Zwei Elektroroller-Revolutionen aus Österreich
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Rund um das vergangene Wochenende konnte man in Wien bei gleich zwei Gelegenheiten erkennen, wie heimische Unternehmer das Thema Elektromobilität auf zwei Rädern revolutionieren wollen. Im Rahmen der greenEXPO zeigte Andreas Lohner seine Konzepte zur Wiederauferstehung einer österreichischen Traditionsmarke. Zwei Elektro-Fahrzeuge im Retro-Stil sollen praktische Lösungen auf bisher wenig beachteten Gebieten bringen. Am Montag wurde der Elektroroller "Vienna XE" von iO Scooter vorgestellt, der durch technische Innovationen leichter und gleichzeitig stärker als die Konkurrenz sein soll.
Leichter, leistungsstarker Akku
"Unsere Vienna XE ist das erste Produkt, das die Welt rettet und gleichzeitig sexy ist", sagt Bernd Kraemmer, der Gründer, Inhaber und Chefkonstrukteur von iO Scooter selbstbewusst. Mit dem neuen Modell eröffnet das Wiener Unternehmen gleich eine ganz neue Serie. "XE" steht dabei für "Extra Energy". Dank neuer Technologie sollen die Roller der XE-Serie sowohl leistungsfähiger als auch leichter werden. Die Grundlage dafür bildet der Akku.
Statt einem Lithium-Ionen-Akku wird ein Lithium-Eisen-Mangan-Polymer-Akku (LFMP) eingesetzt. Solche Akkus wurden bisher in Großfahrzeugen, etwa Bussen eingesetzt. Die Vorteile liegen im geringen Gewicht und der hohen Speicherdichte. Der Nachteil liegt im hohen Preis. Aus diesem Grund ist das neue Modell Vienna XE mit 6.650 Euro auch doppelt so teuer wie das Basismodell "Vienna". Dafür gibt es 10 Kilowatt (kW) statt 4 kW Leistung, 72 km/h statt 45 km/h Spitzengeschwindigkeit und 125 Kilogramm statt 152 Kilogramm Eigengewicht.
Der Vienna XE könnte auch noch schneller fahren, allerdings wird bei 72 km/h unter Rücksichtnahme auf die Reichweite abgeriegelt. 60 Kilometer weit soll man mit einer Akkuladung fahren können. Aufgeladen wird der Roller mittels eines eigenen Ladegeräts an der gewöhnlichen Steckdose. In dreieinhalb Stunden ist ein völlig leerer Akku wieder voll aufgeladen. "Betankt" werden kann das Zweirad aber bei jedem Ladestand.
Energierückgewinnung und Rückwärtsgang
Angetrieben wird der Vienna XE über einen Radnabenmotor. Dieser ermöglicht auch Energierückgewinnung bei jedem Bremsvorgang. Als neue Sicherheitsfunktion bringt der Roller eine elektronische Integralbremse. Wird die Vorderbremse betätigt, bremst der Roller automatisch auch am Hinterrad mit. Eine Besonderheit für schwächere Piloten oder steileres Terrain ist der bei Rollern sonst eher untypische Rückwärtsgang. Außerdem soll der Roller durch feinfühlige, stufenlose Beschleunigung überzeugen, die man sonst nur von Fahrzeugen mit Benzinmotor kennt.
"Was die Elektronik betrifft, sind wir die Besten", ist Bernd Kraemmer überzeugt. Sein Unternehmen iO Scooter wurde 2005 gegründet und hat sich seither zum Marktführer bei Elektrorollern entwickelt. Produziert wird in Brunn am Gebirge und in einer Fabrik in China. Neben Rollern unter eigener Marke produziert iO Scooter auch Roller für Fremdmarken. Derzeit verkauft iO Scooter rund 2.000 Fahrzeuge pro Jahr, Tendenz steigend.
"Servicekosten gegen Null"
Der relativ hohe Anschaffungspreis eines Elektrorollers sei durch geringe Folgekosten eine vernünftige Investition, meint Kraemmer: "Die Servicekosten gehen gegen Null". Abgesehen von Bremsflüssigkeit, "Pickerl" und Versicherung gäbe es keine laufenden Ausgaben. Dazu gibt iO Scooter eine Mobilitätsgarantie. Wer innerhalb von zwei Jahren nach dem Kauf einen technischen Defekt erleidet, wird in ganz Österreich sofort abgeholt und zum Zielort gebracht.
Die im Vergleich zu Motorrollern relativ lange Tankzeit sieht Kraemmer als logistisches Problem. Einen Elektroroller könne man nämlich zu Hause betanken. Auf diese Weise verschwende man keine Zeit an Tankstellen und erspare sich sogar Zeit. Dass ein Elektroroller besser für die Umwelt ist, steht für Kraemmer außer Frage. Dem oft gebrachten Argument, dass auch die Stromproduktion für Elektrofahrzeuge Treibhausgase verursacht, hält er entgegen: "Auch Benzin muss erst produziert werden. Auf den Kohlendioxidausstoß dabei wird gerne vergessen."
Tradition neu interpretiert
Das Umweltthema vereinte am vergangenen Wochenende auch einige Aussteller auf der greenEXPO im Messezentrum Wien, die sich mit Elektromobilität beschäftigen. Einer der aufsehenerregendsten Stände war jener der Marke Lohner. In dessen Zentrum stand ein Lohner-Porsche Mixte aus dem Jahr 1899. Das vierrädrige Gefährt gilt als das erste Hybrid-Automobil der Welt. 1900 sorgte das von Ludwig Lohner und Ferdinand Porsche entwickelte Fahrzeug mit Verbrennungs- und Elektromotor auf der Pariser Weltausstellung für Begeisterung.
