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Wahlwerbe-SMS: Wie die Neos an Geheimnummern kommen

Am Wahlsonntag haben viele Wiener ungebetene Wahlwerbung der Neos per SMS erhalten (die futurezone berichtete). Die Telefonnummern haben die Neos von der Post gekauft. "Die Neos haben der Österreichischen Post AG eine Liste mit Personen und Adressen übermittelt. Diese Liste haben wir mit Telefonnummern angereichert, sofern Kontaktdaten vorhanden waren", wie ein Sprecher der Post auf Nachfrage mitteilt. Die Nummern hätten aber eigentlich nur für Markt- und Meinungsforschungzwecke verwendet werden dürfen. "Die Verwendung zu anderen Zwecken, insbesondere der Versand von SMS oder Telefonanrufe zu Wahlwerbezwecken durfte mit diesen Telefonnummern nicht durchgeführt werden", heißt es in der Stellungnahme der Post.

Löschen lassen

Die Neos rechtfertigen ihr Vorgehen damit, dass es sich nicht um Wahlwerbung gehandelt habe, sondern um eine Erinnerung für Wähler, ihre Stimme auch zu nutzen. Das Telekommunikationsgesetz haben die Neos aber selbst dann verletzt, wenn das stimmt. Der Versand von Massen-SMS an mehr als 50 Personen ist dort nämlich verboten. Weitere Fragen der futurezone will die Pressestelle der Wiener Neos mit Verweis auf den anstrengenden Wahlkampf und den wohlverdienten freien Tag nicht beantworten.

Dass die Neos-SMS auch an Kunden verschickt wurden, die Geheimnummern haben, liegt laut der Post daran, dass die Inhaber die Nummern irgendwann preisgegeben haben. "Die Daten wurden zum Teil bei Adressverlagen angekauft, zum Teil stammen die Daten aus eigenen marketingfähigen Beständen der Post", erklärt der Sprecher. Die Post verkauft die Telefonnummern üblicherweise an Unternehmen, die ihre Kundendaten auf den neusten Stand bringen wollen.

"Es ist gemäß § 107 Abs. 2 und 3 zulässig, bestehende Kunden elektronisch zu kontaktieren. Um den Unternehmen die mühsame Recherche nach aktuellen Telefonnummern zu erleichtern, bietet die Post an, Ihre Kundendaten mit aktuellen Telefonnummern anzureichern. Dieses Service wurde auch für die NEOS durchgeführt. Über die Notwendigkeit zur Einhaltung des Telekommunikationsgesetzes werden alle Kunden auf dem Angebot und in den AGBs informiert. Die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen obliegt, wie bei allen Gesetzen, jeweils den Unternehmen", so der Sprecher. Mit den Neos hat die Post bereits Kontakt aufgenommen, um den "Vorgang restlos aufzuklären", wie der Post-Sprecher bestätigt. Wer sicherstellen will, dass keine Neos-Werbung mehr per SMS kommt, kann seine Daten aus der Post-Datenbank löschen lassen. Unter der Telefonnummer 0810010100 kann das erledigt werden, mit diesem Kontaktformular soll es auch möglich sein. Ob die missglückte Wahlkampfaktion für die Neos rechtliche Konsequenzen haben wird, ist noch unklar.

Wertvolle Daten

Im Handel mit Adressdaten und Telefonnummern ist die Post nur eines von vielen Unternehmen. Firmen wie die arvato AG haben sich im deutschsprachigen Raum auf den Handel mit Adressen, Telefonnummern und anderen Informationen spezialisiert. Problematisch ist, dass der Weg der Informationen bei den einzelnen Verwertern nicht endet. Die Daten werden untereinander weiterverkauft, so dass etwa eine Telefonnummer am Ende in vielen verschiedenen Datenbanken aufscheinen kann. Durch die Verknüpfung verschiedener Informationen kann so ein detailiertes Bild einer Person entstehen, das auch Rückschlüsse auf Vermögen oder politische Ansichten zulässt. Die Daten sind mittlerweile sehr wertvoll. In einer Studie kommt der Experte Wolfie Christl zum Ergebnis, dass aktuelle Adressen für rund 150 Euro pro tausend Stück gehandelt werden, sind die Informationen älter als ein Jahr, sinkt dieser Preis auf 140 Euro. Andere Schätzungen liegen teilweise sogar darüber. Wer verhindern will, dass seine Daten verschachert werden, sollte sich gut überlegen, wo er welche Information angibt und das Kleingedruckte immer aufmerksam lesen.

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Markus Keßler

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