Dyson: "Wir haben Ideen für 25 Jahre"
Dyson: "Wir haben Ideen für 25 Jahre"
© Patrick Wollner

Dyson: "Wir haben Ideen für 25 Jahre"

Dyson: "Wir haben Ideen für 25 Jahre"

futurezone: Sie waren früher Fallschirmspringer bei der Deutschen Bundeswehr. Springen Sie jetzt als CEO eines der bekanntesten Unternehmen der Welt jetzt auch noch ab und zu aus Flugzeugen? Max Conze: Nein, das hab ich vor 20 Jahren mal gemacht. Ich habe zwei Töchter, die elf und zwölf sind, die würden das ihrem Vater verbieten. Aber auf jeden Fall hab ich damals gelernt, wie viel Schiss man haben kann, bevor man etwas macht und wie es sich auszahlt, wenn man es gemacht hat.

Hat man etwa bei Dyson ein wenig Schiss?Wir haben bei Dyson freilich keine Angst, aber zum Erfinden braucht man viel Mut, da wir über die Technologie zu Produkten kommen. Und wenn Sie den Akku-Staubsauger DC45 betrachten, ist es der beste der Welt, weil unser eigener digitaler Motor eingebaut ist, der digital schaltet, 100.000 mal, die Energie wird dabei sehr effizient umgesetzt. Diesen Motor zu bauen, hat zehn Jahre gedauert, 100 Motorexperten haben daran gearbeitet, die Gesamtinvestition betrug 100 Millionen Pfund.

Also haben Sie vor zehn Jahren nicht gewusst, ob der jemals das Licht des Marktes erblicken wird?Wenn Sie sich auf eine erfinderische Reise begeben, weiß man nie, ob man ankommt. Wir haben vor zehn Jahren nicht gewusst, ob es je ein fertiges Produkt geben wird. Wir leben in einer Welt der Prototypen. Aber: Jeder Erfolg ist das Ende von vielen Versuchen, die nicht funktioniert haben.

Fragt man den Konsumenten auf der Straße, so ist Dyson ein Staubsauger-Hersteller. Sie selbst bevorzugen aber die Bezeichnung Technologieunternehmen.Das macht auch gar nichts, wir sind stolz auf unsere Staubsauger und es gäbe Dyson nicht, wenn nicht ein James Dyson vor langer langer Zeit frustriert mit seinem damaligen Staubsauger, der verstopft war, ihn auseinander gebaut und die Idee für den ersten Dyson-Staubsauger gehabt hätte. Wir sind aber mehr als Staubsauger. Und je mehr der Konsument von diesem Mehr sieht, verwandelt sich auch das Bild. Spätestens dann, wenn jemand auf einer Flughafen-Toilette steht und dort eines unserer Geräte (den Händetrockner Airblade, Anm.) nutzt.

Bei der IFA in Berlin war Ihr Stand in einer der „Weißwaren-Hallen", in denen Küchengeräte etc. gezeigt wurden. Da passen Sie nach Ihrer Definition nicht hin. Wo würden Sie lieber stehen? Zwischen Sony und Samsung?Ja, Vielleicht.

Sie sind stolz auf die Erfindung ihres digitalen Motors. Auch wenn dieser 100.000 Umdrehungen schafft, braucht man Strom dafür und bei ihrem neuen, 45.-Modell DC45 einen Akku. Befassen Sie sich auch mit Akku-Technologie?Den Akku im DC45 haben wir in Zusammenarbeit mit einem Batteriehersteller gemacht. Aber wir kooperieren mit Universitäten. In Cambridge etwa befasst man sich damit, was mit Batterien in zehn Jahren passiert. Unsere Batteriebedürfnisse sind in jedem Fall anders. In einem Smartphone braucht man eine Batterie, die lange hält aber wenig Energie abgibt. Wir brauchen eine, die sehr schnell sehr hohe Leistung bringen kann. Und dieser Output muss konstant und lange halten. Im DC45 hat man etwa 20 Minuten 100 Prozent Konstanz. In der 19. Minute 56 Sekunden ist die Saugkraft genauso wie in der zweiten Sekunde. Wenn andere behaupten, dass ihr Gerät 40 Minuten Laufzeit hat, geht die Performance-Kurve rapide nach unten.

