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Gigant

Google allmächtig - von der Erde nun in den Weltraum

Als Larry Page und Sergey Brin auf der Universität Stanford in Palo Alto Computerwissenschaft studierten, kam ihnen die Idee: „Sie wollten alles Wissen in einen Computer packen“, schildert Louis Mejia, der an der Universität Stanford das Office of Technology Licensing leitet und in dieser Funktion die „geistigen Eigentumsrechte“ der Universität verwaltet. „Da sie aber nicht die geringste Ahnung hatten, wie sie damit Geld verdienen könnten, habe ich die beiden wieder nach Hause geschickt.“ Einige Wochen später kamen sie wieder. Mit einem Business-Plan.

Am Anfang war Googol

„Ja, es war eine verrückte Idee“, erzählt Larry Page, wenn er auf die Anfänge von Google angesprochen wird. „Ich dachte, dass das Downloaden des Webs auf meinen Rechner eine Woche dauern würde.“ Dieses Vorhaben gelang den beiden zwar nie, aber mit einer Suchmaschine, die sie BackRub und später Google nannten – ein Wortspiel mit „googol“, dem mathematischen Fachbegriff für eine 1 gefolgt von 100 Nullen – machten sie 1997 erstmals auf sich aufmerksam. 1998 gründeten sie schließlich ihr Unternehmen, das heute neben Apple zum wertvollsten Unternehmen der Welt zählt. „Man muss versuchen Dinge zu tun, die die meisten Menschen nicht tun würden“, sagt Page.

Larry Page (li.) und Sergey Brin (re.) im Interview

Der Dominator

Seit Jahren schon ist Google Quasi-Monopolist bei der Internet-Suche – zwei von drei Internetnutzern verwendet Google – global betrachtet (Baidu 11,2 Prozent, Bing 10,3 Prozent) . In Österreich beträgt Googles Marktanteil sogar 93 Prozent, sechs von zehn haben noch nie eine andere Suchmaschine als Google verwendet.

Der Konzern aus dem kalifornischen Mountain View dominiert aber nicht nur die Suche, sondern auch die mobile Welt - das von Google entwickelte mobile Betriebssystem Android ist auf 84,4 Prozent aller Smartphones zu Hause. Die Video-Plattform YouTube – 2006 um 1,65 Milliarden Dollar gekauft – wird monatlich von einer Milliarde Internet-Nutzern besucht. Das Webmail-Service Gmail, verfügbar in 72 Sprachen, verwenden mehr als 500 Millionen Menschen weltweit. Im Hintergrund der Google-Services arbeitet das System, das Milliarden in die Google-Kassen spült – das Online-Werbemaschinerie Adwords – Werbeeinschaltungen, die wir zu sehen bekommen und auf die wir klicken, wenn wir suchen, mailen oder auf Youtube Videos schauen. 60 Milliarden Dollar Jahresumsatz erwirtschaftet Google pro Jahr, satte 13 Milliarden beträgt der Nettogewinn.

Ist die Welt eine Google?

Doch Google will mehr. Die Welt dominieren, sagen die Kritiker, wie Matthias Döpfner, Vorstandsvorsitzender der Axel Springer SE., der befürchtet: „Bald gehören wir alle Google“. EU-Kommissar Günther Oettinger meinte diese Woche: „Wir brauchen faire Wettbewerbsbedingungen, eine Plattform muss neutral sein.“ Google sei das nicht. Erst im November vergangenen Jahres forderte die Mehrheit der EU-Parlamentarier die Zerschlagung des Konzerns, sie plädierten dafür, Suchmaschinen von anderen „kommerziellen Dienstleistungen“ zu entflechten.

