Digitale Stromzähler messen viel zu hohen Verbrauch
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Smart Meter

Telekom Austria: "Stromdaten gehören uns nicht"

"Smart Metering ist die Auftaktchance, bei der Energieversorger und Telekommunikationsunternehmen zu guten Partnern werden können. Das kann für beide Branchen sehr gewinnbringend sein, hier künftig viel enger zusammenzuarbeiten", sagt Bernd Liebscher, Geschäftsführer der M2M-Sparte bei der Telekom Austria Group, zur futurezone. Es gibt

seitens der Telekom Austria Group (TAG) und von A1, die Energieversorger bei der Auswahl des Zählersystems, der Netzplanung, dem Roll-Out, der Datenübertragung und der Integration der IT-Systeme zu unterstützen.

Denn eigentlich ist die TAG eher zufällig in das Geschäftsfeld Smart Metering reingerutscht. "Wir wollten eigentlich nur unsere SIM-Karten anbringen, haben aber rasch erkannt, dass es bei der generellen Vernetzung viel mehr braucht", sagt Liebscher. "Es geht um die gewaltigste Vernetzung, die wir im Land überhaupt haben. Es gibt pro Energieversorger eine Stelle, die mit den ganzen Messpunkten kommuniziert. Das sind über eine Million."

Einstieg ins Smart Metering-Geschäft
Die TAG will nun nicht nur ihre SIM-Karten verkaufen, sondern neben Einzellösungen z.B. im Bereich des Roll-Outs auch eine End-to-End-Lösung - vom Zähler bis zur Integration der Daten in die Energieversorger-Netze anbieten. Dazu hat die TAG nicht nur Experten aus dem Energiebereich eingestellt, sondern sich auch Partner bei den Zählerherstellern sowie im Bereich Datenmanagement-Software gesucht. "Dass wir in diesen Bereichen keine eigenen Lösungen entwickelt haben, ist aus unserer Sicht positiv, weil wir keine Altlasten mit uns herumschleppen, sondern im Sinne des Energieversorgers die technisch und ökonomisch bestmögliche Lösung anbieten können", meint Liebscher.

So gebe es etwa internationale Stromzähler-Hersteller, die digitale Zähler anbieten, mit denen man gegenüber mechanischen Ferraris-Zähler ein Watt pro Tag einsparen könne, erzählt Lukas Wallentin, Veranwortlicher bei der TAG für Smart Metering-Lösungen. Damit werde bereits alleine durch den Wechsel des Modells Energie gespart, so Wallentin. Damit will sich die TAG besonders "energieeffizient" präsentieren. Doch am Ende entscheiden müssen die Stromnetzbetreiber, welche Modelle sie einsetzen wollen - und bei dieser Entscheidung könnte durchaus der Preis eine größere Rolle spielen als die Energieeffizienz. "Wir können aber Vorschläge machen, wie man die Smart Meter-Einführung am energieeffizientesten gestalten kann. Ebenso, wie man sie am sichersten umsetzt. Diese Vorschläge zu machen, das ist ganz klar unsere Rolle bei der Sache", sagt Liebscher.

"Stromdaten sind nicht unsere Daten"
So gar nicht als ihre Rolle sieht die TAG hingegen das Sammeln der Stromdaten für eigene Zwecke. Die TAG plane nicht, die Stromverbrauchsdaten anonymisiert für Geo-Marketingzwecke zu verkaufen, erzählt Liebscher. "Wir helfen den Stromnetzbetreibern dabei, ihre Infrastruktur im Feld aufzubauen und übergeben die Daten an einer Schnittstelle in ihre Systeme. Aber das sind nicht unsere Daten, wir sind nur Drittdienstleister. Außerdem ist in einer Verordnung der E-Control genau geregelt, wann und wofür die Daten verwendet werden dürfen", sagt Liebscher.

Für die Sicherheit der Systeme will Liebscher sehr wohl die Verantwortung übernehmen, wenn die Energieversorger die TA damit beauftragen. "Wir brauchen für Smart Meter keine außerirdische, komplett neue Form der Security. Da kommen Technologien zum Einsatz, die es bereits gibt. Man muss nur wissen, sie einzusetzen. Das haben wir als Vollprofis im Griff." Liebscher verweist dabei auf zahlreiche "heikle" Kunden wie Behörden, sowie die Finanz- und Gesundheitsbranche. "Wir werden nur Partner mit hochsichereren Systemen zertifizieren. Unsere End-2-End-Lösungen werden auf einem sehr hohen Level abgesichert sein, denn für uns ist das ein großes Thema."

