Staatssekretär Harald Mahrer (l.) undStaatssekretärin Sonja Steßl (r.) bei der Präsentation der "Digital Roadmap".
Staatssekretär Harald Mahrer (l.) undStaatssekretärin Sonja Steßl (r.) bei der Präsentation der "Digital Roadmap".
© BKA/Hans Hofer

Zukunft

Digital Roadmap: "Internet ist wie der Wilde Westen"

Jobs, Jobs, Jobs. Wer das Diskussionspapier zur „Digital Roadmap“ aufschlägt, erfährt darin, dass das grundlegende Ziel der Initiative „die Stärkung des Wirtschafts- und Innovationsstandortes Österreich“ ist. Insgesamt werden rund 10.000 zusätzliche Arbeitsplätze im Digitalbereich angestrebt. Die Ausarbeitung einer digitalen Strategie sei wegweisend für den Wirtschaftsstandort Österreich, sagt ÖVP-Staatssekretär Harald Mahrer vor Journalisten. „Zukunftssichere Jobs zu schaffen bedeutet, den digitalen Zug zu lenken, und nicht im Waggon hinten drinnen zu sitzen“, sagt Mahrer.

Doch auch auf die "Veränderung der Grundrechte" dürfe nicht vergessen werden, wie Mahrer betont. „In der Zukunft wird das Grundrecht auf Datensouveränität eine große Rolle spielen. Ich will nicht, dass Schindluder mit meinen Daten betrieben wird, auch wenn ich ein großer Fan der Digitalisierung bin.“ Als Beispiel bringt Mahrer einmal mehr die Debatte um die Abschaffung des Bargelds. Er möchte das Recht auf Bargeld in die Verfassung schreiben lassen.

Internet wie "Wilder Westen"

„Die Wahlfreiheit beim Bezahlen muss ein Grundrecht sein, egal ob offline oder online.“ Mahrer hofft aber, dass es auch einmal sichere Zahlungswege geben werde, die die Privatsphäre schützen. Für die neue SPÖ-Staatssekretärin Sonja Steßl, die seit kurzem für die Digital-Agenden zuständig ist, müssen Menschenrechte „offline und online gleichermaßen gelten.“ „Das Internet kennt keine Grenzen und es wird auch eine allgemeine Diskussion darüber geben müssen, wie wir im Internet unsere Rechte durchsetzen können. „Die staatlichen Institutionen müssen die Bürger vor Datenmissbrauch schützen“, fügt Mahrer hinzu.

Datenschutz als Wirtschaftsmotor könne außerdem zu Wettbewerbsvorteilen führen. „Wir haben in Europa einen anderen Zugang als in den USA oder Asien, das kann ein Vorteil sein“, so Steßl. Laut Steßl gleicht das Internet aber oftmals noch dem „Wilden Westen“. Hier seien alle gefordert, gemeinsam Regeln für die Zukunft festzulegen. Diese Initiative erfolgt nun im Jahr 2016. In dem Jahr, in dem dieselbe Staatssekretärin mit einer weiteren Floskel betont: „Internet of Things ist nicht mehr aus dem Sprachgebrauch wegzudenken“.

Kein Extra-Budget

Doch zurück zur Wirtschaft. „Österreich soll wieder ein Standort für kreative Unternehmen werden.“ Dazu müsse, falls notwendig, auch das Budget umgeschichtet werden. Neue finanzielle Mittel aus dem Budget-Topf der Regierung stehen diesem großen Zukunftsprojekt nämlich nicht zur Verfügung. Jetzt wird zwar gemeinsam nachgedacht und diskutiert, am Ende wird aber wieder jedes Ministerium für die Umsetzung der Ergebnisse selbstständig verantwortlich und auch von dem Budget abhängig sein, das ihm zugeteilt wurde. Trotzdem soll die digitale Roadmap „kein Papier werden, dass einfach wieder in einer Schublade verschwindet“, sagt Mahrer. Deswegen suche man „viele, gute Projekte“. Man wolle sich außerdem „vor allem um die positiven Seiten der Digitalisierung“ kümmern.

Online-Partizipation

Auch die „Teilhabe aller Menschen an der digitalen Welt“ sei ein wesentlicher Bestandteil des digitalen Fahrplans, wie Steßl betont. „Wir wollen keine digitalisierte Elite schaffen. Digitalisierung geht uns alle etwas an.“ Deshalb startet zeitgleich zum IT-Gipfel mit rund 400 Experten, alles „Freunde des Internets“, wie betont wird, eine Online-Konsultation, bei der sich alle Bürger beteiligen können.

Laut Steßl ist dies der „größte Online-Partizipationsprozess der Zweiten Republik“. Bei der Online-Beteiligung kommen Tools zum Einsatz, die bereits bei der Konsultation zum „Digitalen Wandel“ oder zur „Smart City“-Strategie der Stadt Wien verwendet worden sind. Übersichtlichkeit ist nicht gerade die größte Stärke dieses Partizipationstools. „Mir ist das Diskussionspapier, das von unseren Experten erarbeitet wurde, noch zu wenig visionär. Ich hoffe auf viele weitere Vorschläge“, sagt Mahrer.

Programmieren in der Schule

Vor allem der Bildungsbereich wurde von den beiden Staatssekretär als wichtiger Faktor für die weitere Job-Entwicklung hervorgehoben. Ein erster Schritt in diese Richtung, ist in der Bildungsreform verankert: Bis 2020 soll es eine flächendeckende Breitband-Internet-Anbindung an allen Schulen geben. Steßl spricht sich außerdem dafür aus, dass digitale Kompetenzen gelehrt werden sollen. „Das bedeutet etwa zu lernen, dass ein offenes WLAN nicht dafür geeignet ist, um damit E-Banking-Geschäfte zu erledigen.“

Der ÖVP-Staatssekretär Mahrer kann sich Programmieren als eigenes Schulfach vorstellen und möchte eine sogenannte "School of Coding" in Österreich etablieren. „Ich kann mir vorstellen, dass ab einer bestimmten Schulstufe Programmieren unterrichtet wird. Das muss auf jeden Fall in einem zweiten Schritt, wenn es bei der Bildungsreform um Inhaltliches geht, diskutiert werden.“ Die Regierung hat sich also viel vorgenommen - es bleibt abzuwarten, was davon am Ende übrig bleibt (hier geht's zum Kommentar dazu).

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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