TERA: Energieeffizienz-Weltrekordler aus Graz
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TERA ist eine Abkürzung für Team Eco Racing Austria. Bei der Gründung des Vereins 2009 ging es um die Entwicklung möglichst energieeffizienter Fahrzeuge, die man bei internationalen Wettbewerben gegen High-Tech-Konkurrenten aus aller Welt antreten lassen konnte. Um Geschwindigkeit geht es bei Bewerben wie dem Shell Eco Marathon nicht, sondern darum, wer mit dem Energiegehalt aus einem Liter Superbenzin am weitesten fährt. Benzin verwendet aufgrund des geringen Wirkungsgrades dabei allerdings kaum jemand.
Beim ersten Antreten bei dem Wettbewerb im Jahr 2010 ging TERA mit einem Wasserstoffantrieb an den Start. Das "Rennpferd" des Teams namens "Fennek" erreichte damit den 15. Platz. 60 Prozent Wirkungsgrad waren zu wenig, in Zukunft sollten es über 90 Prozent sein. Der Wasserstofftank wurde durch einen Akku ersetzt. 2011 fuhr der "Fennek" an die Weltspitze. Mit eindeutiger Überlegenheit stellte das Fahrzeug einen Rekord auf. 842 Kilometer pro Kilowattstunde entsprechen 7.495 Kilometer mit der Energiemenge eines Liters Benzin.
Lernerfolg mit Eigenproduktion
Wie konnte es ein kleiner Grazer Studentenverein schaffen, das energieeffizienteste Fahrzeug der Welt herzustellen? "Das ist eine Frage, die ich mir auch des Öfteren stelle", meint Dominik Zehetner, der Leiter von TERA. Er führt den Erfolg seines Teams unter anderem auf unkomplizierte Entscheidungsprozesse und eine schnelle Handlungsfähigkeit zurück. Ein Verein mit einem paar dutzend Mitglieder hat diesbezüglich klare Vorteile gegenüber größeren Institutionen.
Vom Antriebsstrang bis zum Rollreibungsprüfstand wird bei TERA sehr viel selbst gebastelt. Auf Zukaufkomponenten wird oft verzichtet, da die Anforderungen sich von jenen der Serienfertigung unterscheiden. Außerdem ginge es auch um einen Lernerfolg für Studenten, so Zehetner. Neben der Bildung an der Universität sollen Studenten bei TERA eine Ausbildung erhalten, bei der das erlernte Wissen in der Freizeit sinnvoll angewendet werden kann. Einen monetären Anreiz zur Mitarbeit beim Verein gibt es nicht. Auch die Vermarktung der eigenen Entwicklungen steht nicht zur Debatte.
Niedriges Tempo und Energierückgewinnung
An Betätigungsfeldern bietet sich Studenten nicht nur die Entwicklung des "Fennek". 2012 nahm TERA mit einem weiteren Fahrzeug am Shell Eco Marathon teil. "Panther" ist ein Urban Concept Car, das tauglich für den Stadtverkehr ist und Platz für einen Passagier und ein kleines Gepäcksstück bietet. Im Gegensatz zum vergleichsweise winzigen "Fennek" bietet der "Panther" eine komfortable Sitzposition. Statt einem Armaturenbrett werden alle Fahrzeuginformationen über ein Tablet vor dem Fahrer angezeigt. Eine spezielle Eigenschaft des Fahrzeug ist ein Kinetic Energy Recovery System (KERS), das Energie beim Abbremsen gewinnt und beim Beschleunigen wieder abgeben kann. Das Prinzip kennen einige Leser vielleicht aus der Formel 1.
Was die Kraft der Fahrzeuge angeht, besteht ein gewaltiger Unterschied zur Formel 1. Während die Motoren in der obersten Rennsportliga über 550 kW (740 PS) leisten, muss der "Fennek" mit 1 kW (1,3 PS) auskommen, der "Panther" mit 2 kW (2,6 PS). Beim Shell Eco Marathon geht es nicht darum, eine Maximalgeschwindigkeit zu erreichen, sondern eine Minimalgeschwindigkeit zu überschreiten. Wesentlich schneller als 30 km/h sollten sich die Fahrzeuge aber zwecks Effizienz nicht bewegen.
