© futurezone, Patrick Dax

Digital Life

Cyberangriffe auf Ukraine: "Russland versucht es, aber sie scheitern"

Wenn US-Geheimdienste vor russischen Cyberattacken warnen, sollte man sie ernst nehmen, sagt Mikko Hyppönen. Denn an der Cyberfront sei es seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine nur vermeintlich ruhig gewesen, ist der Forschungschef bei dem vor kurzem von F-Secure abgespaltenen finnischen Sicherheitsunternehmen WithSecure überzeugt.

Russische Cyberangriffe auf die Ukraine seien nicht ausgeblieben, sondern von der Ukraine abgewehrt worden seien. "Russland versucht es, aber sie scheitern", sagt Hyppönnen bei seiner Keynote-Adresse auf der Konferenz Sphere, die am Mittwoch und Donnerstag in Helsinki stattfand. Die Ukraine sei sehr gut auf die russischen Angriffe vorbereitet, besser als jedes andere Land der Welt.

Das liege auch daran, dass die Ukraine seit dem russischen Angriff mit der Schadsoftware NoPetya im Jahr 2017 permanent Attacken aus Russland ausgesetzt gewesen sei, sagt Hyppönen. In anderen Ländern habe man Planspiele veranstaltet, die Ukraine musste sich tatsächlich verteidigen.

Angriffe verdreifacht

Die Anzahl der Angriffe habe sich im Vergleich zum vergangenen Jahr verdreifacht. Vor einem Monat konnte die Ukraine etwa eine Attacke auf das Stromnetz abwehren, sagt der Sicherheitsexperte. Auch die Kommunikationsinfrastruktur konnte weitgehend aufrechterhalten werden.

Hilfe bekomme das Land auch von großen US-Technologiekonzernen wie Microsoft oder Google, sagte Hyppönen. Die verteidigen zwar auch ihre Kunden, hätten sich aber ganz klar auf die Seite der Ukraine gestellt.

Rechner des Grenzschutzes überschrieben

Ganz ohne Wirkung blieben die russischen Angriffe aber nicht. Als kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs Bilder von kilometerlangen Schlangen an der ukrainisch-polnischen Grenze kursierten, habe das auch damit zu tun gehabt, dass die Rechner der Grenzkontrolle von russischen Angreifern außer Gefecht gesetzt worden seien. "So sehen Cyberangriffe in einem Krieg aus", sagte Hyppönen.

Die berüchtigte Conti-Gang habe schon kurz nach dem russischen Angriff angekündigt, Attacken im Auftrag Russlands auszuführen. Das deutsche Windenergieunternehmen Nordex wurde bereits Opfer eines Ransomware-Angriffs der russischen Truppe und musste Teile seiner IT-Systeme stilllegen.

Aber auch ukrainische Cybergangs sind im Krieg mit Russland nicht untätig. Wie auch in anderen früheren Sowjet-Republiken seien sie in der Ukraine stark vertreten. Die Anzahl der Ransomware-Attacken aus dem Land habe aber seit dem Beginn des russischen Angriffs um ein Drittel abgenommen. "Sie haben jetzt anderes zu tun", sagt Hyppönen.

"Effektiv, günstig, leicht zu leugnen"

Cyberwaffen seien effektiv, günstig und ihr Einsatz könne leicht geleugnet werden, sagt der Sicherheitsexperte. Die Urheberschaft solcher Attacken könne in den seltensten Fällen zweifelsfrei zugewiesen werden: "Woher sollen wir wissen, ob Kriminelle oder staatliche Angreifer dahinterstehen?"

Derzeit seien jedenfalls so viele Aktivitäten zu beobachten wie nie zuvor. Er wolle die Bedeutung von Cyberattacken in dem Krieg nicht überbewerten, sagte Hyppönen: "Die wirklichen Tragödien passieren in der realen Welt."

Disclaimer: Die Kosten für die Reise nach Helsinki wurden von WithSecure übernommen.

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Patrick Dax

pdax

Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

mehr lesen
Patrick Dax

Kommentare