Beim Thema Sicherheit braucht es mehr Vorgaben
Das Thema Sicherheit ist Kritikern zufolge in den entsprechenden Verordnungen der E-Control und Wirtschaftskammer nicht ausreichend berücksichtigt worden. "Es gibt keine einheitlichen Sicherheitsvorgaben, weder im Gesetz, noch in der Verordnung. Die Anbieter, die die Sicherheit ernst nehmen, werden viel investieren müssen und nur diejenigen, die das nicht tun, werden billige Preise anbieten können", kritisiert etwa Nadja Shah von der Mietervereinigung. Auch Liebscher von der TAG kritisiert, dass die Sicherheitsbestimmungen bisher nur sehr oberflächlich geregelt wurden und es deshalb bei den einzelnen Stromversorgern durchaus zu unterschiedlichen Niveaus kommen könnte. Man sitze allerdings bereits wieder mit allen Stakeholdern am Tisch, um Verbesserungen im Bereich Datensicherheit zu erzielen, so Liebscher.

"Sicherheit ist nicht nur ein Status, sondern ein Prozess. Man muss laufend beobachten, ob es neue Angriffsszenarien gibt und man muss ein System entwickeln, das auch den zukünftigen Anforderungen entspricht. Wenn etwas auftaucht, muss man schnell neue Updates einspielen. Das tun wir bereits jetzt für unsere Netze und deswegen ergeben sich auch im Bereich Security eine Reihe von Synergieeffekten. Das ist bei uns ein eingespielter Prozess, wir haben bereits jetzt Experten, die einen hohen Qualitätsstandard bieten können, ohne dass es gleich teuer wird", sagt Wallentin.

Service-Techniker für Roll-Out gefragt
Das größte Geschäft wird die TAG allerdings nicht mit ihrer sicheren Gesamtlösung machen, sondern wahrscheinlich beim Roll-Out der Zähler erzielen. Immerhin müssen 5,7 Millionen Stromzähler und in Folge auch 1,4 Millionen Gaszähler ausgetauscht werden. "Hier können wir mit unseren 1300 Servicetechnikern eine ganz wesentliche Leistung bereitstellen. Das sind dann im wesentlichen dieselben Leute, die bei den Kunden die Internet-Router oder Set-Up-Boxen für A1-TV installieren, nur bekommen die Techniker davor Zusatztrainings." Hier gebe es eine große Nachfrage am Markt, so Liebscher. Einige andere Kunden wiederum würden sich vor allem an der Nutzung der Telekommunikationsnetze interessiert zeigen.

"Technisch gesehen gibt es hier mehrere Möglichkeiten. Unsere Lösung verbindet Telekommunikationstechnologie mit Nahfeldfunk. Damit wollen wir sicherstellen, dass der Zähler, mit dem eine Etage weiter oben spricht, Empfang hat, wenn es im zweiten Kelleruntergeschoß keinen Mobilfunkempfang geben sollte. So ist unser Konzept aufgebaut, durchgehend IP-fähig und dadurch End-2-End-verschlüsselt", erklärt Liebscher das Konzept. Bei der Datenübertragung könne man hier auf bestehende Netze zurückgreifen und müsse nichts "extra bauen". Der anfallende Datentraffic würde das Netz zudem kaum zusätzlich belasten.

Große Synergieeffekte prognostiziert
Die Synergieeffekte zwischen Energieversorgern und Telekommunikationsunternehmen scheinen tatsächlich sehr groß zu sein. Nicht nur bei den Netzen, beim Roll-Out und der Sicherheit, sondern auch dann, wenn es um die Gestaltung flexibler Tarife und Kundenbindung geht. "Denkbar ist es, dass wir auch in diesem Bereich unsere Expertise einbringen werden. Aus unserer Erfahrung als Telekommunikationsunternehmen können wir sagen, dass man die Verkehrsmenge durch flexible Tarifmodelle auf jeden Fall sinnvoll steuern kann. Das ganze System ist in einem starken Modernisierungsumbruch."

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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