Vizekanzler Heinz-Christian Strache
Vizekanzler Heinz-Christian Strache
© APA/GEORG HOCHMUTH

Wanzen in Straches Büro: So hört man einen Politiker ab

Wanzen in Straches Büro: So hört man einen Politiker ab

Durch die fortschreitende Miniaturisierung ist es heute möglich, Mikrofone oder auch Kameras samt entsprechenden Übermittlungseinrichtungen auf kleinstem Raum zu verstecken. Hobby-Spionagewerkzeuge werden auf Amazon schon für wenige Euro angeboten. Heute wurde bekannt, dass Vizekanzler Strache Opfer von Überwachungstätigkeiten geworden sein soll. In seinem Büro sei "technisches Material gefunden worden, das geeignet ist, den Vizekanzler abzuhören", bestätigte das Verteidigungsministerium. Wer die Wanzen ausgebracht hat, ist unbekannt. Dass es sich um Geräte, wie sie bei Amazon angeboten werden, handelt, ist unwahrscheinlich.

In Form und Funktion bietet die Wanzen-Welt vielfältige Unterscheidungen. Der Klassiker einer Wanze ist jedoch ein winziges Mikrofon mit Aufzeichnungs- oder Übertragungsfunktion, das in Innenräumen, etwa in Konferenzzimmern, versteckt wird. "Wer sich moderne Hörgeräte ansieht, merkt wie unheimlich klein diese Geräte sein können", sagt Ewald Benes, Akustikexperte an der TU Wien gegenüber der futurezone in einem früheren Gespräch zu dem Thema. "Ganz kleine, winzige Mikrofone können überall platziert werden, etwa unter einer Tapete oder im Telefonhörer. Das Signal kann mittels Funk übertragen werden, in einen Nebenraum oder auch auf größere Entfernung."

Durch die potenziell winzige Bauform kann ein Mikrofon in allen möglichen Einrichtungsgegenständen eines Zimmers versteckt werden. Fix verbaute Installationen sind eine Option, etwa Steckdosen, Deckenleuchten oder auch Tapeten. Letzterer Ort diente auch Wanzen als Versteck, die 1997 im Wiener Marriot-Hotel entdeckt wurden. Bei Renovierungsarbeiten wurden Kabel und Mikrofone in Größe von Stecknadeln entdeckt, die offenbar dazu dienten, Mitglieder der russischen Mafia zu belauschen. Andere Mikro-Verstecke können Kugelschreiber sein, Radios, Wandbilder, Feuerzeuge, Kaugummipackungen, Armbanduhren, Schlüsselanhänger oder Fernbedienungen. Dieselben Gegenstände können zudem winzige Kameras beinhalten.

Risiko Handy

Eine andere Form eines Geräts, das am Einsatzort installiert wird, ist das Körperschallmikrofon. Dieses zeichnet Schall-Vibrationen auf, die über Zimmerinstallationen, etwa Fenster oder Heizungsrohe übertragen werden. Im Rohr-Fall kann das Körperschallmikrofon beispielsweise auch in einem der umgebenden Räume installiert werden.

Um Gespräche mitzuverfolgen, werden teilweise auch Mobiltelefone präpariert. Mittels eigener Spionage-Software ist es etwa möglich, dem Gerät den Anschein zu verleihen, es sei ausgeschaltet, wenn es tatsächlich noch aktiviert ist und Gespräche mitverfolgt und überträgt. Eine weitere Methode, Gespräche mittels Handy mitzuhorchen, ist, einen modifizierten Akku einzubauen, der Mikrofon und Funksender enthält. Diese Option eignet sich besonders für längere Einsätze, da der ahnungslose Nutzer den Akku ständig auflädt. Voraussetzung ist jeweils, dass man als Angreifer Zugang zum Mobiltelefon und ein genaues Wissen um den Typ und etwaige Passwörter besitzt.

Viele Möglichkeiten

Das Anzapfen von Telefonleitungen sowie die Analyse von Verbindungsdaten von Mobiltelefonen stellt für Geheimdienste dank Cyberspionage, Metadatenanalyse im Big-Data-Stil, aber auch die Mithilfe global operierender Konzerne, in keinster Weise ein Problem dar. In der Vergangenheit ist es aber auch mehreren Geräte-Hackern gelungen, verschlüsselte Mobilfunkgespräche abzuhorchen.

Ausgefeilte Technik ist in der Spionage nur ein Schritt zum Erfolg. Der andere hat mit Technik wenig zu tun. Detektiv Markus Schwaiger: "Was mich erstaunt, ist, dass Abhören in der medialen Berichterstattung wie High-Tech klingt. Dabei ist es oft gar nicht so kompliziert. Sie schmieren wen, zum Beispiel einen Putztrupp, und schon sind sie drinnen in einem Gebäude. Wenn das nicht funktioniert, gibt es noch Erpressungen. Man kommt überall rein." Bei Sicherheitsüberprüfungen in Österreich, so genannten "Sweeps", findet sein Team laut eigenen Angaben in zehn Prozent der Fälle ein Abhörgerät. "Im Osten ist man überhaupt stark gefährdet. Da finden wir etwas in 80 Prozent der Fälle."

Schwer zu finden

Die Entdeckung von Wanzen sei nicht so einfach, wie das oft in Filmen dargestellt wird, meint Schwaiger: "Bei James Bond gibt`s ein Gerät, das blinkt, und in fünf Sekunden hat man die Wanze gefunden. So etwas funktioniert nur mit Funkwanzen. Ansonsten ist das Auffinden von Abhörgeräten eine mühsame Arbeit. Zu 90 Prozent ist es eine manuelle Suche." Die wichtigsten Instrumente, die man dabei einsetzt seien ein Akkuschrauber, eine Taschenlampe und eine Endoskopkamera, mit der etwa enge Zwischenräume oder Rohre abgesucht werden. Dazu benötigt man jede Menge Know-How.

Aber auch mit einem Spezialistenteam müsse man äußerst penibel vorgehen. "Auf Geheimdienstlevel braucht man pro Quadratmeter eine Stunde. Bei 30 Quadratmetern ist man einen Tag lang beschäftigt." Völlige Sicherheit könne man aber auch dabei nicht garantieren: "Wer 'Abhörsicherheit' verkauft, ist meiner Meinung nach ein Betrüger." Bei normalen Sweeps könne man eine Sicherheit von 99 Prozent bieten. Wer 99,9 Prozent Sicherheit verlange, müsse auf den normalen Tarif "eine Null dranhängen", so Schwaiger.

"Bei geheimdienstlichen Methoden benötigt man aufwändiges Equipment", bestätigt Friedrich Wimmer, Autor des Buchs "Wirtschaftsspionage und Intelligence Gathering". "Neben klassischen Wanzen muss man auch auf die Manipulation von Geräten achten, zum Beispiel Laptops oder Smartphones." Wenn der Verdacht besteht, dass ein Raum verwanzt ist, kann man kaum verhindern, dass man abgehört wird, meint Akustikexperte Benes: "Wenn man nicht weiß, wo sich das Abhörgerät befindet, kann man nichts machen, außer den Raum zu verlassen."

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