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Bilanz

Telekom Austria: 253 Mio. Euro Verlust in 2011

Die Telekom Austria hat im Jahr 2011 einen Verlust von 253 Mio. Euro eingefahren. Der Umsatz ging um 4,2 Prozent auf 4,45 Mrd. Euro zurück, das Betriebsergebnis (Ebit) drehte auf minus 7,6 Mio. Euro nach 438 Mio. Euro im Jahr 2010. „Obwohl der Free Cashflow aufgrund der schwierigen Rahmenbedingungen auf 479,2 Mio. Euro oder 1,08 Euro je Aktie zurückgeht, schlagen wir eine Dividende von 0,38 Euro je Aktie vor, die durch den Cash-Flow mehr als gedeckt ist“, so Telekom-Finanzvorstand Hans Tschuden am Donnerstag in einer Aussendung. Auf die Bilanz drückten nach Konzernangaben der intensive Preiskampf, regulatorische Auflagen und die weißrussische Tochter Velcom.

Ohne Berücksichtigung der Auswirkungen der Währungsumrechnung in allen Segmenten und der Rechnungslegung für Hochinflationsländer - Stichwort Weißrussland - sind die Umsatzerlöse der Gruppe um 0,5 Prozent auf 4,675 Mrd. Euro gestiegen, hielt der Marktführer fest. „Unsere operative Performance ist weiterhin durchaus erfolgreich: Beispielsweise das nachhaltige Wachstum bei Festnetzanschlüssen in Österreich, das in West-Europa einzigartig ist“, so Telekom-Boss Hannes Ametsreiter.

Ausblick
Für das Gesamtjahr 2012 erwartet der Vorstand der teilstaatlichen börsenotierten Telekom Austria Group Umsatzerlöse von ungefähr 4,4 Mrd. Euro und ein bereinigtes Ebitda (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) von ungefähr 1,5 Mrd. Euro. Der operative Free Cashflow soll ungefähr 0,75 Mrd. Euro betragen.

Zu den Mitarbeitern vermeldete das Unternehmen: „Personalanpassungen führen zur Entlastung der zukünftigen Kostenstruktur in Österreich und zu einem Restrukturierungsaufwand in Höhe von 233,7 Mio. Euro.“

Gestern, Mittwoch, wurde vom Konzern mitgeteilt, dass Hans Tschuden - seit April 2007 Vorstand der Telekom Austria Group -als Finanzvorstand vom Aufsichtsrat wiederbestellt wurde. Die Wahl ist einstimmig erfolgt und gilt für drei Jahre (Option fünf Jahre). Der Staat hält an der Telekom Austria 28 Prozent. Seit kurzem eingekauft hat sich der Investor Ronny Pecik (RPR Privatstiftung, 20,1 Prozent). Gemeinsam mit seinem Partner, dem ägyptischen Milliardär Naguib Sawiris, soll er einen Anteil von 25 Prozent (plus eine Aktie) anstreben, berichten Medien.

Geld zurückholen
Gleichzeitig hat die Telekom Austria angekündigt, sich in diversen Korruptionsaffären bis zu 20 Mio. Euro zurückholen zu wollen und dabei 20 Personen strafrechtlich verfolgen zu lassen. Es gehe darum, überall dort Geld zurückzufordern, wo „Zahlungen keiner Leistung gegenüberstehen“, sagte Unternehmenschef Hannes Ametsreiter. Er nannte beispielhaft die Stock-Options-Affäre aus 2004, aber auch die 9 Mio. Euro, die in den vergangenen Jahren direkt an die Hochegger-Firma Valora geflossen sind.

Public-Affairs-Manager und Ex-ÖVP-Organisationsreferent Michael Fischer, dem u.a. ein Email zugeschrieben wird, in dem von Zahlungen an die ÖVP die Rede ist, sei bis zur Klärung der Sachlage beurlaubt. Man werfe Fischer nichts vor, aber es habe sich eine ungünstige Optik entwickelt, sagte Ametsreiter.

Der Skandal würde in „bester Kooperation“ mit der Staatsanwaltschaft aufgearbeitet, betonte Ametsreiter. Zu der von der Telekom lange zurückgehaltenen Information, wonach er von den Ermittlungsbehörden als Beschuldigter geführt wird, meinte Ametsreiter, dass die Untersuchungen seinem Wissenstand zufolge vor der Einstellung stehen würden. Die Anschuldigungen rund um die Telekom-Novelle 2009 stimmten jedenfalls nicht.

Zu den 200.000 Mails zu den diversen Korruptionsfällen bei der Telekom meinte Ametsreiter, er wisse bis heute nicht, welche Mails das genau seien. Vermutlich dürften die Schriftstücke aber vom Ex-Telekommanager Gernot Schieszler stammen, der sich der Justiz als Kronzeuge anbietet. Das Beratungsunternehmen BDO Deutschland werde diese Emails den Untersuchungsorganen übergeben. Die Ergebnisse der BDO-Untersuchung kenne er nicht, diese würden auch nicht dem Vorstand, sondern dem Aufsichtsrat vorgelegt, da dieser auch die Untersuchung beauftragt hatte. Aufsichtsratschef ist ÖIAG-Boss Markus Beyrer, der selbst in der Telekom-Affäre ins Schussfeld gekommen ist.

Zu den Gesprächen der Telekom mit der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) bezüglich einer Kartellstrafe, die der Telekom wesentlich reduziert wurde, sagte Ametsreiter, derartige Unterhaltungen zwischen Behörde und Firma seien ein „üblicher Prozess“, auch dass man „gemeinsam zu einer Summe kommt“. Es sei nichts Unrechtsmäßiges passiert.

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