Straßentauglichkeit und Rekordjagd
Derzeit arbeitet TERA an der Entwicklung eines weiteren Fahrzeugs. Es soll zwei Passagieren Platz bieten, eine Straßenzulassung erhalten und etwas stärker motorisiert sein als "Fennek" und "Panther". Mit 15 kW (20 PS), einem geringen Eigengewicht von 400 Kilogramm (ohne Akkus), einem aerodynamischen Design und KERS soll das Elektroauto zumindest beim Ampelstart mit 55-PS-Benzinern mithalten können.
Mit dem neuen Fahrzeug will TERA an der Elektroauto-Rallye WAVE 2015 teilnehmen. Mit dem Grundgedanken, "grüne" Energie und Elektromobilität zu fördern, wird dabei eine Strecke durch Europa in ein bis zwei Wochen zurückgelegt. Aber auch beim Eco Marathon will das Team wieder an den Start gehen. Eine Verbesserung des eigenen Weltrekords ist das Ziel. Das Gewicht des "Fennek" soll von 32 auf 25 Kilogramm gesenkt werden. Gefeilt wird auch an Elektronik und der Fahrstrategie. Weitere Details unterliegen strengster Geheimhaltung.
Zukunftsgedanken
Abgesehen von allen Wettbewerbs-Ambitionen denkt man bei TERA auch über gesellschaftliche Fragen zur Mobilität der Zukunft nach. Auch wenn man selbst unter anderem an einem Urban Concept Car bastelt, sieht der Verein Tendenzen, dass dieser Fahrzeugtyp an Bedeutung verliert. "Die meisten Wege werden in Städten mit öffentlichen Verkehrsmitteln, mit dem Rad oder zu Fuß zurückgelegt", sagt Dominik Zehetner. "Von A nach B verfügt man auch zeitlich mit dem Auto über keinen Vorteil. Bei den wenigen nötigen Autofahrten handelt es sich um Transportwege, die meist mit einem kleinen Stadtauto nicht durchgeführt werden können. Wir befinden uns hier in einer Lernphase."
Martin Russ, Geschäftsführer der Mobilitätsfördergesellschaft Austria Tech, ist davon überzeugt, dass ein Ausprobieren verschiedenster Konzepte sehr sinnvoll ist und rät zu Mut beim Experimentieren. Auch die Idee eines Urban Concept Cars ist bezüglich seiner Zukunftsaussichten für Russ noch lange nicht vom Tisch: "Die Notwendigkeit für solche Konzepte gibt es ganz dringend. Individuelle Mobilität wird bleiben." Auch bei noch so starker Forcierung von Massenverkehrsmitteln werde es immer Randregionen geben, wo eine lückenlose Abdeckung seitens der öffentlichen Hand unmöglich wäre. Außerdem gebe es eine klare Diskrepanz von beabsichtigtem und realisiertem Mobilitätsverhalten: "Wir geben uns alle gerne grün und effizient, trotzdem sitzen wir ständig im Auto."
Ideen auf die Straße bringen
In Zukunft werde es eine viel höhere Anzahl an Mobilitäts-Möglichkeiten geben, so Russ. Noch sei völlig unklar, welche Marktpotenziale sich dadurch eröffnen. Wichtig sei, damit zu beginnen, "etwas anders" zu machen. "Auch wenn eine Entwicklung am Anfang ein Nischenprodukt bleibt, soll man Dinge erproben. Vielleicht werden sie die künftigen Megatrends", meint Russ. Die Tätigkeit von TERA sieht er als maßgeblich dafür an, bei jungen Menschen "ein Feuer zu entfachen". Die Ausgangslage in Österreich schätzt Russ nicht zuletzt aufgrund einer starken Position in der Automobilzulieferindustrie und in der Ausbildung als sehr aussichtsreich ein: "Wir haben verdammt kluge Köpfe, die Ideen auf die Straße bringen."
In seiner Entwicklungstätigkeit arbeitet TERA mit mehreren Instituten der TU Graz, sowie einigen Unternehmen zusammen. Mit außeruniversitären Instituten besteht allerdings noch keine Kooperation. Vereinsleiter Zehetner ergreift jedoch jede Gelegenheit: "Falls sich durch diesen Artikel ein Institut angesprochen fühlt, dürfen sich die Verantwortlichen gerne bei uns melden."
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