Symbolbild Schuppentier
Wie auf TikTok Fleisch von gefährdeten Tieren gehandelt wird
30.000 lebende Wildtiere wurden vor kurzem im Rahmen der “Operation Thunder 2025” von Interpol beschlagnahmt. Es handelt sich bei der Anzahl an beschlagnahmten Tieren um einen Rekord, der vor allem auf den Handel mit “exotischen Haustieren” zurückzuführen ist.
Die “Operation Thunder 2025” deckte aber vor allem auch einen “eskalierenden Handel” mit Buschfleisch auf. Weltweit wurden im Rahmen der Operation 5,8 Tonnen Wildtierfleisch beschlagnahmt. Vor allem der Handel zwischen Afrika und Europa habe deutlich zugenommen, so die internationale Strafverfolgungsbehörde.
Einen Beitrag dazu leisten auch Soziale Medien, wie TikTok oder Facebook. Ein internationales Forscherteam hat die Rolle von TikTok im illegalen Handel mit Wildtierfleisch in Lomé in Togo, untersucht. Die Studie wurde in Nature Conservation veröffentlicht.
➤ Mehr lesen: Von Eichhörnchen bis Pinguin: 5 KI-Tools, die Tieren helfen
Eine Übersicht über beschlagnahmte Tiere
© Interpol
Beschlagnahmtes Kudu-Fleisch
© Interpol
Die Bedeutung der Sozialen Medien
Soziale Medien verbinden Händler mit Konsumenten und bieten Bequemlichkeit und Anonymität, die es auf klassischen Wildtiermärkten nicht gibt. Obwohl TikTok, wie viele andere Social Media Plattformen, im Jahr 2021 einer Koalition beigetreten ist, die den illegalen Wildtierhandel eindämmen soll.
Trotz dieser Maßnahmen wird auch heute über TikTok weiterhin mit geschützten Wildtieren oder deren Fleisch gehandelt. Das zeigt die Studie des internationalen Forscherteams, die im August 2025 veröffentlicht wurde. Die Forschenden haben dafür 80 TikTok Videos von 2 öffentlichen TikTok-Accounts analysiert, die Wildtierfleischhändlern zuzuordnen sind. Unter anderem wollten sie wissen, wie viel Fleisch von geschützten Arten in den Videos angeboten wurde.
➤ Mehr lesen: Dank KI könnten wir bald unsere Hunde und Katzen verstehen
Screenshots von dem in den TikTok-Videos gezeigten Wildtieren
© Assou D, Elwin A, Megson D, Ping X, Zeng Y, Ketoh GKK, Luiselli L, Zhu J, Segniagbeto GH, D'Cruze N (2025) Viral threats: the role of TikTok in facilitating trade in CITES-listed species in Lomé, Togo. Nature Conservation 59: 179-206. https://doi.org/10.3
Auch geschützte Arten wurden angeboten
In den Videos, die zwischen November 2022 und April 2024 hochgeladen wurden, wurden schätzungsweise 3.526 Individuen und 27 verschiedene Arten identifiziert. Beispielsweise wurden laut der IUCN (Weltnaturschutzbehörde) “stark gefährdete” Weißbauch-Schuppentier oder “gefährdete” Kob-Antilopen angeboten.
Von allen angebotenen Arten wurden 11 Prozent als gefährdet oder potenziell gefährdet eingestuft. Die Videos wurden jeweils zwischen 660 und 216.000 Mal angesehen. Laut den Forschenden ist diese hohe Sichtbarkeit ein Problem, da sie die Nachfrage ankurbeln und den Handel fördern kann. 50 Prozent der Videos wurden über 10.000 Mal angesehen
Insgesamt bekamen die Beiträge fast 53.000 Likes, was auf eine “moderate Unterstützung” hinweist. Laut den Forschenden waren unterstützende Kommentare häufiger als neutrale oder negative. Den meisten Menschen sei nicht bewusst, dass sie durch das Teilen und Interagieren mit Beiträgen vom passiven Konsumenten zum aktiven Förderer des illegalen Wildtierhandels werden, da so die Sichtbarkeit der Videos erhöht wird.
➤ Mehr lesen: Citizen Science: So wirst du zum Freizeit-Forscher
EN = vom Aussterben bedroht, VU = gefährdet, NT = potenziell gefährdet, LC = nicht gefährdet, DD = unzureichende Datenlage.
© Assou D, Elwin A, Megson D, Ping X, Zeng Y, Ketoh GKK, Luiselli L, Zhu J, Segniagbeto GH, D'Cruze N (2025) Viral threats: the role of TikTok in facilitating trade in CITES-listed species in Lomé, Togo. Nature Conservation 59: 179-206. https://doi.org/10.
Fleisch als Proteinquelle
Seit Jahrtausenden werden Wildtiere von Menschen genutzt. Vor allem in Ländern West- und Zentralafrikas dient Fleisch von Wildtieren auch heute noch als wichtige Proteinquelle und hat eine hohe kulturelle Bedeutung. Durch die Globalisierung oder das Bevölkerungswachstum seien viele Praktiken, die einst nachhaltig waren, aber zu einer wachsenden Gefahr für verschiedene Tierarten geworden.
