Hauptdarsteller Michael Glantschnig in Homophobia
Hauptdarsteller Michael Glantschnig in Homophobia
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Crowd Funding

Homophobia: Netz-Erfolg für Film aus Österreich

„Das Projekt ist größer und toller geworden, als ich es mir jemals vorstellen konnte“, sagte der sichtlich bewegte Jungregisseur vergangenen Freitag bei der Filmpremiere vor über 600 Leuten im Wiener Gartenbaukino. Der mithilfe einer internationalen Crowd-Funding-Kampagne übers Internet finanzierte Film will ein Zeichen gegen Homophobie setzen und adressiert gleichzeitig Themen wie Selbstakzeptanz und Zivilcourage. Als Spielort der Geschichte dient das Bundesheer, in dem sich der Hauptprotagonist seinen Gefühlen stellen muss. Gedreht wurde mit Jungschauspielern aus Österreich.

Crowd Funding
Die Idee, es einmal mit Crowd Funding zu probieren, ist Schmidinger während dem Drehbuch-Schreiben gekommen. „Das klappt natürlich nicht mit jedem Filmprojekt. Umso konzentrierter und fokussierter das Thema, desto einfacher ist es auch, ein Publikum zu finden“, meint Schmidinger im Gespräch mit  der futurezone. „Ein Thema wie Homophobie ist sehr stark emotional besetzt. Das hat sicher dazu beigetragen, dass wir auf die angepeilte Summe gekommen sind“, so Schmidinger.

Den Erfolg der Crowd-Funding-Aktion im vergangenen Jahr – über die Plattform Indiegogo kamen innerhalb von nur 69 Tagen 10.100 US-Dollar zusammen – hatte Schmidinger dennoch nicht vorhergesehen. Ursprünglich waren 6000 Dollar als erklärtes Ziel angegeben. Mit dem Erfolg stieg aber auch das Verantwortungsbewusstsein. Alle Spender wurden per Newsletter auf dem Laufen gehalten. Diejenigen, die über 50 Dollar spendeten, konnten über eine geschlossene Facebook-Gruppe dezidiert Feedback zu Casting und Produktion abgeben.

Positive Erfahrung
„Anfangs ist das irgendwie auch eine beängstigende Vorstellung, dass man durch die Mitsprache der Beteiligten die Kontrolle über sein Werk verlieren könnte“, gibt Schmidinger im futurezone-Interview zu. „Die Erfahrung war aber in jedem Fall positiv. Durch die Einbindung der Leute erhält man ein Testpublikum und eine Außensicht, die wiederum hilft, das Projekt zu kalibrieren und gewisse Dinge zu optimieren“, so Schmidinger.

Neben dem Casting-Prozess, der auf eine starke Anteilnahme der Community stieß und schließlich den Regisseur in seiner ursprünglichen Wahl der Schauspieler bestärkte, war die „Crowd“ auch maßgeblich für die Änderung des Filmplakats verantwortlich. Beim nicht unumstrittenen Filmtitel „Homophobia“ hingegen hielt der Regisseur an seiner Wahl fest und auch die Entscheidung, das im Drehbuch vorgesehene und abgefilmte plakativere Happy End im Film wegzulassen, traf Schmidinger mithilfe des Produktionsteams auf eigene Verantwortung.

Diskussion um düsteres Ende
Dass das nun etwas abrupte und düsterere Ende gerade von jenen als Störfaktor empfunden wird, die von Anfang an über das Netz in das Projekt involviert waren, verwundert Schmidinger nicht. „Am Ende war dieser Irritationsmoment eine bewusste künstlerische Entscheidung. Denn auch wenn der Film von Selbstakzeptanz handelt und der Protagonist diesbezüglich einen ersten Schritt macht, heißt es ja nicht, dass damit sofort alles gut ist“, erklärt Schmidinger.

Neben der Online-Version, die mit englischen Untertiteln auf Vimeo und YouTube abrufbar ist, werden die Homophobia-Macher den Kurzfilm auch offline und online bei Filmfestivals einreichen. Des Weiteren soll der Film auch in Schulen gezeigt werden, um die Themen Homophobie und Selbstakzeptanz auch dort mithilfe des Films besser diskutieren zu können. „Gerade auch deswegen kam ein kitschiges Film-Happy-End für mich nicht in Frage, denn im realen Leben läuft es nun einmal nicht so ab. Ich denke und hoffe aber dennoch, dass die positive Note am Filmende durchkommt“, so Schmidinger.

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Links:
Project Homophobia

Homophobia auf YouTube
(in Deutschland wegen GEMA-Einspruch derzeit nicht abrufbar)

Homophobia auf Vimeo

International Day Against Homophobia

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Martin Jan Stepanek

martinjan

Technologieverliebt. Wissenschaftsverliebt. Alte-Musik-Sänger im Vienna Vocal Consort. Mag gute Serien. Und Wien.

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Martin Jan Stepanek

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