Virtuelle Realität beflügelt die Pornoindustrie
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Virtuelle Realität ist einer der wichtigsten Trends in der Technologieszene. 2016 soll der Einzug in die Alltagswelt gelingen. Auch für die Pornoindustrie eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten. Aber was macht das mit der Gesellschaft?
Zum Greifen nahe
Die Szenerie im virtuellen Raum: Die junge Frau scheint zum Greifen nah. Es ist als würde sie leibhaftig vor einem knien. Richtet man den Kopf zur rechten Seite, geht der Blick durch den Raum. Man sieht ein Sofa, auf dem sich weitere nackte Frauen räkeln. Was so real wirkt, ist ein Ausflug in die Virtuelle Realität (VR) - zurzeit der absolute Trend in der Tech-Branche. Per Datenbrille taucht der Zuschauer in eine andere Welt ein. Bei 360-Grad-Videos kann er frei in alle Richtungen schauen und bekommt den Eindruck, mitten im Geschehen zu sein. Für die Porno-Branche scheint die neue Technik zur Goldgrube zu werden.
"Alles ist viel intensiver", sagt etwa Ela Darling, die sich selbst als "erstes VR-Cam-Girl der Welt" bezeichnet und ihre Kunden von Los Angeles aus per Webcam unterhält. "Die Männer haben wirklich das Gefühl, bei mir im Zimmer zu sein." Dieses Jahr werde unglaublich, prognostiziert die 29-Jährige auf einer VR-Konferenz im texanischen Austin. Der Technik gelinge der Durchbruch und für Industrie und Konsumenten eröffneten sich ganz neue Möglichkeiten.
Zahlreiche neue VR-Brillen
Und in der Tat: Nachdem Entwickler von VR-Brillen lange an der Technologie getüftelt haben, erscheinen nun zahlreiche neue Modelle, etwa von Sony, Samsung oder HTC. Samsung-Manager Martin Börner kündigte unlängst an: Der Markt für virtuelle Realität werde im laufenden Jahr um mehr als das Vierfache auf ein Volumen von drei Milliarden Dollar (2,7 Milliarden Euro) wachsen.
Die Pornoindustrie verdient kräftig mit: Nach Prognosen von US-Analysten wird bei den VR-Pornos bis 2025 ein Jahresumsatz von einer Milliarde Dollar (etwa 900 Millionen Euro) erwartet. Allerdings hat die Produktion auch ihren Preis: "Die Kosten sind hoch, besonders bei den 360-Grad-Filmen", sagt Dinorah Hernandez von der spanischen Produktionsfirma BaDoinkVR. Sie seien etwa doppelt so teuer, wie bei herkömmlichen Pornos.
Dominantere Frau
Viele VR-Filme sind aus der Ich-Perspektive gefilmt, wie sie erklärt. Der Zuschauer findet sich zumeist in der Position eines Mannes wieder, der mit einer oder mehreren Frauen Sex hat. "Für die Schauspieler ist es eine ziemliche Umgewöhnung, weil die Frau den dominanteren Part übernimmt und der Mann idealerweise möglichst wenig im Bild auftaucht."
Ein Vorreiter unter den Produktionsfirmen ist VirtualRealPorn, die 2014 an den Start ging. "Bei einem gewöhnlichen Porno musst Du das ansehen, was der Regisseur entscheidet", sagte einer der Mitgründer dem Tech-Portal TechCrunch. Bei VR sei die Darstellerin direkt vor einem, und man könne selbst wählen, ob man ihr in die Augen oder auf andere Körperteile schauen wolle.
Synchronisierte Stimulation
Das Unternehmen geht noch einen Schritt weiter und kooperiert mit einem Hersteller von Sexspielzeug. Konkret geht es darum, die Handlung im Film über eine Software mit dem Gerät zu synchronisieren. Je effektiver Hardware und Software aufeinander abgestimmt seien, desto intensiver sei das Erlebnis.
Auch Darling, die seit sieben Jahren im Geschäft ist, glaubt: In der Branche werde in den kommenden Jahren noch jede Menge geschehen. Aber was machen die VR-Pornos mit den Konsumenten? "Es gibt so viele einsame Menschen. Nicht jeder kann rausgehen und einfach einen Partner finden", meint das "Cam-Girl".
Echte Sexualität ersetzt
Anruf bei der Paartherapeutin Ann-Marlene Henning, die mit der Fernsehdokureihe "Make Love" bekannt wurde. "Wie immer, wenn etwas Neues kommt, werden auch VR-Pornos einen großen Hype auslösen", sagt sie. Und: "Es kann problematisch werden".
Es sei wohl individuell verschieden, ob ein Mann Pornos vom realen Leben trennen könne und ab und zu konsumiere oder ob er sich in solchen Welten verliere, meint Henning. Es gebe "schwache Seelen", die schon beim übermäßigen Konsum herkömmlicher Pornos Schwierigkeiten bekämen, sich auf echte Menschen einzulassen - etwa weil sie sich unter Druck gesetzt fühlten.
In Paarbeziehungen wird es ihrer Ansicht nach zu Problemen kommen, wenn ein Partner abtauche. Und manche Singles bräuchten sich keine Mühe mehr geben, ins reale Leben auf Partnersuche zu gehen. Menschen, die Hemmungen hätten, mit anderen in Kontakt zu treten, müssten das auch gar nicht mehr. "Im Extremfall wird echte Sexualität ersetzt, weil viele den Sex in der virtuellen Welt einfacher finden."
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