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Interview

Xerox: “Wir bleiben den Druckern treu”

Xerox ist den meisten Menschen vor allem als Druckerhersteller geläufig. Das Unternehmen hat aber auch eine lange Tradition, was die Forschung betrifft. Vor allem im Labor in Palo Alto, das als PARC (Palo Alto Research Center) bekannt ist, wurden einige wichtige Technologien, wie etwa die Computermaus, erfunden. Auch heute noch betreibt der Konzern mehrere Forschungseinrichtungen, die über den ganzen Globus verteilt sind und investiert jährlich rund 1,3 Milliarden US-Dollar in diesen Bereich.

In Europa gibt es einen Standort in Grenoble. Geleitet wird die Forschungsabteilung in Frankreich von Monica Beltrametti. Dort wird vor allem daran gearbeitet, Projekte im Bereich IT-Dientleistungen voranzutreiben. Das heißt aber nicht, dass Xerox sich aus dem Druckergeschäft davonstiehlt. “Das ist immer noch unser Kerngeschäft, das ungefähr die Hälfte unseres Umsatzes generiert. Langfristig verlieren Drucker und Kopierer zwar an Bedeutung, aber noch sind sie enorm wichtig”, so Beltrametti.

In den neuen Geschäftsbereichen konzentriert sich Xerox vor allem auf Business Process Outsourcing. “Wir managen gesamte Prozesse, wie etwa Kundenkontakte oder Mitarbeitervorsorge, für unsere Kunden, von der Infrastruktur bis zur Abwicklung”, so die Forschungsleiterin. Durch die Übernahme von Affiliated Computer Services (ACS) hat sich Xerox hier zusätzlich viel Know-how eingekauft. “Es gibt nur einige wenige Firmen wie IBM, die ähnliche Rundum-Angebote bieten wie wir”, sagt Beltrametti. Dieser Vorsprung soll vor allem durch die Arbeit in Grenoble gehalten werden. “Ich wurde speziell mit dem Auftrag betraut, die Forschung in Richtung Dienstleistungen zu fokussieren, damit Xerox hier weiter wachsen kann”, so die Forscherin.

Software bestimmt Parkgebühren

Vor allem Datenanalyse ist in Frankreich ein wichtiges Thema. Besonders stolz ist Beltrametti auf ein Projekt, das bereits Früchte trägt. In Los Angeles wurde ein System implementiert, das die Preise von Parkplätzen in der Innenstadt dynamisch an die herrschende Verkehrssituation anpasst. Sensoren geben die Belegung der Parkplätze an eine Zentrale weiter, wo die Parkgebühren entsprechend angepasst werden. “30 Prozent des Verkehrs in diesem Bereich war auf die Parkplatzsuche zurückzuführen. Wir konnten die Staubildung um zehn bis 20 Prozent verringern”, so die Wissenschaftlerin. Die Preise für die Parkplätze bewegen sich zwischen 50 Cent und sechs Dollar pro Stunde, die Informationen werden über Smartphone-Apps an die Autofahrer verteilt.

Ein weiteres Projekt, das in Grenobles vorangetrieben wird, ist die Entwicklung von Systemen, die soziale Medien beobachten, um Firmen den Aufbau von Kundenbeziehungen zu erleichtern. “Unsere Software kann positive von negativen Kunden-Postings unterscheiden und sogar Sarkasmus und Ironie entdecken. ‘Dankeschön’ kann unter Umständen ja auch ein negativer Begriff sein”, so Beltrametti.

Sarkasmus-Detektor

Bei der Analyse der Postings wird immer der gesamte Text herangezogen. Die Erfolgsquote ist laut Beltrametti deshalb enorm hoch. Die Software ist bereits auf dem Markt und wird genutzt. Wenn sich das System nicht ganz sicher ist, wird das vermeldet und ein Mensch kann das betreffende Posting prüfen. “Bei einem Thema, das wir kennen schaffen wir 98 bis 99-prozentig verlässliche Bewertungen, bei anderen Themen brauchen wir erst noch Training”, so Beltrametti.

Durch die Analyse der sozialen Netzwerke sollen Firmen mehr über ihre Kunden lernen. “Viele Firmen haben eine Menge Daten über ihre Kunden, nutze diese aber kaum. Wir wollen helfen, Entscheidungen zu treffen”, so Beltrametti. In Europa gebe es genau das richtige Umfeld, um in diesen Bereichen zu forschen. “Die Unis sind stark und der politische Wille ist auch da, wie das Projekt Horizon 2020 der EU beweist. Europa sollte hier ruhig etwas selbstbewusster auftreten. Wir müssen uns weder vor den USA noch vor Asien verstecken”, so Beltrametti.

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Markus Keßler

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