Geräte werden schneller kaputt: “Das ist kein Zufall”
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Jeder dürfte sich wohl schon einmal über ein Smartphone oder eine Waschmaschine geärgert haben, die kurz nach dem Ablaufen der Garantie defekt wurde. Zufall oder vom Hersteller so beabsichtigt? Die Diskussion erhält nun durch ein französisches Gesetz neuen Zündstoff. Vergangene Woche verabschiedete die französische Nationalversammlung ein neues Verbraucherschutzgesetz, das die sogenannte “Geplante Obsoleszenz” als Betrugsdelikt behandelt und mit Geld- und Haftstrafen ahndet.
Haft oder Geldstrafe
Unter dem etwas sperrigen Begriff verbirgt sich ein von den Herstellern “eingeplantes, frühzeitige Ablaufdatum für Geräte.” Herstellern drohen in Frankreich nun bis zu zwei Jahre Haft oder 300.000 Euro Geldstrafe, sollten sie die Lebensdauer ihrer Geräte bewusst verkürzen. Zuvor muss das Gesetz aber noch im Senat beschlossen werden. Sepp Eisenriegler vom R.U.S.Z., das Reparatur- und Servicezentrum für Haushaltsgeräte, warnt bereits seit Jahren vor dem wachsenden Trend. Vielen Geräten würden einfach behebbare Konstruktionsfehler zugrunde liegen, die die Lebensdauer künstlich verkürzen. Als Beispiel führt er Flat-TVs an, bei denen die Elektrolytkondensatoren oft zu schwach ausgeführt und zu nahe an Wärmequellen positioniert werden, sodass der Fernseher meist nach dreieinhalb Jahren defekt ist.
Keine Verschwörungstheorie mehr
Oft wurde das Thema als Verschwörungstheorie abgetan, das französische Gesetz helfe den Verbraucherschützern nun. “Das ist ein schlagkräftiges Argument gegen die von den Herstellern gestreuten Zweifel”, so Stefan Schridde von der deutschen Initiative “Murks? - Nein danke!”. Schridde sammelt bereits seit Jahren Beispiele für Produkte, bei denen die Lebensdauer von Geräten künstlich verkürzt wurde. Er sieht im Gesetz einen “Schritt in die richtige Richtung”, griffig sei das Gesetz dennoch nicht. “Es drängt sich die Frage auf: Warum verbieten wir etwas nicht gleich? Betrug verlangt ja eine spezifische Rechtsverfolgung.” Viele Konsumenten könnten es sich einfach nicht leisten, lange und kostspielige Prozesse zu führen.
Auch auf indirekten Wegen werde die Lebensdauer der Geräte verkürzt, beispielsweise durch schwierige oder kostspielige Reparaturen. “Wenn die Reparatur einer 300 Euro-Waschmaschine nach zwei Jahren 200 Euro kostet, werde ich mir eher eine Neue kaufen”, so Eisenriegler. Hier sieht Schridde auch Potential für die Manipulation der ausgewiesenen Lebensdauer: “Die Hersteller argumentieren dann plötzlich damit, dass die Geräte ja länger halten würde, es repariert sie einfach nur keiner mehr.” Das einträgliche Geschäft mit Ersatzteilen sollte seiner Meinung nach auch reguliert werden, da hier teilweise Wucher betrieben werde.
Elektroverband: "Es gibt keine geplante Obsoleszenz"
Der FEEI, der Fachverband der Elektro- und Elektronikindustrie, bestreitet, dass Hersteller ihre Geräte bewusst manipulieren würden. Kein Hersteller könne es sich leisten, auf geplanten Verschleiß zu setzen. “Der harte Wettbewerb im Markt würde solch eine verbraucherfeindliche Produktstrategie sofort bestrafen, weil sich die Kunden dann einer anderen Marke zuwenden”, so Manfred Müllner, stellvertretender Geschäftsführer der FEEI. Da jeder Kunde ein Produkt anders nutze, sei es zudem schlicht unmöglich, die Lebensdauer künstlich zu begrenzen.
