Österreichs Firmen hinken bei Digitalisierung hinterher
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"Österreichs Wirtschaft hinkt der deutschen bei der Nutzung digitaler Technologien um drei Jahre hinterher", meint Lars Riegel vom Unternehmensberater Arthur D. Little bei einem Pressegespräch zum Thema Digital Roadmap Österreich. Die heimische Politik und Wirtschaft hätten es bisher nicht geschafft, den stark wachsenden Zweig der Internetwirtschaft in vollem Ausmaß zu nutzen. Vor allem kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU) seien gefordert, ihre Bemühungen im Bereich der Digitalisierung zu verstärken, ansonsten drohe ein weiterer Attraktivitätsverlust des Wirtschaftsstandortes Österreich.
Überlebensstrategie
"Innovation und Digitalisierung ist Erfolg", formuliert Alfrad Harl, der Obmann des Fachverbandes für Unternehmensberatung, Informationstechnologie und Buchhaltung der Wirtschaftskammer ein einfach klingendes Rezept.
Dieses wird noch von zu wenigen heimischen Unternehmen erkannt, obwohl die heimischen Konsumenten sehr gut mit neuer Technologie umgehen könnten. Österreichs KMUs fehle es aber oft an dem notwendigen Bewusstsein, wie sehr digitale Dienste ihrem Geschäft nützen könnten und wie einfach und kostengünstig der Zugang dazu sei.
Strukturelle Hürden
Daneben habe Österreich aber auch zahlreiche strukturelle Probleme. Der heimische Markt sei klein und für Investoren oft unattraktiv, es gebe kaum finanzkräftige Großunternehmen, die heimischen Banken seien konservativ und risikoscheu, manche gesetzliche Regelungen seien nicht zukunftsorientiert.
Die Politik habe den Aufschwung der Internetwirtschaft jahrelang verschlafen, meint Harl: "Bei der Digital Roadmap der Regierung geht nichts weiter." Außerdem gebe es keinerlei Hinweise auf eine Weiterentwicklung in der neuen Arbeitswelt, etwa bei neuen Arbeitszeitmodellen.
Deutschland macht's besser
Karim Taga von Arthur D. Little präsentiert eine Studie, die die Unternehmensberatung in Deutschland durchgeführt hat. Die Internetwirtschaft weist beim großen Nachbarn jährliche Wachstumsraten von rund 12 Prozent auf.
Wächst der Wirtschaftszweig weiter so stark, sollte er 2028 die deutsche Autoindustrie überholen. Im Vergleich zu Österreich verbleibt ein wesentlich höherer Prozentsatz der Wertschöpfung über das Internet im Inland (45 Prozent gegenüber rund 33 Prozent).
Vorgeschlagene Maßnahmen
"In Österreich fehlt das Bewusstsein, dass Onlinedienste in allen Geschäftsbereichen helfen können", sagt Taga. Er schlägt eine Reihe von Maßnahmen vor, um die gegenwärtige Lage zu verbessern. Unternehmen sollten verstärkt mit anderen Unternehmen, Start-ups und der "Crowd" zusammenarbeiten.
Prozesse müssten digitalisiert werden, die Unternehmenskultur müsse an das digitale Zeitalter angepasst werden. Hier werden unter anderem "Digitalkommissare" vorgeschlagen, eigene Verantwortliche für die digitale Transformation im Unternehmen.
Mehr "Digital Natives"
Unternehmen sollten die Möglichkeiten leichter Skalierbarkeit, etwa durch die Entwicklung digitaler Plattformen oder der Nutzung von Cloud-Diensten, wahrnehmen. Schlussendlich sei es auch zielführend, gezielt sogenannte "Digital Natives" anzustellen, die Veränderungen vorantreiben und das eigene Personal im Umgang mit neuen Technologien zu schulen. Sich Anpassungen zu verweigern sei existenzbedrohend, meint Harl: "Auch ein einfaches Wirtshaus muss sich online von anderen Unternehmen abheben."
Chance in Nischen
Die Rahmenbedingungen im kleinen österreichischen Markt seien schwierig, aber "man kann klein und agil und schnell sein", meint Taga. Als Beispiel dafür nennt er Schweden und Finnland. Die skandinavischen Länder seien bei der Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) führend. Doch auch Österreich hätte gute Voraussetzungen. "Österreich ist das Land der Erfinder, der Hidden Champions", sagt Harl. Man wolle den heimischen Unternehmen eigentlich Mut machen. "Es gibt viele Bereiche, wo man chancenlos ist, aber bestimmte Nischen haben eine große Chance."
Trotz gewisser Versäumnisse, zeige auch Österreichs Politik, dass sie innovationsfreudig sein kann. "Sie übernimmt Trends im Wochenrhythmus", meint Harl. Auf den neuen Bundeskanzler Christian Kern setzen die Vertreter von Wirtschaftskammer und Arthur D. Little große Hoffnungen.
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