Luftfahrttag 2016: Der Grazer Flughafen mit Bodennebel
Luftfahrttag 2016: Der Grazer Flughafen mit Bodennebel
© AC Styria/ photoworkers.at

Luftfahrttag 2016

Wie sich die Steiermark auf neue Luftfahrt-Trends einstellt

Die Luftfahrtbranche erlebt seit 15 Jahren beständiges Wachstum. Die großen Flugzeughersteller sind mit Aufträgen für viele kommende Jahre eingedeckt. Um die Erfolgswelle nicht zu brechen, muss die Produktion angekurbelt werden, ohne Liefertermine zu gefährden. Dabei sind nicht nur die Hersteller selbst, sondern tausende Zulieferbetriebe in aller Welt gefordert. Sie müssen mit hohen Auftragsvolumen, komplizierten Zulassungsprozessen und neuen Technologien zurechtkommen. Beim Luftfahrttag 2016 am Flughafen Graz wurden Lösungsstrategien diskutiert.

Luftfahrttag 2016 Gruppenbild mit (v.l.n.r.) Manfred Hader (Roland Berger), Gerald Nittnaus (FH Joanneum), Bruno Gubser (Marenco Swisshelicopter), Sabine Kremnitzer (FFG – Take Off), Matthias Naumann (Airbus), Wolfgang Vlasaty (Mobilitätscluster ACstyria), Bernd Ekhart (Pankl Aerospace Europe), Udo Behrendt (EOS)

Lieferkette

Der Luftfahrttag wird jährlich vom Autocluster Styria organisiert. Rund ein Drittel aller 250 Unternehmen, die in diesem Netzwerk vertreten sind, sind auch im Bereich Luftfahrt aktiv. Durch Aktivitäten im Luftfahrt- und Bahnbereich wird der Autocluster zunehmend zum "Mobilitätscluster". 2016 fand die Veranstaltung zum insgesamt sechsten Mal statt. Der thematische Fokus lag dabei auf dem Thema Lieferkette ("supply chain").

Wie Manfred Hader vom Unternehmensberater Roland Berger in einem Vortrag erklärte, suchen die großen Flugzeughersteller (Original Equipment Manufacturer - OEM) heute verstärkt Zulieferer, die auf globales Geschäft eingestellt sind und verstärkt als so genannte "Risk Sharing Partners" (RSP) agieren. RSPs treten bei neuen Flugzeugprojekten als Partner der OEMs auf, tragen Investitionsrisiko und sind stark in das Projekt involviert.

Drei große Techniktrends

Alle weiteren Betriebe in der Zulieferkette (so genannte Tier-1, Tier-2, etc. -Unternehmen) sollen heute möglichst große Produktpakete liefern und eine möglichst große Palette an Kompetenzen abdecken können. Die Anforderung, immer komplexere Produkte liefern zu können, führt in der Branche vermehrt zur Konsolidierung, also zum Zusammenschluss von Unternehmen. Die Großen fressen dabei die Kleinen. Ein Beispiel dafür sei die Übernahme des österreichischen Zulieferers FACC durch den chinesischen Luftfahrtkonzern AVIC.

In der Luftfahrtbranche seien aktuell drei große technische Trends zu beobachten, meint Hader. Für den Fortbestand heimischer Luftfahrtzulieferunternehmen sei es maßgeblich, diese zu erkennen. 3D-Druck bzw. "Additive Manufacturing" (AM) sei einer dieser Trends. Er mache es OEMs zunehmend leichter, Komponenten selbst zu produzieren und damit unabhängiger von gewissen Zulieferern zu werden. Weitere große Trends sind - wie in allen Industriebereichen - Automatisierung und die Verwertung riesiger Datenmengen.

Matthias Naumann (Airbus) am Luftfahrttag 2016 am Flughafen Graz

Bessere Kommunikation

Wenn Produktionsprobleme bei einem kleinen Zulieferunternehmen auftauchen, kann sich dies selbst auf die größten Projekte auswirken. Durchgängige, einheitliche Kommunikation zwischen verschiedenen Zulieferebenen soll dabei helfen, Engpässe frühzeitig zu erkennen und zu lösen. "Früher hatten OEMs völlig separate Lieferantenportale", schildert Matthias Naumann von Boost Aerospace. Das Unternehmen ist ein Joint Venture von Airbus, Dassault, Safran und Thales.

Mit Air Supply hat Boost Aerospace eine gemeinsame Plattform für die Luft- und Raumfahrtindustrie erschaffen. Diese steht allen Unternehmen in der Branche offen, während die Kosten hauptsächlich von OEMs übernommen werden. Die Plattform dient der Kommunikation zwischen Kunden und Lieferanten, wird in Zukunft aber erweitert werden. Künftig soll auch die Rechnungslegung und die Lieferlogistik über die Plattform abgewickelt werden.

3D-Druck

Welchen Effekt 3D-Druck auf die Luftfahrtindustrie hat, schildert Udo Behrendt von EOS in seinem Vortrag am Luftfahrttag. EOS hat seinen Hauptsitz in München und ist der Weltmarktführer bei industriellen 3D-Druck-Anlagen. Nach anfänglichem Hype in den 90er-Jahren und darauf folgender Ernüchterung zeige 3D-Druck heute ein stabiles Wachstum, schildert Behrendt. Große Luftfahrtzulieferer schätzten die Qualität der produzierten Teile zunehmend: "Heute können etwa die meisten Triebwerksteile per 3D-Druck hergestellt werden", meint Behrendt. "General Electric macht das auch, ebenso wie Siemens bei seinen Gasturbinen."

Durch 3D-Druck können Bauteile erschaffen werden, die früher aus einer Vielzahl an Einzelkomponenten bestanden. Ein weiterer Vorteil sei die schnelle Produktion von Ersatzteilen für in die Jahre gekommene Maschinen. Innovative Unternehmen in der Branche, etwa SpaceX, setzen 3D-Druck in großem Umfang ein. Für Zulieferer sei 3D-Druck eine große Chance, sobald sie über hohes Know-How und Zusatzfertigkeiten, etwa die Nachbehandlung von 3D-gedruckten Bauteilen anbieten können, meint Behrendt.

Luftfahrttag 2016 am Flughafen Graz

Steiermark

"Für die Steiermark hat die Luftfahrtzulieferindustrie einen enormen Stellenwert", meint Autocluster-Styria-Geschäftsführer Wolfgang Vlasaty. Die Wirtschaftskrise 2008 habe vielen Automobilzulieferern gezeigt, dass es nicht schlecht wäre, ein zweites Standbein aufzubauen. Die Automobil- und Luftfahrtbranchen haben zahlreiche Überschneidungspunkte. Da der Luftfahrtsektor boomt, scheint die Wahl des zweiten Standbeines klar.

Mehrere steirische Unternehmen konnten sich bereits im Luftfahrtmarkt etablieren, etwa Pankl, das die weltweit größten Hubschrauberhersteller mit Heckrotorwellen beliefert. Der Luftfahrttag sei 2010 als Branchenforum gegründet worden, der vor allem kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU) zeigen soll, wie man in der Luftfahrtbranche am Puls der Zeit bleibt und voneinander lernen kann, meint Vlasaty. Die Veranstaltung sei seither stetig gewachsen. Dass heute Vertreter von Airbus oder Leonardo (ehemals Finmeccanica) zu Besuch kommen, wertet Vlasaty als Zeichen, dass steirische Unternehmen in der Branche zunehmend wahrgenommen werden.

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Energie, Mobilität und Klimaschutz. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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