NIEDERÖSTERREICH: AUTOBUS UND LKW AUF A1 BEI MELK UMGESTÜRZT
© APA/EINSATZDOKU.AT/STEYRER / EINSATZDOKU.AT/STEYRER

Digital Life

Erste Tests mit Drohnen, die bei Verkehrsunfällen Lage begutachten

Auf dem Bildschirm der Einsatzzentrale erscheint eine Alarmmeldung: Ein Fahrzeug hatte gerade einen Unfall auf einer bestimmten Autobahnstrecke. Das automatische Notrufsystem eCall schickt Informationen zum Unfall und die Mitarbeiter der Zentrale rufen Pannendienst und Rettung.

Nicht immer ist klar, wie schwer der Unfall ist oder wie viele Insassen verletzt sind. Zwar liefert das Notrufsystem bereits viele sinnvolle Informationen, aber wenn es vom Fahrer keine Rückmeldung gibt, ist oft unbekannt, ob und welche medizinischen Maßnahmen getroffen werden müssen.

Drohnen sollen nachsehen, was los ist

„Es gibt Fälle, bei denen aus Versehen der Notfallknopf gedrückt wird und Rettungsfahrzeuge umsonst ausrücken. Auf der anderen Seite gibt es Situationen, in denen Fahrer nach dem Unfall einen Schlaganfall oder Herzinfarkt erleiden. Da braucht es andere Maßnahmen als nur einen Pannendienst“, sagt Harald Trautsch, Geschäftsführer von Dolphin Technologies, im Gespräch mit der futurezone. „Ideal wäre es hier natürlich, wenn die Mitarbeiter tatsächlich sehen könnten, was gerade passiert“, so Trautsch.

Der Telematik-Spezialist will deshalb künftig in einem Testbetrieb Drohnen zu Unfällen schicken. Diese sollen nachsehen, was genau für Hilfe benötigt wird und sollen Einsatzzentralen dabei helfen, einen besseren Überblick über die Situation zu erlangen. Drohnen sollen dabei laut Trautsch nicht nur das Szenario aus der Luft beobachten, sondern auch so nahe an die Fahrzeuge heranfliegen können, dass sie sehen können, ob jemand leblos im Unfallfahrzeug zu entdecken ist.

Diese Drohnen kommen derzeit bei den Tests von Dolphin Technologies zum Einsatz.

Netzwerk soll österreichweit aufgebaut werden

Dolphins Technologies will dazu ein Netzwerk aus 400 bis 1000 Drohnen aufbauen, die Bilder vom Unfallort an die Einsatzzentrale schicken. Die Bilder sollen an die Mitarbeiter in der Einsatzzentrale übertragen werden, die die Drohne nur im Notfall mit einfachen vier Befehlen steuern können. „Es ist aber nicht notwendig, die Call Agents zu Drohnenpiloten auszubilden“, sagt Trautsch. Ein Knopfdruck genüge und die Software von Dolphin würde die optimale Flugroute zur Unfallstelle berechnen, heißt es. Die Einsatzzentrale bestimmt dann, wie lange die Drohne vor Ort benötigt wird und fliegt diese automatisch zu ihrem Standort zurück, wenn die Akkus schwächer werden oder sich die Witterung verändert.

Getestet werden zuerst Drohnen für den privaten Gebrauch. “Das funktioniert bereits einwandfrei”, so Gerald Aichholzer von Dolphin Technologies. Welche Drohnen genau zum Einsatz kommen sollen, werde sich zudem von Fall zu Fall entscheiden. „Wir arbeiten hier mit verschiedenen Drohnenherstellern zusammen und werden das erst zum Schluss festlegen. Bei unserem Projekt geht es jetzt vorrangig darum, die gesamte Kette der automatischen Flugroutenberechnung zu testen“, erklärt Trautsch.

Training mittels künstlicher Intelligenz

Das System, das dahintersteckt, soll mittels Machine Learning so trainiert werden, dass es in der Lage sein wird, selbstständig die richtige Entscheidung zu treffen, welche Drohne zum Unfallort geschickt wird und wie sie sich dort verhält. „Da hängt oft viel von den örtlichen Gegebenheiten ab, etwa, ob es an der Unfallstelle guten Internetempfang gibt. Wenn es dämmert, braucht man hingegen spezielle Nachtsichtgeräte“, sagt Trautsch.

Das Ziel der Automobilindustrie sei es natürlich langfristig, dass es zu gar keinen Unfällen mehr komme, so Trautsch. „Das ist auch unser Ziel. Wir beschäftigen uns hauptsächlich damit, Unfälle zu vermeiden, in dem wir Anreize schaffen.“ Hier arbeitet Dolphins Technologies etwa mit der Versicherung UNIQA zusammen. Mit selbstfahrenden Autos soll die Zahl der Unfälle künftig drastisch reduziert werden, aber bis es soweit ist, wird es noch dauern. „Autos haben derzeit eine Lebenszeit von durchschnittlich zwölf Jahren“, sagt Trautsch.

Derzeit gibt es rechtliche Hürden

„Die größte Hürde ist derzeit rechtlicher Natur“, sagt Trautsch. Drohnen dürfen nur in bestimmten nicht bewohnten Gebieten und nur mit entsprechender Genehmigung und Versicherung betrieben werden. Dass die Flugroute automatisch berechnet und auch selbständig abgeflogen werden soll, sei eine zusätzliche Herausforderung für das Projekt. Trautsch rechnet damit, dass rechtliche Hürden bis 2020 ausgeräumt sein könnten. Verkehrsminister Norbert Hofer hatte bereits angekündigt, nächstes Jahr Drohnen als Flugtaxis einsetzen zu wollen..

Drohnen zum Unfallort zu schicken, sei zudem nur eine von vielen Möglichkeiten, um eine Situation besser einschätzen zu können, sagt der Dolphin-Technologies-Chef. „Ob sich dieses Modell rechnen wird und realisieren lässt, wird sich zeigen.“ Der CEO rechnet damit, dass die Drohnen auch von Exekutive und Rettung für Einsätze genutzt werden können, sofern sie auch zur Finanzierung beitragen.

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

mehr lesen
Barbara Wimmer

Kommentare