alarmierend.

Wäre der Schlupf korrekt gemeldet worden, hätte man noch einschreiten können, bevor schließlich 2020 ein Stahlseil aus seiner Endhülse riss. Dass das passiert ist, liegt an einem Effekt namens Zinkkriechen. Zu diesem Schluss kam schon eine NASA-Untersuchung im Jahr 2021.

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Auf diesem Foto aus dem Jahr 2006 war das Teleskop noch ganz

Strahlung beschleunigt Zinkkriechen

Durch bestehende Belastung dehnt sich Zink aus, bis es schließlich reißt. Allerdings habe es, laut dem NASEM-Bericht, in einem ganzen Jahrhundert, in dem dieselbe Technik wie beim Arecibo-Teleskop genutzt wurde, keinen einzigen Fall gegeben, bei dem Zinkkriechen für ein Gebrechen im Kabelsockel sorgte.

NASEM geht deshalb davon aus, dass das Zinkkriechen beschleunigt wurde. Die einzige logische Hypothese sei, dass die elektromagnetische Strahlung, die sehr stark im Bereich des Arecibo-Teleskops war, den Effekt verstärkt hat. Das heißt der eigene Radiowellen-Sender, der eine Leistung von einem Megawatt hatte, dürfte wohl mitverantwortlich für den Zusammenbruch gewesen sein.

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Der Zusammenbruch

Nachdem am 10. August 2020 das erste Kabel gerissen war, das die 900 Tonnen schwere Empfängerplattform über dem Spiegel hält, riss am 6. November ein weiteres Kabel. Am 19. November entschied sich der Betreiber, dass eine Reparatur zu riskant ist: Das Arecibo-Teleskop sollte abgerissen werden.

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Ein Foto vom 19. November 2020. Die zuvor gerissenen Stahlseile haben den Spiegel beschädigt

Am 1. Dezember 2020 rissen weitere Seile. Die Plattform fiel 137 Meter in die Tiefe und hinterließ schwere Zerstörung im Spiegel des Radioteleskops.

Weil dabei auch Stahlbetonpfeiler brachen, wurden Gebäude in der Nähe des Teleskops beschädigt. Verletzt wurde niemand, weil das Gebiet schon nach dem zweiten Kabelbruch evakuiert wurde.

The Arecibo Observatory collapses in Puerto Rico

Einer der gebrochenen Stahlbetonpfeiler

Eine Reparatur des Teleskops ist nicht geplant. Im September 2023 kündigte der Betreiber an, einige der Gebäude als Lernzentrum nachnutzen zu wollen. Dieses soll unter dem Namen Arecibo C3 entstehen.

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