Ein Mädchen schaut ins Smartphone.

Social Media Plattformen können Einfluss auf das eigene Körperbild und die Entwicklung von Essstörungen haben.

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Digital Life

Ideale auf Social Media: Jeder vierte Teen denkt über Schönheits-OP nach

Perfekte KI-generierte Influencer*innen. TikToker*innen, die dank Filter schöner aussehen. Oder Werbeanzeigen für Lippenaufspritzen, Permanent Make-up und Diät-Pillen. Überall in sozialen Medien werden Menschen mit Botschaften beeinflusst, die ihnen nahelegen, dass sie mehr für ihre Schönheit tun könnten.

„Die sozialen Medien werden tagtäglich von Millionen Fotos durchströmt. Fotos mit dem perfekten Zuschnitt, ohne Bauchspeck, ohne Muttermale, ohne Narben“, erklärt Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm. Für Jugendliche, deren Selbstbild noch nicht so gefestigt ist, sind diese Schönheitsideale eine besondere Belastung.

Am Montag wurde die Studie „Schönheitsideale im Internet“ präsentiert, die das Thema Jugendliche und Schönheitsideale unter die Lupe nimmt. Anlass ist der Safer Internet Day am 6. Februar 2024. Für die Studie wurden 400 Österreicher*innen im Alter von 11 bis 17 befragt. Zusätzlich diskutierten 4 Fokusgruppen mit älteren Jugendlichen (15 bis 19 Jahre) über ihren Umgang mit diesen Schönheitsidealen.

Burschen wollen auf Bildern sexy sein

„In Österreich sind 70 Prozent der Jugendlichen zwischen 11 und 17 mit ihrem Aussehen zumindest eher zufrieden. Aber trotzdem geben 51 Prozent an, dass sie gerne etwas an ihrem Aussehen ändern würden“, erklärte Matthias Jax, der Projektleiter von Saferinternet.at. 61 Prozent der befragten Jugendlichen posten Bilder von sich. Darauf wollen die Teenager schön (68 Prozent), gestylt (64 Prozent), schlank (54 Prozent) und sexy (34 Prozent) aussehen. 

Für eine Überraschung sorgen die Burschen: Ihnen ist es offenbar viel wichtiger, auf den Fotos sexy zu sein, als den Mädchen. Für 40,3 Prozent der Burschen ist das eher oder sehr wichtig. Mit 26,8 Prozent sind es bei den Mädchen viel weniger. Mehr als die Hälfte der Jugendlichen gibt an, dass sie für ihre Fotos Licht, verschiedene Posen und Aufnahmewinkel nutzen – ein kleinerer Teil davon bearbeitet Fotos und Videos zusätzlich mit Filtern

Immer wichtiger für die Selbstdarstellung werden auch digitale Avatare, wie personalisierte Emojis und selbst gestaltete Figuren in Videospielen. Auch hier gibt es Schönheitsideale: Fast ein Drittel der Jugendlichen findet, dass ein Avatar möglichst gut aussehen sollte. 61,4 Prozent der Frauen wünschen sich, dass die Avatare ihnen möglichst ähnlich schauen, bei Männern sind es 50,6 Prozent. 

Vorbilder und Schönheitsoperationen

Auf Plattformen wie Instagram oder TikTok müssen sich Jugendliche nicht nur Gedanken über das eigene Aussehen machen – die sozialen Medien laden auch zu Vergleichen mit anderen ein. 71,1 Prozent der Jugendlichen denken, dass Fotos und Videos in sozialen Netzwerken dazu führen, dass man sich mit anderen vergleicht. Wenn die Freundin mehr Likes für das gleiche Bikini-Foto kriegt, könnte das ja vielleicht ein Hinweis darauf sein, dass ihre Figur den Schönheitsidealen mehr entspricht als die eigene.

Besonders stark ist der Einfluss von sogenannten Content Creators: 74 Prozent der befragten Jugendlichen fühlen sich von Beauty- und Fitness-Influencer*innen beeinflusst. „53 Prozent haben schon einmal etwas an ihrem Aussehen geändert, weil sie es auf Social Media gesehen haben“, erklärt der Generalsekretär der Internet Service Providers Austria (ISPA), Stefan Ebenberger. „Das reicht von Haarfarben bis hin zu Kosmetik. Ganz verwirrend ist allerdings, dass 28 Prozent der Jugendlichen gesagt haben, bereits über eine Schönheitsoperation nachgedacht zu haben“, erklärt Ebensberger. Hier sei kein wesentlicher Unterschied nach Alter und Geschlecht feststellbar.

