Peter Bosek: "George funktioniert überall in Europa"
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Während N26, das erfolgreiche Fintech mit österreichischen Wurzeln, gerade stolz den Ein-Millionsten Kunden verkündete, sammelt auch die Erste Group mit ihrer Banking-Plattform George fleißig Kunden in Europa. Nach dem kürzlich erfolgten Roll-out in Tschechien und der Slowakei zählt die Plattform bereits 2,5 Millionen User. Mit dem geplanten Start in Rumänien noch in diesem Jahr soll die 3-Millionen-Grenze geknackt werden, sagt Erste-Group-Vorstand Peter Bosek im futurezone-Interview.
„Das Feedback zu George und die Nutzerzahlen in Tschechien und der Slowakei sind ausgezeichnet. Das zeigt uns: George funktioniert nicht nur in Österreich, sondern überall in Europa. Das ist einerseits nicht überraschend, weil das digitale Verhalten und die Bedürfnisse von Kunden in anderen Ländern natürlich ähnlich wie bei uns sind. Aber es freut uns trotzdem, weil unsere damalige Wette mit der Konzeption von George aufgegangen ist“, erklärt Bosek.
16 Millionen potenzielle Kunden
Erklärtes Ziel der Erste ist es, die Banking-Plattform in allen Ländern der Bankengruppe zu etablieren. Spätestens im kommenden Jahr werden Kroatien und Ungarn als George-Länder hinzukommen. Löst George das vorhandene Online-Banking in allen Erste-Group-Ländern wie in Österreich ab, werden bis zu 16 Millionen Kunden die Plattform verwenden können. „Das ist natürlich ein enormer strategischer Vorteil, den wir gegenüber jedem anderen Start-up oder Fintech haben. Schon jetzt ist George die größte länderübergreifende Banking-Plattform Europas“, sagt Bosek.
Um im Wettbewerb mit Herausforderern wie N26 oder der niederländischen ING relevant zu bleiben, will die Erste die kommenden Jahre erneut kräftig in die Weiterentwicklung von George investieren. Die Plattform soll die vielen vorhandenen Konto-Daten selbstständig analysieren und intelligent für Kunden aufbereiten. Ein Beispiel dafür ist eine Warnung von George, wenn eine Überweisung am Konto nicht gedeckt ist und dadurch eine Überziehung entsteht.
George warnt User
„Die wenigsten unserer Kunden sind Finanz-Nerds, die Tag und Nacht auf ihre Transaktionen klicken. Mir schwebt vor, dass mich George mittels Push-Notification auf Auffälligkeiten aufmerksam macht. Das kann der Überziehungsrahmen sein, aber auch, wenn regelmäßige Überweisungen ohne erklärlichen Grund aus dem Rahmen fallen. Wenn etwa meine Handyrechnung nicht wie immer um die 35 Euro, sondern plötzlich 85 Euro ausmacht, kann das an einem Auslandsaufenthalt liegen oder aber auch ein Rechnungsfehler sein. Solche Details gehen im Finanzalltag leicht unter.“
Ausgebaut werden soll auch das Angebot an Services und Produkten, die über George direkt online abgeschlossen werden können. Laut Erste Group werde das von Kunden mittlerweile gut angenommen, wenngleich dafür ein gewisses Umdenken notwendig ist. „Viele denken bei Online-Banking in erster Linie an Überweisungen und Kontostand-Checken und bringen es nicht damit in Verbindung, ein neues Finanzprodukt online abzuschließen. Aber wir sehen, dass sich das jetzt langsam ändert“, sagt Bosek.
Unabhängig davon, ob diese neue Art der Wertschöpfung zur Finanzierung und Weiterentwicklung von George beitrage, führe an einer derartigen Plattform aber ohnehin kein Weg vorbei. „Kunden sind durch Amazon und Co längst ein 1-Klick-Verhalten gewöhnt, da konnten wir als Bank nicht einfach so weiteragieren wie bisher und sagen: bitte füllen Sie 200 Formulare aus und ich lass Sie dann wissen, ob wir Ihrem Antrag stattgeben. Das war ein antiquiertes Dienstleistungsverständnis, das wir nicht zuletzt mit George völlig umgedreht haben.“
Amazon als Konkurrent und Vorbild
Dass Bosek im Interview einmal mehr Amazon erwähnt, ist kein Zufall. Schon bei früheren öffentlichen Auftritten hat der Erste-Vorstand darauf hingewiesen, dass Banken den Online-Händler von den US-Techkonzernen wohl am genauesten im Visier behalten sollten. Und während Apple sich mit seinem Bezahldienst Apple Pay weiterhin schwerer tut als erwartet, und Google mit seinem starken Fokus auf künstliche Intelligenz und den Gesundheitssektor mittlerweile ebenfalls einen anderen Weg eingeschlagen hat, baut Amazon im Hintergrund an seinen Finanzdienstleistungen.
So hat Amazon bei Kommerzkunden mittlerweile Kredite in der Höhe von einer Milliarde Dollar vergeben. Und im Konsumentenbereich finalisiert der Händler derzeit gerade die Details zu einer neuen Bezahllösung mit dem US-Bankkonzern JPMorgan. „Amazon-Gründer Jeff Bezos macht einen ausgezeichneten Job. Er hat als einziger verstanden, dass die digitale Welt auch eine analoge Ergänzung braucht – darum kauft er eine Supermarktkette wie Whole Foods Market um 14 Milliarden Dollar und überlegt sich, wie er die Zustellung von Produkten bei Kunden durch smarte Türschlösser erleichtern kann“, sagt Bosek.
Als Vorteil, den Banken gegenüber dieser neuen Konkurrenz haben, sieht der Erste-Vorstand gerade in Europa allerdings das Datenschutzthema: „Schon aus unserer Geschichte heraus sind wir beim Thema Daten viel glaubwürdiger als die großen Techkonzerne. Bei uns können sich Kunden sicher sein, dass wir die Daten nicht rausrücken oder weiterverkaufen.“
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