Geschichte

Frankreich: Aus für Internet-Vorgänger Minitel

Für Frankreichs legendären Internet-Vorgänger Minitel war am Samstag der letzte Betriebstag. Um 23.59 Uhr sollte nach rund drei Jahrzehnten Dienst der Videotext-Dienst abgeschaltet werden, wie die Betreiber mitteilten. Im Frankreich der 80er und 90er Jahre erlebte die kleine grau-braune Kiste mit herausklappbarer Tastatur einen Siegeszug. Dies war sicherlich auch dem „Minitel rose“ zu verdanken, in dem es erotische Angebote gab.

1982 brachte der damals noch staatliche Telekom-Konzern France Télécom die kostenlosen Geräte erstmals auf den Markt. Doch der Betrieb und die Kosten für Ersatzteile des Oldtimers des Computer-Zeitalters sind nun nicht mehr rentabel. Dabei wurde ihre Zahl nach unterschiedlichen Angaben zum Jahresbeginn noch auf gut 800 000 funktionsfähige Geräte und etwa 420 000 Nutzer geschätzt - im Jahr 2002 waren es allerdings noch neun Millionen Terminals.

Geräte zu Auto-Stoßstangen verarbeitet
Wegen der vielen treuen Fans war die zuvor schon einmal geplante Abschaltung verschoben worden. Einige Anwendungen funktionierten auch übers Internet. Die Zeitung „Libération“ machte noch Stunden vor dem Aus einen Selbsttest und ließ eine Mitarbeiterin per Minitel den erotischen Videotext-Dienst „3615 Ulla“ aufrufen. Von den rund 300 Nutzern, die sie dort noch fand, saß kein einziger mehr vor einem Minitel: alle nutzten die Online-Version, die übers Internet den Zugang ermöglicht.

Die Einzelteile der verbliebenen Geräte sollen zu Auto-Stoßstangen oder Mantelhaltern umgearbeitet werden. Eine bei Toulouse gelegene Firma hat sich darauf spezialisiert, die Geräte auszuschlachten und dann die Kunststoff-Teile einer neuen Verwendung zuzuführen.

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