Laut den Forschern geht es daher oft nicht mehr nur um die Selbstversorgung oder den kleinräumigen Handel in ländlichen Gegenden, auf den vor allem viele Frauen angewiesen sind. Stattdessen nimmt der Handel mit Wildtieren zu, weil die Nachfrage nach Fleisch von Wildtieren in städtischen Gebieten, wie in Togos Hauptstadt Lomè, steigt.
Da dort Alternativen zu Fleisch von geschützten Arten zur Verfügung stehen, zeige sich, dass der Verzehr nicht nur durch Notwendigkeit bestimmt werde. In Städten gelte das Fleisch von Wildtieren zunehmend als Luxusnahrungsmittel mit entsprechenden Preisen.
Der Preis je nach Tierart
© Assou D, Elwin A, Megson D, Ping X, Zeng Y, Ketoh GKK, Luiselli L, Zhu J, Segniagbeto GH, D'Cruze N (2025) Viral threats: the role of TikTok in facilitating trade in CITES-listed species in Lomé, Togo. Nature Conservation 59: 179-206. https://doi.org/10.
Einschränkungen der Studie
Die Forschenden geben zu bedenken, dass es sich bei dieser Studie um eine Art Stichprobe bzw. um “die Spitze des Eisbergs” handle. Auch die Identifikation der Arten könnte durch das Räuchern der Tiere eingeschränkt gewesen sein. Dennoch verdeutliche sie, dass es sich bei Plattformen wie TikTok noch immer um “riesige oft unregulierte Marktplätze” handle.
Wie Fälle auf anderen Plattformen zeigen, handelt es sich dabei aber nicht um Einzelfälle. Laut Guardian nutzen immer mehr Wildtierhändler Facebook, um gefährdete Tiere zum Verkauf anzubieten. Ein im Oktober 2024 veröffentlichter Bericht der Global Initiative Against Transnational and Organized Crime, zeigt, dass allein in Brasilien und Südafrika 477 Anzeigen für 18 geschützte Arten in einem Zeitraum von 3 Monaten geschaltet wurden. 78 Prozent davon entfielen auf soziale Medien.
Laut den Forschenden deutet diese offene Werbung auf TikTok für den Handel mit geschützten Arten auf die schwache Durchsetzung internationaler Rechtsvorschriften hin. Sie deutet aber auch darauf hin, dass Plattformen wie TikTok ihre eigenen Richtlinien nicht streng genug umsetzen.
Der Wildtierhandel als Verbrechen
Ein Problem ist der Handel mit Wildtierfleisch zum Beispiel, wenn es sich dabei um geschützte Arten handelt. Das Weißbauch-Schuppentier findet sich beispielsweise auch in einem Anhang des CITES-Abkommens, wodurch die Art international geschützt ist.
Hinter diesem illegalen Handel mit Wildtieren verbirgt sich eine milliardenschwere Industrie. Laut UN (Vereinten Nationen) handelt es sich dabei um das viertlukrativste Geschäft weltweit. Pro Jahr wird ein Umsatz von 20 Milliarden US-Dollar durch den Handel mit geschützten Arten erzielt, so eine Schätzung der UN.
Die Umsätze dieser Form der Umweltkriminalität nehmen laut Interpol jedes Jahr um 5 bis 7 Prozent zu. Allgemein werde der illegale Handel mit Wildtieren oft von Gangs durchgeführt, die auch in andere Verbrechen, wie Drogenschmuggel oder Menschenhandel, involviert sind. Das zeigt eine ebenfalls vor kurzem erschienene Studie.
Auswirkungen für Menschen
“Umweltkriminalität hat verheerende Auswirkungen auf das Klima, die Artenvielfalt, lokale Lebensräume und die Gemeinschaften, die von ihnen abhängig sind”, heißt es von Interpol. Denn je mehr Wildtiere für einen großflächigen Handel gejagt werden, desto schwieriger ist es für jene, die von dieser Nahrungsgrundlage abhängig sind, betonen auch die Vereinten Nationen.
Laut den Forschenden hat die Jagd auf Wildtiere, deren Fleisch für den Handel und den Verzehr genutzt wird, zu einem deutlichen Rückgang verschiedener Wildtierpopulationen geführt. Davon sind auch einige vom Aussterben bedrohte Arten betroffen, was auch ein Problem für Menschen darstellt.
Denn die Arten, auch wenn sie noch so klein sind, spielen eine wichtige Rolle für uns. Von Interpol heißt es dazu: “Ihre Entfernung aus ihrem natürlichen Lebensraum birgt die Gefahr, dass Nahrungsketten destabilisiert und invasive Arten und Krankheiten eingeschleppt werden.” Mit dem Handel von Wildtieren und ihrem Fleisch geht also auch das Risiko für Zoonosen, also Infektionskrankheiten, die zwischen Tieren und Menschen übertragen werden, einher.
Kommentare