Google wurde zwar nicht direkt angesprochen, war aber eindeutig damit gemeint. „Google ist ein innovationsstarkes Unternehmen. Niemand wird gezwungen, ein Google-Produkt zu nutzen“, sagt der Wiener Rechtswissenschafter Nikolaus Forgo. Leiter des Instituts für Rechtsinformatik an der Universität Hannover. „Europas Antwort auf die Marktbeherrschung müssen Innovationen und aufgeklärte Nutzer sein, nicht utopische kartellrechtliche Brachialinstrumente.“ In Europa dauere die Anpassung an neue technologische Verhältnisse unglaublich lange. „Der Ruf nach Zerschlagung und Kartellgericht wird die hausgemachte Innovations- und Entscheidungsschwäche Europas nicht lösen.“

Vorbild Google

Google ist innovativ. Denn Google konzentriert sich schon längst nicht mehr nur auf die Suche. Die funktioniert so und so. Google denkt an die Zukunft. An die eigene genauso wie an die der Menschheit. Und hier kommen völlig neue Bereiche ins Spiel, der neueste Coup – Google geht ins All.
Diese Woche hat sich Google mit einer Milliarde Dollar an SpaceX beteiligt, dem Raumfahrtunternehmen des Tesla-Gründers Elon Musk. Ziel: Google will mittelfristig vom All aus den ganzen Globus mit Internet und folglich seinen Diensten versorgen und 700 geostationäre Satelliten ins All schießen.

Die SpaceX-Beteiligung war eine logische Entscheidung, denn seit beinahe zwei Jahren versucht Google Web auch in entlegene Gebiete und Entwicklungsländer zu bringen. 2013 wurde das Projekt Loon gestartet, bei dem solarbetriebene Heißluftballone zu fliegenden Hotspots und Internet-Knoten in Entwicklungsländern und Katastrophengebieten werden sollen. Mit Titan Aerospace hat Google im vergangenen Jahr den Hersteller solarbetriebener Drohnen gekauft, die ebenfalls dazu verwendet werden können, Drohnen in Internet-Hotspots zu verwandeln. Die solarbetriebenen Fluggeräte können bis zu fünf Jahre in der Luft bleiben.

Google Earth Live

Wenn Google Satelliten im All hat, werden sie nicht nur das Land darunter mit Internet versorgen können, sie werden vermutlich noch einige Zusatzfunktionen übernehmen – eventuell noch in Kombination mit einem Unternehmen, das Nano-Satelliten im All hat. Live-Bilder von der Erde, Google Earth Live? Das hielt 2008 der damalige Google-Earth-Chef John Hanke für möglich. Damit dies funktioniere, so Hanke damals, müssten solarbetriebene Raumfahrzeuge und Ballone um die Erde kreisen und die Videodaten zu Boden schicken. Mit all den bisherigen Zukäufen scheint ein derartiges Szenario durchaus denkbar.

Aus der Portokasse

„Die großen Firmen im Silicon Valley haben mittlerweile gute Techniken entwickelt, ein Start-up zum optimalen Zeitpunkt zu kaufen“, erklärt Richard Dasher, Direktor zweier Forschungszentren an der Stanford University School of Engineering. Google beherrscht diese Technik besonders. Seit 2001 hat der Konzern nicht weniger als 174 andere Unternehmen und Start-ups zugekauft. „Etwas zuzukaufen, ist oft günstiger, als es selbst zu entwickeln“, sagt Dasher. „Mitunter kommt es aber auch vor, dass ein Start-up gekauft wird, um einen Konkurrenten weniger zu haben oder damit eine andere Firma dieses Start-up nicht kaufen kann.“ Google erspart sich, so paradox dies auch klingt, durch diese Zukäufe Geld. 2011 beispielsweise hat Google 24 Start-ups erworben und dafür insgesamt 700 Millionen bezahlt – und das sind nicht einmal zehn Prozent des Geldes, das man in die eigene Forschung investiert.

Geheimlabor Google X

Woran Google noch so arbeitet? Man weiß es nicht genau. 2010 wurde das Geheimlabor Google X gegründet. Dort wird unter der Leitung eines der beiden Google-Gründer, Sergey Brin, an einigen bekannten und vielen unbekannten Projekten gearbeitet, mit denen die wirklichen Probleme dieser Welt gelöst werden sollen.

