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Vision

FairPhone: Fair-Trade-Handy ohne Ausbeutung

So faszinierend die immer leistungsstärkeren Smartphones mit ihren vielfältigen Funktionen und ihren unbegrenzten App-Möglichkeiten sind, so düster sieht es bei der Produktion der glänzenden Hightech-Produkte aus. Die benötigten Rohstoffe stammen teilweise aus krisengeschüttelten Regionen in Afrika und Südamerika. Und auch in den asiatischen Fabriken, wo die Einzelteile zu einem Telefon zusammengebaut werden, herrschen meist prekäre Arbeitsverhältnisse.

Eine niederländische Initiative hat den mitunter aussichtslos wirkenden Kampf (die futurezone

) für bessere Arbeitsbedingungen nun selbst in die Hand genommen und will bereits im September mit dem „FairPhone" ein erstes fair produziertes Handy auf den Markt bringen.

Non-Profit
„Wir sind das erste und einzige Unternehmen weltweit, dem es bei der Smartphone-Produktion nicht um den Profit, sondern ausschließlich um soziale Werte geht", sagt FairPhone-Sprecher Joe Mier im Gespräch mit der futurezone. Den Ursprung fand das Projekt in einer breit angelegten Aufklärungskampagne, die über die widrigen Zustände hinter den Kulissen der Handyproduktion informieren wollte. Die Initiatoren erkannten allerdings recht bald, dass Veränderungen erst möglich werden, wenn sie selber ins Smartphone-Geschäft einsteigen und in die Produktionsketten eingreifen.

Vorläufiger Höhepunkt des über Sponsoren, aber auch einige niederländische Telekombetreiber mitfinanzierten Projekts ist die Produktion eines FairPhone-Modells, das im Herbst in einer Auflage von 10.000 Stück auf den Markt kommen wird. Um fairere Produktionsbedingungen zu gewährleisten, reisten die FairPhone-Macher unter anderem in den Kongo und schlossen Verträge mit kleineren, unabhängigen Minen ab. Bei der Produktion sollen Partnerfirmen zudem verpflichtet werden, strenge Vorgaben zu erfüllen.

Fast unmöglich
„Wir sind realistisch, das erste Telefon wird sicher nicht 100 Prozent fair produziert sein. Dazu ist die Herstellungskette einfach zu komplex", gibt Mier zu. "Wir können zwar bei der gewählten Produktionsstätte sicherstellen, dass die Arbeitsbedingungen fair sind. Wo im Detail zugekaufte Einzelteile, wie Kamera-Bauteile, Displays und Chips, herkommen bzw. unter welchen Umständen diese gefertigt wurden, können wir allerdings nur schwer überprüfen.

Auch bei den Rohstoffen ist das Unterfangen kompliziert. In einem ersten Schritt konnte die faire Gewinnung des seltenen Metalls Tantal und des für die Handyherstellung ebenfalls wichtigen Zinn-Erzes Kassiterit im Bürgerkrieg-umtobten Kongo sichergestellt werden. Andere Rohstoffe, wie fair gewonnenes Gold aus Südamerika und schließlich auch Kobalt, sollen bei der Produktion künftiger Handys berücksichtigt werden. Gerade bei Kobalt werde das Sicherstellen einer fairen Produktion vermutlich sogar mehrere Jahre dauern, da es bisher keine Initiativen in dem Bereich gebe.

Bis dahin setzt man auf absolute Transparenz bei den einzelnen Produktionsschritten, was mindestens genauso wichtig sei wie die tatsächlichen Verbesserungen vor Ort selbst. „In diesem Fall ist tatsächlich der Weg ein Stück weit auch das Ziel", sagt Mier. Bis das fair produzierte Smartphone Wirklichkeit wird, müsse man die großen Herausforderungen Schritt für Schritt lösen.

Konzeptstudie
Wie das erste FairPhone aussehen und welche Spezifikationen es haben werde, steht noch nicht fest. Klar ist, dass es sich um ein Mittelklasse-Smartphone handelt, das etwa 250 bis 300 Euro kosten soll. Als Betriebssystem ist Android vorgesehen. In Zukunft könnten aber auch andere offene Betriebssysteme wie Firefox OS und das neue mobile Ubuntu-System zum Zug kommen. Denkbar ist laut Mier auch, dass FairPhone-Kunden ein offenes Betriebssystem auswählen können. Interessierte können sich aktuell auf der FairPhone-Homepage per E-Mail vormerken. Aktuell haben sich über 5000 Leute registriert.

Während sich die großen Hersteller noch nicht zu dem niederländischen Alternativ-Smartphone geäußert haben, zeigt man sich bei der österreichischen Entwicklungs-Organisation Südwind über das Projekt erfreut. „Wenn die Initiative erfolgreich ist, erzeugt das natürlich einen Druck auf die großen Marken in der Industrie“, sagt Südwind-Sprecherin Christina Schröder. Die Situation in der Elektronikindustrie sei gut mit der Textilindustrie vor einigen Jahren vergleichbar. Dort habe es auch lange geheißen, fair produzierte Kleidung sei unmöglich. Mittlerweile seien aber große Arbeitsverbesserungen erzielt worden.

Bei den österreichischen Mobilfunkern zeigt man sich auch interessiert. Konkrete Pläne, das Handy für Kunden in Österreich zu ordern, gibt es derzeit aber nicht. A1 weist in einer Stellungnahme gegenüber der futurezone darauf hin, dass man bereits in der Vergangenheit "grün" produzierte Handys angeboten habe und seit Jahren Lieferanten an die Einhaltung internationaler Arbeitsrechts-Standards auffordere. Gleichzeitig herrsche derzeit aber nur wenig Kundenbewusstsein rund um soziale und ökologische Aspekte bei der Handy-Produktion.

FairPhone in Wien
Zum Thema findet heute, Mittwoch, ab 18:30 die twenty.twenty-Veranstaltung „Gadgets: Geräte ohne Gewissen?“ im HUB Vienna in der Lindengasse 56, 1070 Wien, statt, wo FairPhone-Sprecher Joe Mier die Keynote hält.

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FairPhone-Sprecher Joe Mier hält am Mittwochabend (13.02. - Beginn ab 18:30) die Keynote bei der twenty.twenty-Veranstaltung "Gadgets: Geräte ohne Gewissen" im HUB Vienna, Lindengasse 56, 1070 Wien.

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Martin Jan Stepanek

martinjan

Technologieverliebt. Wissenschaftsverliebt. Alte-Musik-Sänger im Vienna Vocal Consort. Mag gute Serien. Und Wien.

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