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Jubiläum

iPod: Zehn Jahre Musikrevolution

Dabei hat Apple 2001 nicht mehr und nicht weniger als den Musik-Player neu erfunden. Und sich so nebenbei selbst gerettet. Aus einem Unternehmen, das ums Überleben kämpfte (195 Mio. US-$ Verlust im Jahr 2000), wurde flugs der tonangebende Entwickler von mobilen Geräten: erster Akt, der Musikplayer.

Bis zur Ära iPod waren Musikplayer entweder zu groß und unhandlich; oder klein, aber dafür relativ nutzlos mit aus heutiger Sicht lachhaften 64 MB Speicherkapazität. Seit 1995 waren die kleinen mp3-Player auf dem Markt. Dabei wurde zur Jahrtausendwende Musik nur noch in Gigabyte-Dimensionen gehandelt, oder besser gesagt, „getauscht“. Napster, die erste weltweit populäre Musiktauschbörse, hatte im Februar 2001 über 27 Millionen Nutzer. Die digitale Musikrevolution war voll im Laufen, während die Musikverlage den Entwicklungen atemlos hinterherhinkten.

iTunes als wichtiges Werkzeug
Auf dem Höhepunkt dieser Entwicklung präsentierte Apple im Jänner 2001 iTunes. Das Musikverwaltungsprogramm war die Weiterentwicklung einer zugekauften Software, dem populären Musik-Player Soundjam. Mit ihm sollte der explodierende Datenwust bewältigbar bleiben. Steve Jobs erklärte das so: „Apple hat das getan, was Apple am besten kann: aus komplexen Anwendungen einfache zu machen.“

Nur konsequent, dass der ultimative Player für einen sich fundamental verändernden Musikmarkt folgen sollte. „Go for it!“, soll Steve Jobs im Februar 2001 zu Jon Rubinstein, einem seiner Chefentwickler, gesagt haben, als der ihm eine nur 1,8 Zoll messende Festplatte zeigte. Diese hatte er von einem Besuch bei Toshiba, ihrem japanischen Festplatten-Lieferanten, mitgenommen. Bei Toshiba hatte man keine Ahnung, was man mit dem kleinen Ding anstellen sollte. Für Jobs war es die Initialzündung. Noch vor dem Weihnachtsgeschäft sollte der Player aus dem Hause Apple auf den Markt kommen, so die Vorgabe.

Auf der Suche nach dem Namen
Eine Festplatte im Gigabyte-Speicherbereich statt eines kleinen Flashspeichers, ein völlig neues Design und eine völlig neue Handhabe in punkto Einfachheit und Geschwindigkeit (das Sroll-Wheel), das sollten Apples Assets werden. Fehlte nur noch der Name.

Dafür war Viennie Chieco zuständig. Als er den Prototypen des iPods zu Gesicht bekam, hatte der Apple-Entwickler sofort Stanley Kubricks Science-Fiction-Film „2001 – Odysee im Weltraum“ im Kopf: In einer gespenstischen Szene begehrt Raumfahrer Dave Bowman – in einem kleinen Raumschiff, einem pod, sitzend – Einlass in sein Mutterschiff. Der Bordcomputer HAL aber weigert sich, die Schleuse zu öffnen.

Für Chieco war die Arbeit in dem Moment praktisch schon erledigt. Der pod, das kleine Gefäß, die Hülle, das Schiff, das mit seinem Eigentümer und einer Ladung voller Musik auf Reisen geht, sollte als iPod seinen Siegeszug um die Welt antreten. Und das Musikschifflein sollte immer wieder brav zurückkehren in seinen Apple-Hafen, den iMac, der zuhause im Büro oder im Wohnzimmer steht, und mit iTunes gleich das passende Verwaltungsprogramm für die ständig wachsende Musikbibliothek parat hat.

Apple kommt, Sony geht
Innerhalb von nur acht Monaten hatte Apple aus zugekauftem Know-how, der ständig kleiner werdenden Speichertechnologie und einer zündenden Idee den mobilen Musikmarkt revolutioniert. Mit schmacken fünf Gigabyte Speicherkapazität startete der erste iPod. Der grobklotzige und erschütterungsanfällige Discman, die brustschwachen mp3-Player und der noch antiquiertere Walkman mit Kassettendeck sahen plötzlich sehr alt aus. Und Konkurrent Sony ebenso: Dabei hatte das japanische Unternehmen mit dem Walkman über zwanzig Jahre den Markt dominiert (2010 wurde die Produktion des Walkman-Kassettenspielers endgültig eingestellt). Apple hatte die „erste Ikone des 21. Jahrhunderts“ erschaffen, konstatierte der britische Guardian. Apple war wieder obenauf.

Heute, zehn Jahre und 300 Millionen verkaufte iPods später, ist der Superstar am IT-Himmel schon wieder am Verglühen. Seit 2009 gehen die Verkaufszahlen stetig zurück. Kaum ein Smartphone kommt heute ohne Musikplayer auf den Markt, und selbst Apples iPhone hat einen vollwertigen iPod-Player an Bord. Konkurrent Microsoft hat Anfang Oktober bekannt gegeben, die Produktion ihres Musikplayers Zune nach fünf erfolglosen Jahren einzustellen. Künftig soll Musik-Hardware nur mehr mit dem Windows-Smartphone verkauft werden.

Smartphone kommt, iPod geht
„Der iPod wird in anderen Geräten verschwinden,“ prophezeit auch Walter Gröbchen, Musikverleger und IT-Journalist, „er lässt sich auch schlicht nicht mehr verbessern.“ Bei der Präsentation des neuen iPhone 4S Anfang Oktober gab man sich in punkto iPod auch entsprechend schmähstad: Der iPod classic steht Medienberichten zufolge vor dem Aus. Der iPod selbst soll zum Fitnesszubehör werden, oder – mit Uhr und Band ausgestattet – zur Armbanduhr mit Musik. Innovation sieht anders aus.

„Was vom iPod bleibt, wird letztlich vom Endverbraucher abhängen“, sagt Musikverleger Gröbchen, „es bleibt aber eher symbolhaft, genau so wie die GPS-Geräte, die mehr und mehr in den Smartphones aufgehen.“

Apple kann den Bedeutungsverlust bei den Musikplayern gut verkraften. Mit iPhone (2007) und iPad (2010) haben sie die Konkurrenz erneut vor sich hergetrieben. Bei fantastischen sieben Milliarden US-Dollar (5 Mrd. Euro) liegt der Quartalsgewinn zur Zeit. Auch, weil Apple ihre geliebten Lifestyle-Geräte unter oft unmenschlichen Bedingungen in China produzieren lässt.

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