Die Zeitreise in die Werbewelt
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Der „Buchverlag Joh. Friedrich Kleditschen“ aus Leipzig war wohl einer der ersten Inserenten überhaupt. Am 1. Februar 1690 hat er eine Anzeige in den „Monatliche Unterredungen“ geschaltet. Ob diese Anzeige, Werbesujets von Coca Cola-, Mercedes-, ATA-Werbung („zum Scheuern und Putzen nur ATA benutzen“) aus dem Jahr 1934 bis hin zu Nivea-Sujets aus 1924 – der Österreicher Hans Böck hat die größte Werbesammlung im Web zusammen getragen. „Albertina, British Museum, Metropolitan oder Louvre – die werden als die Schatzkammern der Kunst- und Kulturgeschichte der Menschheit bezeichnet“, sagt Böck, „Aber welche Sammlung präsentiert weltweit das Thema Marken- und Werbe-Geschichte? Auch Werbung ist Kunst, auch Werbung ist Kultur.“ Und sie löst Erinnerung und Emotion aus – an das erste Handy, das erste Auto, die erste Schreibmaschine.
Mister Zitate
Hans Böck ist kein Unbekannter, mit seinem Portal zitate.eu hat er vor Jahren schon einen Knüller gelandet, der sogar im Deutschen Bundestag genutzt wird, greifen doch die Redner auf diese Zitate-Datenbank zurück. Mit der Werbesammlung ADSandBRANDS.com aber hat Böck eine Sammlung zusammen getragen, gegen die selbst Google müde aussieht. „Es gibt keine Datenbank bzw. Sammlung, weder offline noch online, auf der man praktisch auf Knopfdruck die Werbesujets vergangener Jahrhunderte erhält“, sagt Böck. Inspiriert wurde er von Winston Churchill, der meinte: „Nur wer weit zurückblickt, kann auch weit nach vorne blicken“.
Die größte Werbesammlung
32.013 Sujets sind derzeit auf ADSandBRANDS.com gesammelt, von 5590 Firmen weltweit. Böck: „Das ist aber erst ein kleiner Teil meiner Sammlung, denn erst fünf Prozent meines Archivs sind eingescannt. Im niederösterreichischen Bad Vöslau trägt er seit gut sieben Jahren Magazine aus der ganzen Welt zusammen, das Elternhaus hat er in ein Lager umgewandelt, das aber immer voller wird, denn nach wie vor kauft Böck Magazine und Zeitungen. Eine Versicherung, die ihm diese Sammlung versichert, findet er schon lange nicht mehr.
Fundgrube eBay
Die Anzeigen lässt er von vier Mitarbeitern einscannen. Welche Sujets das sind, entscheidet Hans Böck selbst, die Auswahl ist „Chefsache“. Vom ersten Spiegel 1947 aufwärts bis hin zur ganzen Profil-, Focus-Ausgabe (die hat er kürzlich günstig um 2400 Euro erworben) bis hin zum Time Magazine - „wer dort eine Anzeige geschaltet hat, dessen Unternehmen war auf der ganzen Welt bekannt“ -, befindet sich bereits alles in seinem Fundus. Und Böck wird nicht müde, noch mehr Magazine zu kaufen. Fast alle Original-Medien aus drei Kontinenten wurden zwischen 2001 - 2008 via eBay ersteigert. Nun konzentriert er sich auch Richtung Osten, wie etwa Asien.
Die Frage des Urheberrechts
„Alle Kampagnen, die vor 70 Jahren und einem Tag erschienen, sind copyrightfrei“, so Böck. Und die neueren? „Möchte jemand ein Mercedes-Sujet aus dem Jahre 1960 von uns als Poster, so würden wir bei Mercedes Rücksprache halten und um Freigabe ersuchen“, erklärt Böck. Für die mediale Präsenz von Logos in Artikeln gäbe es kein Copyright, weil über eine Dokumentation berichtet werde, die auch im Internet kostenlos zu konsumiert werden könne. So hat die futurezone vor zwei Wochen über den Plagiatsverdacht bei Apple geschrieben - Jahre bevor Apple seine Geräte mit einem angebissenen Apfel zierte, verkaufte das Modehaus "The House of Worth" sein berühmtestes Parfum bereits in einem angebissenen Apfel-Flacon.
„Wir archivieren und dokumentieren im Dienste der Gesellschaft und natürlich als Auftragnehmer für Firmen wie Beiersdorf, Henkel Europe, Mars, UniCredit, Raiffeisen, Underberg, Vienna Insurance Group, Stadt Wien etc. Da stellt sich das Thema somit auch nicht“, sagt Böck. „Wir erhalten permanent Anfragen von Firmen, die wissen möchten, welche Agentur diese oder jene Kampagne geschaltet hat. Das heißt, die meisten Firmen haben keine Dokumentation Ihrer eigenen Marken- oder Werbegeschichte. Warum ist leicht erklärt. Im Business engagiert sich jeder für den Augenblick, plant permanent für die Zukunft - und vernachlässigt dabei die Vergangenheit“.
Internationales Portal
ADSandBRANDS ist nämlich nicht nur das größte Werbemuseum der Welt, sondern es sei „besser als die Archive der Konzerne“. „Die meisten Firmen haben nämlich kein Archiv, in dem sie in ihren Werbeanzeigen stöbern können“, erklärt Böck. „Und wenn, dann ist es nicht so griffbereit wie auf meinem Portal.“ Mittlerweile bekommt er Anfragen von Unternehmen aus der ganzen Welt – für ein Unternehmen aus Qatar dokumentiert der Bad Vöslauer seit kurzem auch die Werbszene in Middle East.
Nicht nur die Konzerne selbst interessieren sich für die Sujets, die sie vor 50 oder noch mehr Jahren verwendet haben, auch die Werbe- und Kreativagenturen, die sich von den alten Sujets inspirieren lassen wollen. Die Sujets sind in geringer Auflösung auf der Webseite abgelegt, können aber hochauflösend gekauft werden – die Bearbeitungsgebühr beträgt 300 bis 1500 Euro.
Besser als Google
Als eigentliches Startup sieht sich Böck nicht, da ADSandBRANDS.com bereits sechseinhalb Jahre alt ist, am 3.Mai 2005 hat er sein Portal gegründet, in das er bis dato 1,5 Millionen Euro investiert hat. Allerdings sieht er jetzt seine Chance gekommen, international durchzustarten. „Jedem, der sich für Werbung aber auch die Vergangenheit interessiert und dem ich das Portal vorführe, der ist begeistert, weil es teilweise auch Kindheitserinnerungen weckt“, so Böck. „Google und die anderen Suchmaschinen können das einfach nicht was wir auf ADSandBRANDS.com anbieten“, so Böck. „Wir sind eine Spezialsuchmaschine, aber eine ganz Besondere.“
ADSandBRANDS.com:
Sämtliche Sujets sind mit einem Wasserzeichen versehen und stehen für alle Internet-User als JPG kostenlos zur Verfügung. Das gesamte Unikat-Archiv-Material gibt es als Papier-Original, Rohscan und bildbearbeitetes Photoshop-Dokument: Auflösung 300 dpi sowie als JPG mit 72 dpi. Die Maximalhöhe jedes Sujets beträgt im Internet 600 Pixel.
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