Second Screen Angebote ergänzen das Fernsehen um Internetinhalte
Second Screen Angebote ergänzen das Fernsehen um Internetinhalte
© Frazier Moore

Second Screen

Fernsehzuschauer werden zu multimedialen Multitaskern

Das mobile Web mit Smartphones und Tablets hat eine neue Generation an TV-Konsumenten entstehen lassen, nämlich multimediale Multitasker. „Sie schauen live fern und unterhalten sich parallel dazu über die Social-Media-Plattformen. Über den Fernsehinhalt wird getwittert, gechattet. Man setzt sich mit dem linearen TV auseinander“, sagt Michael Wagenhofer Geschäftsführer der ORS (Österreichische Rundfunksender). Multimediales Multitasking beschreibt dabei die Fähigkeit, mehrere „technische“ Tätigkeiten parallel zu tun - im Fall des Fernsehens, telefonieren, SMS-Tippen oder eMail schreiben; also anstatt wie früher etwa nebenbei zu bügeln, wird jetzt im Web oder auf Social-Media-Plattformen gesurft.

Gesprächsstoff

„Man wartet nicht mehr darauf, dass man sich am nächsten Tag auf dem Schulhof über den gestrigen TV-Abend austauscht. Wer da nicht live mitredet, ist nicht up to date“, so der ORS-Chef. Während des TV-Konsums werden auf Facebook oder auf Twitter Filmkritiken abgegeben und es wird über Darsteller und Inhalt diskutiert. Zudem gebe es nicht nur den so oft zitierten Second Screen, sondern auch einen dritten oder vierten Bildschirm. „Die Digital Natives haben eine Fähigkeit entwickelt, zwei, drei Medienströme gleichzeitig zu nutzen“, sagt Wagenhofer.

ORS Chef Michael Wagenhofer

Parallele Nutzung

Die britische TV-Regulierungsbehörde Ofcom hat in ihrer Studie „The reinvention of the 1950s living room“ beispielsweise festgestellt, dass mehr als die Hälfte der Briten parallel zum Fernsehen andere Geräte benutzen. Ein Viertel davon sind so genannte „Media Mesher“, die während des Fernsehens telefonieren, SMS schreiben oder Social Media-Netzwerke nutzen, um über den TV-Inhalt zu reden. Das beste Beispiel war der Studie zufolge das Wimbledon-Finale, bei dem auf Twitter 2,6 Millionen Tweets zu Wimbledon abgegeben wurden.

Das andere große Phänomen nennt sich Media Stacking – auch hier nutzt jeder Zweite parallel zum Fernsehen sein Smartphone, Tablet oder Notebook, macht aber etwas anderes, das nicht mit dem Inhalt des TV-Programms zusammenhängt. Die Studie zeigt zudem, dass Frauen (56 Prozent) eher zum multimedialen Multitasken neigen als Männer (51 Prozent). Frauen mit Kindern sind mit 66 Prozent sogar noch eifrigere Multitasker.

Lineares TV dominant

Dass klassisches Fernsehen zur Gänze von Internet-Aktivitäten oder Videos verdrängt wird, widerlegen aktuelle Untersuchungen. Die ZDF-Online-Studie zeigt, dass die ältere Generation noch 50 Mal mehr fern- als Online-Videos sieht. Selbst bei den Digital Natives ist es noch der Faktor 20. „Es ist klar, dass sich das in Zukunft noch in Richtung Online verschieben wird, aber selbst wenn das Verhältnis in zehn, vielleicht 15 Jahren eine Stunde Video zu zehn Stunden TV ist, bleibt klar – das lineare TV wird gebraucht“, so Wagenhofer.

Strategien

Auch wenn derzeit Second-Screen-Lösungen in aller Munde sind, werde die ORS, die mit SimpliTV ganz auf HD als Standard setzt, solche Lösungen selbst nicht anbieten, sondern den TV-Anstalten überlassen. „Wir konzentrieren uns auf das lineare Fernsehen und auf das Catch up-TV.“ Damit ist eine Form von Internet-TV gemeint, bei der TV-Sendungen für eine bestimmte Anzahl von Tagen nach der Ausstrahlung auf Abruf zur Verfügung gestellt werden. Allerdings ist das Kundeninteresse für zeitversetztes Fernsehen noch klein. In der ZDF-Studie wurde erhoben, dass Konsumenten pro Tag im Schnitt 240 Stunden live versehen und nur zwei Minuten zeitversetzt.

Inhalte anbieten

„Wir werden technische Lösungen bringen, die konsumenten- und bedienerfreundlich sind und die praktisch ins TV-Gerät integriert sind“, erklärt Wagenhofer die Zukunftsstrategie der ORS. Dazu zählen Funktionen, ähnlich einer ORF TVthek , die ein TV-Konsument in seinem TV-Menü vorfindet und mit denen er Sendungen von ServusTV über Puls 4, ATV oder ORF „nachschauen“ kann. Auch Empfehlungssysteme, wie man sie von Amazon kennt und wie sie SmartTVs schon integriert haben, werden angedacht. „Wir sehen uns als Aggregator, der den Content live oder auch zeitversetzt verteilt“, so Wagenhofer.

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