A Way Out im Test: Koop-Minigames und Gefängnisausbruch
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Ich bin ein Fan von Koop-Games. Egal ob Shooter, Prügler, Rätsel lösen oder bei PES das selbst erstellte Team gemeinsam zum Meistertitel führen: Zusammen ist alles besser. Dementsprechend gespannt war ich auch auf A Way Out ( PS4, Xbox One, PC, 30 Euro).
Electronic Arts ist der Publisher, der das Game groß bei seiner E3-Keynote vorgestellt hat. Entwickelt wurde das Spiel von Hazelight. Zwar ist es deren Erstlingswerk, das Kernteam war allerdings an der Entwicklung des Indie-Hits „Brothers – A Tale of Two“ beteiligt. Das stimmt vorsichtig optimistisch, weckt allerdings Erinnerungen an einen anderen Indie-Titel, der von einem großen Publisher aufgegriffen, im Vorfeld gehypt wurde und dann viele Gamer nicht überzeugen konnte: No Man’s Sky.
Splitscreen-Pflicht
Die größte Besonderheit an A Way Out: Es muss von zwei Spielern kooperativ gespielt werden. Es gibt keinen Singleplayer-Modus. Wer weder zuhause noch online Freunde hat, kann A Way Out nicht spielen.
A Way Out kann zusammen auf der Couch oder online gespielt werden. Beim Onlinespielen reicht es, wenn der Host das Game besitzt. Lädt man einen Spieler ein, kann der A Way Out kostenlos herunterladen. Allerdings kann er mit dieser Version nur spielen, wenn er eingeladen wird und nicht selbst der Host sein.
Das Spiel wird im Splitscreen angezeigt, selbst wenn man online spielt. Das ist zwar ein Vorteil, weil man immer sieht, was der Partner macht. Aber gerade online hätte ich es spannender gefunden, wenn man nicht den Screen des Partners sieht. Dies hätte einen höheren Fokus auf die Kommunikation gelegt. So gibt es etwa eine Szene, bei der ein Spieler versucht die Toilette in der Gefängniszelle abzuschrauben, während der andere nach der patrouillierenden Wache Ausschau hält. Das wäre spannender, wenn man nicht auf dem Bildschirm des Partners sehen würde, wenn die Wache kommt, sondern sich nur auf seine Anweisungen verlassen müsste.
Gefängnisausbruch
A Way Out spielt Anfang der 70er Jahre. Vincent und Leo treffen sich im Gefängnis und beschließen zusammen auszubrechen. Szenen wie die zuvor beschriebene gehören zu den Highlights des Spiels. Das gemeinsame Ausbrechen, das Organisieren der dazu nötigen Werkzeuge und die gezwungene Zusammenarbeit zwischen dem Hitzkopf Leo und dem besonnenen Vincent ist stimmig.
Die Gefängnisflucht ist der beste Teil des Spiels, danach wird es mühsam, lächerlich und schlich schlecht. Das Schleich- und Rätsel-Gameplay wird auf einmal zur Auto-Verfolgungsjagd mit Schießerei, bei der mehr Streifenwagen zu Bruch gehen als bei Blues Brothers, Fluchtaktionen zu Fuß, bei der der Splitscreen-Modus aussetzt und ein Spieler dem anderen minutenlang zuschauen muss und eine viel zu lange Ballerpassage, die in etwa die Qualität eine PS2-Launchtitels hat. Das zerstört komplett die Koop-Experience, die zuvor mit Erkundungs- und Rätselsequenzen aufgebaut wurde. Außerdem ist sie so schlecht steuerbar, dass es für Gelegenheits-Spieler frustrierend sein kann. Das ist schade, da A Way Out sich auch für Casual Gamer (aka Beziehungspartner) geeignet hätte, die sonst nicht allzu viel mit Videospielen anfangen können.
Kurzes Vergnügen
Erschwerend kommt hinzu, dass A Way Out nicht besonders lange dauert. In fünf Stunden ist man durch. Immerhin gibt es drei oder vier Spielszenen, bei denen ein anderer Weg gewählt werden kann. Da aber der Rest des Games strikt linear ist, ist es nicht besonders reizvoll, für diese 15 bis 25 Minuten „neuen“ Content (und ein zweites Ende) alles nochmal zu spielen, zumal es einige Spielsequenzen gibt, auf die man gerne schon das erste Mal verzichtet hätte.
Ein weiteres Problem ist, dass, je weiter das Spiel voranschreitet, umso mehr Klischees aufgegriffen werden. Es ist schon klar, dass A Way Out das Gefühl eines Interactive Movies vermitteln will, aber es kommt einfach nichts Neues. Oft habe ich, kooperativ mit meinem Spielepartner, mit den Augen gerollt, weil typische Elemente aus Spielen und bekannte Szenen aus Filmen kopiert bzw. recycelt und unzureichend umgesetzt wurden.
Die Präsentation ist ebenfalls ein Problem. Auf der PS4 Pro sieht A Way Out nur selten gut aus. Einem 15 Euro teuren Indie-Game könnte man die Grafik noch eher verzeihen, bei einem 30-Euro-Spiel, hinter dem mit EA ein riesiger Publisher steckt, ist es grenzwertig. Immerhin in einigen Zwischensequenzen sieht man wie gut A Way Out aussehen könnte, bevor man wieder zurück ins Land der verwaschenen Texturen und detaillosen Charaktere geworfen wird.
Fazit
A Way Out hat sehr schöne Momente. Dazu gehören der gesamte , eine Wildwasserfahrt und die Szenen, bei denen man spazieren geht um Mini-Games zu finden, zusammen zu musizieren oder Hüte von alten Leuten aufzusetzen. Sobald aber Action ins Spiel kommt, wie Fluchtaktionen und Schießereien, endet die Expertise des Spielestudios und man wird mit halbgarem, recycelten Gameplay konfrontiert. Hier muss man sich gut überlegen, ob man die 30 Euro für fünf Stunden Spielzeit, wovon nur etwa die Hälfte wirklich unterhaltsam ist, investieren möchte.
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