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ONLINE-MUSIK

Napster: Musikstreaming als Strategie

Napster war eine beliebte Musiktauschbörse, die 1998 von Shawn Fanning gegründet und programmiert wurde. Damit ließen sich MP3-Musikdateien mit anderen Nutzern über Peer-to-Peer (P2P) austauschen. Im Juli 2001 wurde das Portal nach rechtlichen Schwierigkeiten geschlossen. Danach wurde die Marke Napster mehrfach herumgereicht: Von der Private Media Group zu Roxio, Bis sie schließlich im September 2008 vom US-Elektronik-Händler Best Buy für 121 Millionen US-Dollar übernommen wurde.

Der Name und das Firmenlogo stammen noch von der Original-Musiktauschbörse, der Rest ist neu: Seither wird ein zahlungspflichtiger Online-Musikdienst mit Abonnements und DRM-geschützten Musikinhalten betrieben. Mit einer Musik-Flatrate um 9,95 Euro pro Monat können Kunden in Deutschland den Service nutzen.

Der Vizepräsident von Napster in Europa, Thorsten Schliesche, erzählt im Gespräch mit der FUTUREZONE, wie sich Napster von der Konkurrenz abheben will und warum der Dienst in Österreich noch nicht verfügbar ist.

FUTUREZONE: Den kostenpflichtigen Online-Dienst Napster gibt es in Europa bisher nur in Deutschland und Großbritannien. Wann startet der Dienst in Österreich?

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Schliesche: Österreich ist für uns ein sehr interessanter Markt, den wir genau beobachten. Kurz- oder mittelfristig werden wir unseren Dienst auch hier starten. Allerdings müssen wir uns in jedem Land um separate Vereinbarungen mit Labels und Verwertungsgesellschaften bemühen - und das ist schwierig.

FUTUREZONE: Das heißt, Sie müssen in Österreich mit der AKM verhandeln. Was ist das Schwierige dabei?

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Schliesche: Unser Geschäftsmodell basiert auf Abonnements, das heißt der Nutzer zahlt eine Flatrate und darf so viele Stücke, wie er möchte, über Napster anhören. Für einzelne Lieder gibt es mittlerweile weltweit relativ einheitliche Tarife. Man zahlt etwa zwischen sieben und elf Cent an Abgaben an die Verwertungsgesellschaften pro Titel. Im Abonnement-Bereich sind die Unterschiede allerdings noch recht groß. Manchen Verwertungsgesellschaften reicht eine Beteiligung am Umsatz, andere verlangen ein Minimum an Gebühren. Das ist bisher nicht vereinheitlicht.

Die Mindestabgabe pro abgespieltem Lied würde Napster teilweise mehr Geld kosten, als wir einnehmen können. Unser Ziel ist es aber, zumindest keinen Verlust mit unserem Angebot zu machen.

FUTUREZONE: Wieviele Titel werden denn von Kunden des Abomodells im Durchschnitt abgespielt?

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Schliesche: Untersuchungen zeigen, dass der Wert etwa bei 100 bis 200 Titel pro Monat liegt. Napster liegt hier genau in dem Rahmen.

FUTUREZONE: In den USA wird bei Napster jetzt gänzlich auf Musik-Streaming gesetzt, in Deutschland kann man auch MP3s kaufen und runterladen. Warum gibt es hier eine Unterscheidung?

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Schliesche: Richtig, in Deutschland gibt es derzeit noch ein Mischmodell. Es lassen sich Dateien temporär runterladen, die sind aber DRM-geschützt. Die Lizenz verlängert sich automatisch, wenn man die Abo-Gebühr auch im nächsten Monat bezahlt hat. Das wird aber umgestellt, künftig wollen wir nur noch auf Streaming setzen.

FUTUREZONE: Sie glauben also, das Streaming die Zukunft von Musik sein wird?

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Schliesche: Es deutet im Moment alles darauf hin. Es wird auch von unseren Nutzern vehement eingefordert. Bei der heutigen technischen Entwicklung ist es, wie als würde man die Titel tatsächlich besitzen. Wir integrieren unseren Streaming-Service auch in Home Entertainment-Systeme wie etwa bei den Philips Playern NP2500 und NP2900 der Streamium-Serie ein. Es werden auch Kooperationen mit TV-Anbietern folgen, sodass man über internetfähige TV-Geräte auf unsere Dienste zugreifen kann.

FUTUREZONE: Wie sieht es mit mobilen Apps aus?

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Schliesche: Mobile Apps gibt es im Moment nur in den USA fürs iPhone, iPod touch und das iPad. Im Frühjahr nächsten Jahres werden sie aber auch nach Europa kommen.

FUTUREZONE: Beim Musikstreaming wird allerdings mehr Traffic verursacht, als wenn Kunden einen Song einmal runterladen. Spielt Traffic heutzutage tatsächlich keine Rolle mehr?

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Schliesche: Was den PC betrifft, spiel Traffic tatsächlich keine Rolle mehr. Im mobilen Segment ist es allerdings noch ein Kostenfaktor. Es gibt hier aber Funktionalitäten, bei denen die Titel am Endgerät zwischengespeichert werden, sodass man die Stücke auch offline abrufen kann. Napster-Kunden können bis zu 500 Titel am Gerät zwischenspeichern, das kann auch über WLAN geschehen.

FUTUREZONE: Der Konkurrent Spotify bietet eine ähnliche Funktion an. Was unterscheidet Napster von der Konkurrenz?

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Schliesche: Grundsätzlich unterscheiden sich Streaming-Services von der Angebot-Seite nicht mehr besonders, auch die Preismodelle sind sehr ähnlich. Wir versuchen aber dennoch, uns mit einer Vielfalt der Inhalte abzuheben. In Deutschland haben wir etwa auch viele Hörbücher integriert, die von unseren Kunden sehr geschätzt werden. Es sind aber insgesamt betrachtet eher kleinere Unterscheidungen.

FUTUREZONE: Gibt es in Europa zwischen dem englischen und deutschen Markt große Unterschiede?

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Schliesche: In England gibt es mit Spotify einen starken Mitbewerber. Durch die ständige Medienberichterstattung ist aber auch das Bewusstsein für Abomodelle und Musikflatrates sehr hoch. Bisher sind wir auf beiden Märkten mit der Entwicklung sehr zufrieden.

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(Barbara Wimmer)

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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