Psychologische Obsoleszenz
Die Reparaturfähigkeit wird auch von Plattformen wie iFixit überprüft, das zudem auch bebilderte Reparaturanleitungen und Ersatzteile anbietet. Matthias Huisken, Geschäftsführer von iFixit in Europa, sieht keinen eindeutigen Trend für Elektronikgeräte: “Es verblüfft uns aber immer wieder, dass in einem Jahr Geräte einerseits Geräte auf den Markt kommen, die gut reparierbar sind, anderseits aber auch Geräte, die einfach nur katastrophal sind.” Vor allem verklebte Geräte hätten meist nur Nachteile “Es ist nicht so, dass man dünne oder wasserdichte Geräte nur mit Verkleben herstellen kann. Die Alternativen sind aber natürlich manchmal teurer und aufwändiger.”
Diese “psychische Obsoleszenz”, die dafür sorgt, dass Konsumenten immer wieder neue Produkte kaufen, auch wenn das alte Gerät noch funktioniert, existiert. “Mode ist ein Paradebeispiel dafür. Wir kaufen uns den neuen Wintermantel nicht, weil der alte kaputt ist, sondern weil er unmodern geworden ist. Das Gleiche gilt für Gegenstände des Designs wie Möbel oder Ziergegenstände und in geringerem Ausmaß für technische Produkte wie etwa Autos oder Smartphones”, so Eduard Brandstätter von der Johannes Kepler-Universität Linz. Smartphones werden mittlerweile im Jahrestakt getauscht. Ein Trend, den auch der iFixit-Chef als “katastrophal” ansieht, vor allem in Hinblick auf Elektroschrott. Einem Bericht der Uno-Initiative StEP zufolge wird die Menge des jährlich produzierten Elektroschrotts um ein Drittel auf 65 Millionen Tonnen steigen.
"Brauche ich das überhaupt?"
Initiativen, die auf europäischer Ebene den Verbraucherschutz stärken sollen, gibt es bereits. So forderte der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss bereits im Vorjahr ein “Verbot für Geplante Obsoleszenz” und ein “Mindestgebrauchs-Etikett” für Geräte. Solange es keine gesetzlich verpflichtenden Regelungen gibt, raten die Reparatur-Experten, den gesunden Menschenverstand einzusetzen. “Ich sollte mir vor dem Kauf selbst die Frage stellen: Warum kaufe ich gerade wieder? Brauche ich das überhaupt?”, meint Schridde.
Im nächsten Jahr wolle man ein Murks-Barometer anbieten, bei dem Händler nach ihrer Zuverlässigkeit bewertet werden. Auch gebraucht kaufen mache sich oftmals doppelt bezahlt. Wer ein Smartphone kauft, sollte auf Aspekte wie einen tauschbaren Akku achten. Bei neuen Laptops oder PCs gibt iFixit mit seinem Reparatur-Index einen guten Anhaltspunkt, ob sich ein Gerät später aufrüsten lässt. Laut Eisenriegler gilt bei Waschmaschinen zudem die simple Faustregel: Pro 100 Euro bekommt man ein Jahr Lebensdauer.
Dass es nicht immer etwas Neues sein muss, beweisen sogenannte Reparaturcafés. Mittlerweile finden sich in vielen Bundesländern derartige Treffpunkte, in denen man Geräte reparieren lassen oder die Reparatur selbst erlernen kann. In Wien gibt es beispielsweise das von Eisenriegler initiierte schraube14 oder das “Energie & Reparatur Café Josefstadt”. “Selbst reparieren ist natürlich ein großes Thema, wir helfen aber auch dabei, einen Profi aus der Umgebung zu finden, der bei komplexeren Problemen hilft”, so Heinz Tschürtz, Gründer des Reparaturcafé in Josefstadt, im Gespräch mit der futurezone. Dabei wolle man vor allem lokale Unternehmer unterstützen, sowohl Reparatur-Unternehmen, als auch Lokale.
Laut Tschürtz war man selbst über die große Nachfrage überrascht, trotz relativ wenig Werbung kamen bereits bei den ersten Terminen zwischen zehn und 18 Personen. Insbesondere liebgewonnene Geräte werden gerne repariert. “Jeder ist eigentlich froh, wenn er sein Gerät erhalten kann. Ich glaube, niemand hat Spaß daran, wenn er zum Beispiel einen Kühlschrank nach fünf oder sechs Jahren austauschen muss.” Das nächste Reparaturcafé Josefstadt findet am 27. Oktober in der Greisslerei 8 (Laudongasse 46, 1080 Wien) um 18 Uhr statt. Das schraube14 findet jeden Donnerstag von 14 bis 17 Uhr in der Lützowgasse 12 im 14. Bezirk statt.
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