Der Palantir-CEO Alexander Karp beim Darwin's Circle 2017 in Wien.
Der Palantir-CEO Alexander Karp beim Darwin's Circle 2017 in Wien.
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Darwin's Circle

Palantir-Chef spricht sich für mehr staatliche Kontrolle aus

„Es ist nicht die stärkste Spezies, die überlebt und auch nicht die intelligenteste, sondern diejenige, die am ehesten bereit ist, sich zu verändern.“ Mit diesem Zitat von Charles Darwin startete am Donnerstag die Fachkonferenz Darwin’s Circle in Wien. Die Veranstaltung widmet sich der digitalen Zukunft Österreichs. Das Highlight stellte eine Diskussion mit Bundeskanzler Christian Kern und dem Palantir-CEO Alexander Karp über Ethik und Verantwortung in der digitalen Gesellschaft dar.

Digitaler Wandel

„Das Ziel des digitalen Wandels muss es sein, für den Durchschnitt der Bevölkerung eine bessere oder zumindest gleichbleibend gute Zukunft zu schaffen“, so Karp. Er sieht die Lösung darin, dass die Regierung die traditionelle Wirtschaft („Old Economy“) unterstützen und die richtigen Rahmenbedingungen für die digitale Evolution schaffen soll. Das gehe aber nur dann gut, wenn der Staat seinen Rang als oberste Entscheidungs- und Regulierungsinstanz behält und diese Verantwortung nicht an Unternehmen abgibt. „Ich sollte nicht entscheiden können, ob die ganze Menschheit mit Palantir leben muss“, schlussfolgert Karp.

Damit kritisiert er die großen Tech-Konzerne im Silicon Valley, wo niemand an die moralische Entscheidungsgewalt des Staates glauben will. Außerdem würde immerzu davon gesprochen, dass die digitale Wirtschaft gut für alle sei. Problematisch daran sei jedoch, dass das Geld nur zu den großen Konzernen im Valley fließe: „Die erste Etappe der Digitalisierung ist für Europa schlecht ausgegangen, jetzt kann man es aber besser machen.“ Die Zeit sei reif, man müsse jetzt daran arbeiten, andernfalls könne es bald zu spät sein, mahnt der amerikanische Unternehmer.

Die Digitalkonferenz Darwin's Circle findet bereits zum zweiten Mal in Wien statt

Chancen ergreifen

Auch Kern betonte, man dürfe die sich jetzt bietenden Chancen nicht verpassen. Gerade in Österreich nähmen viele Menschen die Digitalisierung als nahende Bedrohung wahr und man sei darin erprobt vorhandene Pluspunkte schlechtzureden. Jetzt sei man noch in einer Übergangsphase, aber „die Entwicklungen werden eines Tages mit einer Wucht daherkommen, die wir uns heute möglicherweise nicht vorstellen können“, so Kern.

Auf die Frage, wie man diese Entwicklungen als positiv oder negativ bewerte könne, antwortete Karp mit einem Beispiel. So sei künstliche Intelligenz von sich aus nicht gut und nicht schlecht, erst die Folgen könne man zur Bewertung heranziehen. Wenn beispielsweise dadurch in Zukunft keine Arbeitsplätze mehr geschaffen werden, so sei das natürlich schlecht. Angst vor einer Ablöse de Menschen durch Maschinen hat er aber nicht und sagt: „Ein Kopf mit Computer ist besser als ein Computer alleine“.

Überraschender Auftritt

Palantir ist ein US-amerikanisches Big-Data-Unternehmen, das in der Vergangenheit kritisiert wurde, weil es mit den US-amerikanischen Geheimdiensten zusammenarbeitet. Die Firma und ihr Chef gelten aufgrund ihrer umstrittenen Geschäftstätigkeit als zurückhaltend in der Öffentlichkeit und im Umgang mit Medien. Karps Auftritt in Wien war der erste im deutschsprachigen Raum.

Auf die Frage, wieso er so wenige Interviews gebe, zeigte sich Karp humorvoll: Einerseits sei er schüchtern, andererseits müsse er einfach nicht, weil das Geschäft einigermaßen laufe, so der Mitgründer des 20-Milliarden-Dollar-Unternehmens.

Europa im Vergleich

Im Vergleich zu den USA seien die Vorstellungen von Datenschutz in Europa konträr, so Karp. Hierzulande wolle man alle Daten löschen, während in den USA nach einer Speicherung verlangt werde. Dabei thematisierte er den erfolgreichen Kampf gegen den Terrorismus in Europa und meinte: „Es ist schade, dass die Menschen nicht wissen, wie viele Terroranschläge vereitelt werden“. Seiner Meinung nach müssen die Menschen Vertrauen in die gute Arbeit des Staates haben können, die nur durch ein Zusammenspiel von Politikern, Menschen und eben Software möglich sei. Zugleich dürfe aber der Preis dafür nicht darin bestehen, die eigenen Rechte und Informationen preiszugeben.

Vielzahl an Vorträgen

Zwischen Kaiserportrait und Videowalls sprachen bei Darwin's Circle insgesamt 55 Branchen-Experten im Plenum oder in Diskussionen über die großen Themen der Zukunft, teilweise auch live gestreamt. Daneben gab es außerdem die Möglichkeit für Hintergrundgespräche mit ausgewählten Rednern.

Andere Stargäste neben Alexander Karp waren beispielsweise Terry von Bibra, der Europa-Chef von Alibaba, der einen Einblick in chinesische Vertriebsmodelle gab oder der ehemalige deutsche Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, der über die geopolitische Lage Europas und die innerdeutsche Lage nach der Wahl sprach. Deon Newman, der die Watson-Sparte von IBM leitet, Andre Stark von BMW und Dennis Morgenstern, der Leiter der Roboterauto-Sparte von Google, nahmen ebenfalls teil. Themen wie Innovationskultur, Bildung, Medien, Banking, die Stadt der Zukunft und Industrie 4.0 standen auf dem Plan.

Kritik

Die Veranstaltung im Wiener Haus der Industrie ging nicht ohne kritische Stimmen über die Bühne. Es demonstrierte eine kleine Gruppe Studierender vor dem Gebäude. Sie forderten besseren Datenschutz und stärkere Kontrolle großer Konzerne wie Palantir. Der Preis von etwa tausend Euro, sowie das Bewerbungsverfahren, das erst mit positiver Zusage einen Ticketkauf ermöglichte, wurde ebenfalls stark kritisiert.

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Sebastian Holler

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