Ludwig Lohner war Spross einer Familien-Dynastie, die seit 1821 in Wien die Lohner-Werke betrieben. Der ursprüngliche Kutschen- und Waggonhersteller produzierte ab Beginn des 20. Jahrhunderts auch Flugzeuge und Straßenbahnen. 1959 kamen Motorroller dazu. Das Modell "L125" wurde mit markanter Form und viel Stauraum zum bekanntesten Produkt dieser Kategorie. Die Lohner-Werke wurden 1970 vom kanadischen Bombardier-Konzern übernommen. Die Marke Lohner verschwand.
Im Jahr 2010 tauchte Lohner dann wieder im Firmenregister auf. IT-Unternehmer Andreas Lohner erhielt die Markenrechte kostenlos von Bombardier zurück und entschloss sich, den geschichtsträchtigen Namen wieder aufleben zu lassen. Die Vergangenheit der Lohner-Werke in den Bereichen Elektroantrieb und Motorroller sollte kombiniert und zeitgemäß umgesetzt werden. Durch langjährige Kontake wandte sich Lohner an das Institut für Verbrennungskraftmaschinen und Thermodynamik (iVT) der Technischen Universität Graz.
Hybrid-Roller
Um zu zeigen, wohin die gemeinsame Reise gehen sollte, wurde ein alter L125-Roller zu einem Elektroroller umgebaut und auf der greenEXPO präsentiert. Unter dem Namen "Lea" soll der L125 als moderner Elektroroller wiedergeboren werden. Bestimmte Elemente des L125-Designs sollen erhalten bleiben, etwa die wuchtige Frontverkleidung. Hier soll es genug Stauraum geben, um etwa Hand- oder Aktentaschen unterzubringen. Auch unter den zwei Einzelsitzen soll es genug Stauraum geben, wenn es nach Andreas Lohner geht.
Mit einem Maximum an Gepächsraum im Roller-Inneren sollen alle Bedürfnisse rund um das Zauberwort "convenient" abgedeckt werden, so Lohner. Gleichzeitig solle kein Helmkoffer am Heck das Design stören. Technisch gesehen soll Lea vor allem eine Besonderheit aufweisen. Aus der Überlegung heraus, mit "dem ganzen Reichweiten-Theater" rund um Elektroroller Schluss zu machen, ist für Lea eine Hybrid-Lösung vorgesehen.
Lea soll neben einem Akku einen so genannten "Range Extender" beinhalten. Dabei handelt es sich um einen kleinen Verbrennungsmotor, der nicht als Antrieb, sondern alleine als Stromgenerator dient. Sollte die Akkukapazität erschöpft sein, das Ziel aber noch nicht erreicht, so könne man mit dem Range Extender die Reststrecke bewältigen, visioniert Lohner. Durch die Hybrid-Bauweise könne man auch den Akku kleiner gestalten und damit den Kaufpreis für den Roller reduzieren.
Eine neue Fahrzeugkategorie
Neben Lea hat Lohner noch ein weiterers Fahrzeugkonzept: "Luke". Star Wars lässt grüßen. Bei Luke handelt es sich weder um einen echten Elektroroller, noch um ein Elektrofahrrad, weshalb eine neue Kategorie dafür entworfen wurde. Luke ist ein "Stroler". Designmäßig an den Lohner-Werke-Motorroller "Sissy" angelehnt, ist Luke ein Zweisitzer mit Pedalen. Von der Lenkstange bis zum Sattel ist das Gefährt deutlich dicker als ein Fahrrad ausgelegt. Dieser Strang beherbergt Akku, Elektromotor und Steuerelektronik.
Der Motor unterstützt den Fahrer beim Treten der Pedale. Auf diese Weise soll dieser samt Passagier bis zu 45 km/h schnell fahren können. Auf der greenEXPO wurde ein Modell gezeigt, dass dazu ein wenig Stauraum in Form einer ausziehbaren Lade am Heck aufweist. Andreas Lohner kann sich bei Luke zwei unterschiedlich motorisierte Versionen vorstellen. Als Einsteigermodell kann man dann etwa bis zu 25 km/h mit Motorunterstützung erreichen. Soll es schneller gehen, könnte man dies mittels eines Aufrüstsatzes erreichen.
Offene Zukunft
Welches Zielpublikum Lea und Luke ansprechen könnten, sollte sich auch durch die Präsentation auf der greenEXPO verdeutlichen. Andreas Lohner sammelt zur Zeit Rückmeldungen zu den vorliegenden Konzepten und dem geplanten Design der Fahrzeuge. Lea existiert etwa vorerst nur als Gipsmodell.
Unklarheit herrscht weiters noch über die Fragen der Produktion und der Vermarktung. Idealerweise sollen Roller und Stoler künftig in Manufakturen hergestellt werden, so Lohner. Ob damit ein gewisser Exklusivitätsfaktor einhergehen würde und ob dies überhaupt gewünscht wird, ist ebenfalls in Überlegung. Die greenEXPO war für Lohner der erste große Schritt an die Öffentlichkeit. Bereits am ersten Tag der Messe war Andreas Lohner vom positiven Feedback überwältigt. Für seinen Hybrid-Roller Lea kann das wiedergeborene Traditionsunternehmen bereits 14 Vorbestellungen aufweisen.
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