Als Technologieunternehmen müssten Sie auch einen Staubsaug-Roboter im Portfolio haben?Es gab ein Produkt, das hieß DC06, das war unser sechster Staubsauger. Der war ein Roboter und den hätten wir 2004 auch fast auf den Markt gebracht. Wir haben es nicht gemacht, weil die Ingenieure und James gesagt haben, er liefert nicht den Anspruch, den wir an einen Roboter stellen, nämlich genauso gut zu saugen, wie ein herkömmlicher Dyson-Staubsauger. Zudem muss er mit Intelligenz ausgestattet sein, die menschlich Sinn macht und auch funktioniert.

Sie arbeiten also an einem Roboter-Staubsauger?Wir arbeiten an Robotiktechnologie schon sehr sehr lange und wenn wir was haben, wovon wir glauben, das es unseren Ansprüchen genügt und auch die Kunden zufrieden macht, dann wird es ein Produkt geben.

An welchen Bereichen sind Sie noch dran?Wir sind Technologie- und Forschungs-fokusiert. Wir haben heute 1600 Ingenieure rund um die Welt, davon 700 in unseren Labs in Malmesbury in Wiltshire. Wir haben Ideen für 25 Jahre. Wir haben Ideen, die mit Produkten zu tun haben, die man heute sieht, die logische Weiterentwicklungen sind und mitunter Ideen, die völlig neu sind.

Stehen Sie unter einem gewissen Erfinderdruck?Unser Anspruch ist sehr hoch. Es reicht uns nicht, etwas ein kleines bisschen besser zu machen, unser Anspruch ist, Probleme zu lösen, Frustration zu beseitigen. Aber das Erfinden ist nicht einfach. Ventilatoren gibt es 140 Jahre, Staubsauger 100 Jahre, aber es dauert, bis man einen anderen Weg findet. Dann ergeben sich offensichtliche und weniger offensichtliche Verbindungen. Beispiel ist unser Händetrockner Airblade: Die Airblade-Entwicklung war nicht so, dass die Ingenieure gesagt haben, wir machen einen Händetrockner. Sie haben an etwas völlig anderem gearbeitet - an dem wir übrigens noch immer arbeiten. Sie haben in Tests festgestellt, dass, wenn man Luft durch einen Schlitz bewegt, der etwa so dünn ist wie eine Wimper, Wasser abgestreift werden kann. Manchmal sind Erfindungen offensichtlich, manchmal nicht so.

Gibt es bei Dyson so etwas wie eine Entwicklungsphilosophie?In einer gewissen Weise ja. Teil unserer Entwicklungsphilosophie ist, in junge Ingenieure zu investieren, weil sie teilweise noch nicht die Neugierde und die Naivität verlernt haben, die erforderlich ist, um zu sagen: "Nur weil wir es immer schon so gemacht haben, könnte man es auch anders machen. Gibt`s nicht einen komplett anderen Weg." Und dann gehen sie durch Trial und Error. Unsere ersten Prototypen, viele davon heben wir auf, weil sie historische Erinnerung haben, sind zusammengebaut aus Karton. Dann bauen wir Prototypen, die das technische Prinzip lösen. Das sind lange Entwicklungsketten. Bei vielen Ketten führt das zum Erfolg, bei manchen müssen sie aber auch abwarten. Man braucht Geduld. An manchen Dingen sind wir 20 Jahre dran und da bleiben wir auch dran.

Sie haben Ideen für 25 Jahre - können Sie ein paar verraten?Natürlich nicht. Weil - und das ist wichtig für uns - wir das Entwickler- und Entwicklungsrisiko tragen. Sie investieren über einen langen Zeitraum in Menschen und Prototypen und die Maschinen, die erforderlich sind, dass sich daraus ein Produkt ergibt. Wie der Air Multiplier, der die Leute begeistert. Und damit sich das ganze Risiko lohnt, müssen sie a) sicherstellen, dass niemand weiß, dass sie das tun und b) dass sie die Patente sauber schützen. Denn in dem Moment, in dem sie es produzieren, kommen die anderen, die es sich einfach machen wollen, ohne in Forschung und Entwicklung investieren zu wollen. Das ist ein großes Problem für uns. Wenn Sie etwa bei der vergangenen Funkausstellung in Berlin durch die Hallen gegangen sind, fallen Ihnen Dinge auf, die unseren ähnlich schauen. Wir haben auf drei Ständen Air Multiplier-Nachbauten entfernen lassen.