Was sich genau in dieser Forschungsanlage nahe dem Google-Campus im kalifornischen Mountain View befindet, wird auch nicht verraten, Journalisten ist der Zutritt untersagt. Wer dort arbeitet, unterliegt den strengsten Verschwiegenheitsverpflichtungen. Man weiß nur, dass hinter den Mauern die Flotte der selbstfahrenden Autos geparkt ist. Angeblich laufen auch Roboter frei herum, gibt es Teller, die via Web übermitteln, was man gerade isst oder Kühlschränke die mit dem Online-Supermarkt verbunden sind.

Bestätigt sind Google X-Projekte wie eben Loon, die smarte Brille Google Glassdiese Woche wurde allerdings der Verkaufsstopp verkündet. Am Projekt Wing – einem Drohnen-Zustellservice – wird hier ebenso getüftelt, wie an Windturbinen des Start-ups Makani Power (von Google 2013 gekauft) oder an smartem Essbesteck, das das Zittern von Parkinson-Kranken ausgleicht. Die smarte Kontaktlinse, die mit winzigen Sensoren die Blutzuckerwerte misst und diese Daten an eine App im Smartphone schickt wurde hier auch gebaut wie die Self-Driving Cars. Zig Tausende Kilometer haben die Entwickler bereits mit den alleinfahrenden Autos abgespult. Unfallfrei. Noch heuer soll das erste Auto auf den Markt kommen – ein rundlicher Zweisitzer, ohne Lenkrad, der mit einem Maximaltempo von 40 km/h vor allem Menschen, die nicht mehr Auto fahren können, pilotieren soll.

Mehrmals mussten die Fahrer mussten eingreifen, damit kein Unfall passiert

Google will ins Auto

Google wird zu keinem Autobauer. Das ist klar. Aber Google will in jedes Auto, bzw. in fast jedes, denn Audi, der Volkswagenkonzern, Daimler oder auch Toyota haben selbst schon alleinfahrende Autos in Entwicklung und ihre Lösungen präsentiert – zuletzt auf der CES. Doch das Google Self-Driving-Car wird eine Art Auto-Betriebssystem, das Hersteller in ihre Fahrzeuge einbauen können und mit dem ihre Autos smart werden. Google wird hier mit seinen Diensten – von Maps über Navigation bis Search Voice – andocken können. Den Passagier, der ein Smartphone besitzt und Google-Services benutzt, kennt der Internet-Gigant ohnehin. Google hat damit dann auch die Straßen erobert und kann mit Live-Videobildern aus dem All auch ein Live-Verkehrsservice anbieten.

Misserfolge & Scheitern

Aber selbst ein Gigant bleibt nicht vor Misserfolgen verschont. Um es erst gar nicht wie einen Misserfolg aussehen zu lassen, prangt bei neuen Google-Produkten immer das Wort „beta“ neben dem Logo des Dienstes. Wird das Service ein Erfolg, verschwindet das „beta“ über kurz oder lang. Oder nicht.
So war es bei Google Wave – ein System, das die Zusammenarbeit und Kommunikation verbessern sollte. 2009 vorgestellt, wurde ein Jahr später die Entwicklung eingestellt und 2012 wurde Wave abgeschaltet. Google Health, eine Plattform, auf der – ähnlich der heimischen ELGA – amerikanische Internet-Nutzer ihre Gesundheitsdaten speichern konnten. Google Health wurde 2008 gestartet und Ende 2011 eingestellt. Ein ähnliches Schicksal könnte auch dem sozialen Netzwerk Google+ drohen. Aber da Google eine Kultur des Scheiterns beherrscht, wird der Konzern durch Niederlagen nicht geschwächt, sondern lernt aus seinen Fehlern. Eine Eigenschaft, die man in Europa kaum findet.

"Wir verschenken ständig unsere Daten", findet KURIER-Chefredakteur Helmut Brandstätter in seinem Leitartikel und sieht die Menschheit bereits in einer digitalen Knechtschaft.

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