Fünf Dinge, die CTOs schwer beschäftigen
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Die Wiener Agentur Vienna Digital veranstaltet alljährlich die WeAreDevelopers Conference, die größte Entwicklerkonferenz in Zentral- und Osteuropa. Ein weiterer Fixpunkt unter den Veranstaltungen von Vienna Digital ist der Roundtable, bei der Experten aus der IT-Branche zum Meinungsaustausch zusammenkommen. Die futurezone wurde unlängst zum Roundtable der CTOs, also der Technik-Verantwortlichen, mehrerer österreichischer Unternehmen eingeladen. Im zweieinhalbstündigen Gespräch kristallisierten sich fünf große Themengebiete heraus, die CTOs derzeit schwer beschäftigen.
1) Wissen weitergeben
Ein von einigen der acht anwesenden CTOs beim Roundtable bestätigtes Problem in IT-Abteilungen ist der Erfahrungsaustausch zwischen Mitarbeitern. Während sich neues Personal schnell in bestehende Strukturen und Prozesse einarbeiten muss, sind sich langjährige Mitarbeiter oftmals signifikanter Teile ihres Wissens gar nicht bewusst, meint etwa Thomas Kolbabek, der CTO des Spieleentwicklers Greentube.
Bernhard Wurmb, Technology Lead der Unternehmensberatung Accenture Österreich, pflichtet bei. Interne Kommunikation sei oftmals eine Herausforderung. Expertenwissen sollte de facto digital dokumentiert werden. Programme wie Wiki oder Watson Explorer seien etwa Werkzeuge dafür. Bei internen Fragestellungen werde dennoch meist der persönliche Ansatz gewählt: "Frag mal den und den." Sich vollständiges Wissen über internes Vorgehen anzueignen, kann so enorm schwierig sein.
2) Erneuerung alter Infrastruktur
Ein Problem, das Michael Kröll, der CTO von Geizhals.at anspricht, ist eine Doppelbelastung vieler IT-Abteilungen. Einerseits müsse man bei aktuellen Projekten Fristen einhalten, andererseits sei es notwendig, alte Infrastruktur zu erneuern. Die Pflege vorhandener Systeme sei ein Dauerprojekt, das meist außerhalb der IT-Abteilungen nicht beachtet werde. Dabei gelte es, eine so genannte "technische Schuld" zu begleichen und Systeme auf dem neuesten Stand zu halten.
3) Digitale Bildung
Bei der digitalen Bildung in Österreich sehen alle beim Roundtable Anwesenden enormen Aufholbedarf. Sead Ahmetovic von WeAreDevelopers weist auf die Problematik hin, dass Hintergrundwissen zu angesagten Technologien, etwa dem Internet der Dinge, kaum vorhanden ist. Seine Meinung nach sei das Bildungssystem gefragt, um etwa Kindern das Programmieren schmackhaft zu machen.
Johannes Adler, Geschäftsführer des Software-Unternehmens Anecon, sieht auch Unternehmen in der Pflicht, um die digitale Bildung im Land zu verbessern. Adler schlägt vor, als Unternehmen kostenlose Kurse für Schüler anzubieten.
4) Recruiting
Der Mangel in der Ausbildung führt zum viel zitierten Fachkräftemangel. In Österreich hätten angehende Techniker die Möglichkeit, unter einer Vielzahl von Jobangeboten zu wählen. Die Rekrutierung beginnt bereits in der HTL, meint Johannes Adler, der als Lehrer tätig ist. Bernhard Wurmb von Accenture bestätigt: In anderen Ländern werden Techniker erst nach dem Uni-Abschluss gesucht, in Österreich sehen sich IT-Abteilungen bereits nach Maturanten um.
Die Personalsuche im Ausland sei eine weitere Option. Greentube stellt Fachkräfte etwa mit Hilfe der Rot-Weiß-Rot-Karte an, schildert Thomas Kolbabek. Anton Leitner, CIO der NÖM AG plädiert für inklusives Vorgehen. Sein Unternehmen habe etwa einen Angestellten mit Asperger-Syndrom oder einen Flüchtling aus Syrien aufgenommen. Ersterer brachte Fähigkeiten mit sich, die für bestimmte Aufgaben äußerst nützlich waren, während zweiterer topmotiviert und überglücklich sei, es in Österreich "geschafft" zu haben.
5) Frauen in der Technik
Was beim CTO-Roundtable nur allzu deutlich wird, ist der Frauenmangel in der IT-Welt. Hundert Prozent der Anwesenden waren Männer. Was die Rekrutierung von Frauen in IT-Abteilungen anbelangt, steht Österreich schlecht da, meint Bernhard Wurmb von Accenture. Die Unternehmensberatung untersucht das Thema regelmäßig und Wurmb stellte resigniert fest: "Fast alle anderen Länder sind besser als wir." Selbst in Indien oder den Philippinen sei der Frauenanteil höher.
Warum das so ist, darüber herrscht großes Rätselraten. 40 Prozent der Absolventen in den Studienfächern, die Accenture für Neuanstellungen anvisiert, seien Frauen. "Die kommen aber so nie in der Wirtschaft an", meint Wurmb. Man biete Frauen Arbeitszeitmodelle an, die äußerst familienfreundlich und für das Unternehmen "hart an der Schmerzgrenze" seien, etwa Acht-Stunden-pro-Woche-Jobs, dennoch sei der Erfolg gering.
Anecon-Geschäftsführer Johannes Adler schildert ein Phänomen, das weit verbreitet scheint. Ein Drittel seiner Angestellten sind Frauen. Sie gruppieren sich aber vermehrt in den Marketing- und Personalabteilungen. Die technischen Bereiche werden von Mitarbeiterinnen eher gemieden.
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