Finden Sie leicht wissbegierige Mitarbeiter?Nein. Aber wir finden sie und wir arbeiten hart daran, sie zu finden, denn wir wollen die besten, die jungen, die revolutionären, die die Welt verändern wollen. Und die sind gut und begehrt. Aber weltweit gibt es zu wenig Ingenieure. Wir haben eine James-Dyson-Foundation, die investiert hauptsächlich darin, junge Menschen für Engineering und Design zu begeistern. Wir gehen auch in Schulen und lassen die Kinder das tun, was auch unsere Ingenieure tun, Prototypen bauen. Sie bekommen eine große Kiste, ähnlich einem Legosatz, mit Kabel, Drähten, Karton, Schnüren und so weiter drinnen. Dann haben sie eine halbe Stunde Zeit, sich eine Idee zu überlegen, danach müssen sie sie auch bauen. Es ist immer wieder faszinierend zu sehen, was Acht-, Neun-, Zehnjährige für eine Phantasie im Kopf haben.

Haben Sie ein Beispiel parat?Eine Idee, die wir prämiert haben: Für Küchenabfall, der immer riecht, einen externen Abfallbehälter zu entwickeln. Wenn man den Abfall reinwirft, wird er gehäckselt. Der Behälter ist nicht in, sondern außerhalb der Wand, und die Gerüche sind dann draußen. Ob das eine vermarktbare Idee ist, bleibt dahin gestellt, aber es geht darum, dass Kinder sagen, wir haben ein Problem, das ich lösen will. Und dann kann man zusehen, wie aus Karton und Schnüren etwas zusammengebaut wird und dann sehen sie den Stolz der Kinder, etwas erfunden zu haben. Wenn man als Unternehmen das erhalten kann - und das können wir täglich mit 1600 Ingenieuren - dann steht uns nichts im Weg in dieser Welt.

Wie ist es, mit James Dyson zu arbeiten?Viel Spaß, sonst würde ich es nicht machen. Einer der Gründe, warum ich zu Dyson gegangen bin ist, dass mich die Geschichte von James Dyson fasziniert hat. Wie viele wirkliche Erfinder gibt`s da noch draußen? Ich sorge dafür, dass James` Ideen umgesetzt werden. Und dann haben wir natürlich Dialog über Ideen und es gibt starke Meinungen über Ideen und die braucht man auch. Es muss einen kreativen Dialog geben. James Dyson macht übrigens nichts lieber, als mit fünf jungen Ingenieuren, um einen Tisch zu sitzen, um Dinge auseinanderzunehmen, wieder zusammen zu bauen und besser zu machen.

Zum Unternehmen:Der Umsatz von Dyson weltweit ist 2011 auf mehr als 1,26 Milliarden Euro gestiegen, der Gewinn auf einen Rekordwert von 386 Millionen Euro. Das Umsatzplus ist auf eine rege Exporttätigkeit zurückzuführen, vor allem die Märkte USA und Japan sind stark gewachsen. Im November 2012 will sich Dyson auch in China niederlassen. Nach einer ersten Zwischenbilanz, setzt sich das Wachstum auch 2012 fort. Dyson beschäftigt weltweit etwa 4000 Mitarbeiter. Dyson besitzt mehr als 3000 Patente für mehr als 500 Erfindungen. 2011 wurden 74 Millionen Euro in Forschung und Entwicklung investiert.

Österreich:Auch für Dyson in Österreich war 2011 ein sehr erfolgreiches Jahr, hat man auf dem Staubsauger-Sektor im vergangenen Jahr die bisherige Nummer 1, Miele, überholt. „Wir können uns ab sofort als Marktführer bezeichnen", sagt Dyson-Österreich-Chef Peter Pollak. „Wir sind außerhalb von Großbritannien das erfolgreichste Land in Europa." Laut GFK wurde in den letzten 12 Monaten ( Juli 2011 bis Juni 2012) in Österreich mit Dyson-Staubsaugern ein Umsatz von fast 17,3 Mio Euro realisiert. Vor allem die Akku-Staubsauger werden in Österreich immer beliebter, seit 2010 gab es einen Zuwachs von 26 Prozent. Aber auch die anderen Produkte kommen in Österreich gut an, vor allem die Ventilatoren und Heizlüfter.

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Kommentare