Mobile Banking steht hoch im Kurs
Mobile Banking steht hoch im Kurs
© APA/EPA/MARIO CRUZ

Digitale Strategie

Smartphones sollen das Bankengeschäft retten

Knapp 600 Euro pro Privatkunde erwirtschafteten die österreichischen Retailbanken laut einer A.T. Kearney Studie im Schnitt im Vorjahr und blieben damit trotz einer Steigerung um vier Prozent weiterhin unter dem europäischen Durchschnitt von 644 Euro. Auch die Cost-to-Income-Ratio, also wieviel Prozent des erwirtschafteten Umsatzes von Kosten aufgefressen werden, ist in Österreich mit 71 Prozent im Vergleich zum europäischen Durchschnitt von rund 60 Prozent weiterhin hoch. Diese Schieflage wird nun auch der Bank Austria zum Verhängnis, die von ihren 190 Filialen etwa 70 schließen muss.

Filialstruktur als Herausforderung

„Die Ertragslage bleibt für die Banken auch im kommenden Jahr sehr schwierig. Die anhaltend niedrige Zinssituation wird das Geschäft nicht ankurbeln“, sagt Daniela Chikova, Bankenexpertin bei A.T. Kearney, im Gespräch mit der futurezone. Die Banken müssten stärker auf die veränderten Kundenbedürfnisse im Bereich Online und Mobile reagieren und darüber hinaus ihre Filialkonzepte überarbeiten. „Sowohl die durchschnittliche Größe der Filialen, als auch die Anzahl muss weniger werden, wollen die Banken profitabler werden. In Skandinavien, wo Online- und Mobile Banking verbreitet ist, wurden mittlerweile 30 Prozent aller Filialen eingespart“, sagt Chikova.

Hierzulande würden viele Kunden Filialen immer noch aufsuchen, um triviale Dinge zu erledigen, wie ihren Kontostand zu erfragen oder Einzahlungen sowie Behebungen zu tätigen. Die Rolle der Filiale wird sich laut Chikova aber ändern müssen. „Kunden werden Filialen in Zukunft nur mehr aufsuchen, wenn sie Beratung bei komplexeren Finanzprodukten und Verträgen suchen. Um Themen wie Mobile Banking und die Digitalisierung des Geschäfts voranzutreiben, sind allerdings Investitionen notwendig, wozu viele Banken angesichts der schwierigen Ertragslage wiederum nur zögerlich bereit sind“, analysiert Chikova.

Handy als Heilsbringer

„Schon jetzt zeichnet sich ab, dass das Smartphone den PC sehr bald als wichtigsten digitalen Verkaufskanal ablösen wird – selbst in der Altersgruppe der über 65-Jährigen. Das bestätigt uns in unserem verstärkten Fokus auf mobile Apps“, sagt Martin Spona, Head of Digital Sales bei der Erste Group. Neue Verkaufsimpulse erwartet man sich aber auch von der im Jänner gestarteten Banking-Plattform George, über die in Zukunft eine Reihe von Produkten online erworben werden können.

Natürlich wolle man weiterhin Kunden die Wahlfreiheit lassen, auf welchem Kanal sie welches Produkt und welche Finanzdienstleistung erwerben. Um herauszufinden, was sich online oder für das Smartphone am besten eigne, müsse man auch einiges ausprobieren. In Zukunft sei es vorstellbar, dass Kunden beim Kauf von Geräten im Handel anstatt über einen Drittanbieter vor Ort über die Bank-App am Handy einen Minikredit beantragen können. Aber auch bestehende Services, wie das Eröffnen von Konten sowie der Abschluss von Versicherungen, sollen künftig noch einfacher mit einigen Handgriffen am Smartphone durchführbar sein.

Einen ersten Testballon ließ die Bank pünktlich zum Weihnachtsgeschäft steigen, indem sie Anfang Dezember mit dem Online-Verkauf von Prepaid-Kreditkarten startete – eigenen Aussagen zufolge mit großem Erfolg. Allein in den ersten Tagen nach dem Launch wurden über 1000 Karten verkauft – und das ohne entsprechende Werbung in klassischen Kanälen. „Der Kaufprozess ist denkbar einfach und dauert wenige Minuten, die Karten sind online sofort einsetzbar“, zählt Spona einige Erfolgsfaktoren auf, die auch bei künftig angebotenen Finanzprodukten berücksichtigt werden sollen.

Filialen als Vorteil

Die Diskussion über Filialstrukturen sieht Spona differenziert: „Es geht nicht um Filiale oder digital – der Kunde will sich aussuchen, auf welchem Weg er mit seiner Bank in Verbindung tritt. Banken müssen folglich eine Mehrkanalstrategie fahren.“ Eine saubere Filialstrategie bedeute, sich genau zu überlegen, welches Filialenformat an welchem Standort sinnvoll sei. Neben den großen Flagship-Stores mit kompletter Beratung setze man vielerorts auf kleinere Service-Filialen, wo die alltäglichen Bankgeschäfte erledigt werden können.

„Unsere Erfahrungen zeigen zudem, dass das digitale Geschäft das Filialgeschäft bislang nicht kannibalisiert. Klar sein muss aber auch, dass abgesehen vom digitalen Angebot die Beratung in Filialen bei komplexen Produkten kompetent und die Prozessabläufe optimiert sein müssen. Steht ein Haus- oder Autokauf an, sind Kunden natürlich bereit, in die Filiale zu gehen. Sie wollen aber nicht zwei oder dreimal kommen, um dann am Schluss zu erfahren, dass etwa ein Kredit nicht gewährt werden kann“, ist Spona überzeugt.

Ungeachtet der schwierigen Ausgangslage sieht auch Bankenexpertin Chikova einen großen Vorteil für etablierte Institute. Während Start-ups im Finanzbereich, die sogenannten Fintechs, oftmals flexibler und kostengünstiger operieren und mit innovativen Lösungen punkten können, fehlt ihnen vielerorts der direkte Zugang zu den Kunden. „Der große Kundenstock und der intensive Kontakt zu den Kunden inklusive des Wissens um deren Vorgeschichte und deren Bedürfnisse ist die große Stärke der Banken“, so Chikova.

Investieren statt sparen

Luft nach oben gebe es in Österreich vor allem bei Investitionsprodukten wie Fonds und Aktien. „Angesichts der wenig lukrativen Zinssituation ist es an der Zeit, dass Kunden die Angst vor solchen Produkten genommen wird und diese besser über deren Möglichkeiten und Risiken aufgeklärt werden“, sagt Chikova. Letztlich gehe es aber immer um die gleichen Produkte, die Banken wie Start-ups anbieten.

Wenn Banken es durch Investitionen in moderne digitale Lösungen und Prozesse schaffen, den gleichen Mehrwert und Komfort bei der Benutzung bieten zu können, werden sie von dem bestehenden Vertrauen und der Loyalität der eigenen Kunden profitieren, ist die Bankenexpertin überzeugt.

Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation mit Erste Bank und Sparkassen.

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Martin Jan Stepanek

martinjan

Technologieverliebt. Wissenschaftsverliebt. Alte-Musik-Sänger im Vienna Vocal Consort. Mag gute Serien. Und Wien.

mehr lesen
Martin Jan Stepanek

Kommentare