Perfekte Fake-Influencer

Besonders heikel werden solche Vergleiche, wenn die entsprechenden Vorbilder nicht echt sind: KI-generierte Influencer*innen sehen perfekt aus und lassen sich kaum von anderen Menschen unterscheiden. Plakolm will sich deshalb für eine EU-weite Kennzeichnung von KI generierten Bildern und Menschen einsetzen: „Nachdem die sozialen Medien vor unseren Grenzen keinen Halt machen, ist es mir wichtig, dass wir hier eine EU-weite Regelung zustande bringen“. Follower*innen von KI-generierten Influencer*innen sollen erfahren, dass ihre vermeintlichen Vorbilder gar keine echten Menschen sind. 

Allerdings fühlen sich österreichische Jugendliche nicht nur wegen Influencer*innen unter Druck gesetzt, sondern auch wegen gemeinen Bemerkungen im Internet: Viele Jugendliche beobachten regelmäßig, dass jemand aufgrund seines Aussehens beleidigt wird – z. B. durch verletzende Kommentare auf TikTok und Co. Vor allem Mädchen seien diesen oft ausgesetzt: 84 Prozent von ihnen berichten von entsprechenden Erlebnissen.

Was ist der richtige Umgang?

Fest steht, dass man dem Schönheitsdruck im Internet nur schwer ausweichen kann. „Vor allem ältere und weibliche Jugendliche bemerken die Beeinflussung selbst“, erklärt die Pädagogin Barbara Buchegger. „Die Jüngeren müssen das erst lernen, sie sehen das noch nicht so wirklich. Noch fehlt ihnen das Bewusstsein für diese Online-Inszenierungen“. Umso stärker stellt sich deshalb die Frage nach dem richtigen Umgang. Hier sehen die Jugendlichen vor allem das Elternhaus (56,7 Prozent) und die Schulen (46,8 Prozent) gefordert.

Aber auch die Jugendlichen selbst können einiges dazu beitragen. Die Befragten sagten, dass sie selbst nach Wegen suchen würden, wie sie besser mit dem Schönheitsdruck umgehen können. „Sie sehen auch das Miteinander: Wie könnten wir gemeinsam mit der Situation umgehen?“, erklärt Buchegger. Das könnten etwa Komplimente sein, die man sich im echten Leben macht, um den Druck etwas zu mindern. Auch das gemeinsame Lachen über Darstellungen im Internet finden die Jugendlichen wichtig. 

Sie nannten in den Fokusgruppen auch konkreten Strategien, etwa indem sie selbst einen bewussten „Reality Check“ vornehmen. Das beschrieben die Jugendlichen als „Rausgehen und schauen, wie die Leute wirklich sind“. Auch hätten sie - im Vergleich zu Vorjahresbefragungen - ein stärkeres Bewusstsein für die aufgewendete Zeit. Sie würden mittlerweile selbst Apps löschen und mehr auf die Zeit achten, die sie auf einzelnen Plattformen verbringen. „Auch das bewusste Umsehen nach anderen Inhalten ist eine wichtige Strategie für sie“, erklärt Buchegger. Etwa indem sie nur noch Influencer*innen folgen, die einem guttun. 

Unterm Strich laufe vieles auf Medienkompetenz heraus – das heißt, wie man Beeinflussung erkennen kann. Buchegger findet dabei einen spielerischen Zugang hilfreich: Jugendliche sollen sich etwa fragen, warum Algorithmen ihnen auf Instagram oder TikTok bestimmte Inhalte anzeigen: „Es geht um dieses Austesten: Ein bisschen detektivisch vorzugehen und auch selbst Forscher*in zu sein. Es ist lustig zu sehen, dass ich was anderes sehe als andere und mein Verhalten anders sein muss als das von anderen“, erläutert Buchegger.

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Jana Unterrainer

Überall werden heute Daten verarbeitet, Sensoren gibt es sogar in Arktis und Tiefsee. Die Welt hat sich durch die Digitalisierung stark verändert. Das interessiert mich besonders, mit KI und Robotik steigt die Bedeutung weiter enorm.

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Jana Unterrainer

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