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PlayStation 4

No Man’s Sky im Test: Das größte Spiel aller Zeiten

„Hast du schon von dem Spiel gehört, das so riesig ist, dass du nie alles sehen kannst?“ Ich war ziemlich überrascht als mir eine Freundin, mit der ich mich noch nie über Videospiele unterhalten hatte, diese Frage stellte. Zugegeben, das Indie-Game No Man’s Sky wurde seit seiner Ankündigung 2013 von einem ordentlichen Hype begleitet, doch ich dachte stets, dass es das Spiel nie über eine gewisse Nische hinausgeschafft hat.

In den folgenden Wochen und Monaten wurde ich eines Besseren belehrt. Immer wieder sprachen mich Freunde und Bekannte, die nur selten Videospiele spielen, auf No Man’s Sky an. Doch was macht die Faszination dieses Spiels aus, das auch Nicht-Gamer begeistern kann? Es ist schließlich alles andere als die erste Weltraum-Simulation.

Mehr als eine Lebensaufgabe

Die einfache Antwort: Die schiere Größe. Das offen erkundbare Universum von No Man’s Sky umfasst 18 Trillionen Planeten - um es deutlicher zu machen, die Zahl in ihrer Gesamtheit: 18.000.000.000.000.000.000. Selbst wenn man rund um die Uhr jeden Planeten nur eine Sekunde anschauen würde, würde es knapp 570 Milliarden Jahre dauern, bis man fertig wäre. Jeder Planet hat seine eigene Flora, Fauna und Geschichte und wartet nur darauf, von einem Spieler entdeckt zu werden.

Ich habe mich auf die Reise begeben und zumindest einen mikroskopischen Teil des gewaltigen Universums erkundet, weit über 17,99 Trillionen Planeten warten noch auf mich. Hier folgen erste Erfahrungen und ein vorläufiges Zwischenfazit - eine finale Wertung werden wir später nachreichen, wenn wir das Spiel fertig erkundet haben. Und das könnte wohl noch etwas dauern.

Einmal Neil Armstrong sein

Das Spiel wirft mich gleich ins kalte Wasser. Ich wache auf einem fremden Planeten auf und bekomme eine Laserwaffe zum Abbau von Rohstoffen in die Hand gedrückt. Meine Aufgabe ist simpel und erinnert an Star Trek: Ich muss das Universum erforschen und dabei so viele Informationen wie möglich über Planeten, Sternensysteme und ganze Galaxien sammeln. All das landet im sogenannten Atlas, in dem ich meine (auf Wunsch selbstbenannten) Entdeckungen auch mit meinen Namen eintragen kann. Der Spieler kann sich also sicher sein, dass er als erster „Mensch“ einen Fuß auf diesen Planeten gesetzt hat.

Klingt einfach, ist es aber nicht so ganz. Denn um von Planet zu Planet reisen zu können, brauchen die verschiedenen Antriebe meines Raumschiffes unterschiedliche Rohstoffe, die ich mühsam auf den Planeten einsammeln muss. Zudem muss ich immer wieder meine Waffe, Anzug oder Raumschiff mit neuen Technologien ausstatten, die ebenfalls aus verschiedenen Rohstoffen gebastelt werden. Und auch Waffen, Schilde und andere nützliche Technologien wollen immer wieder aufgeladen werden - mit Rohstoffen.

Wo sind die Ladepausen?

Diese Rohstoffe zu finden ist oftmals eine mühsame Angelegenheit. In den ersten zwei Stunden war ich mit nichts anderem beschäftigt als dem Sammeln von Rohstoffen. Das Spiel stellte immer neue Aufgaben, wonach ich dieses oder jenes nun zu bauen hätte, ansonsten geht die Reise nicht weiter. Dafür musste ich allerdings zunächst einmal herausfinden, wo ich die gefragten Rohstoffe finden kann. Ein zähes Tutorial, das Schlechtes erahnen lässt und die Raumfahrer-Euphorie kräftig bremst.

Doch als ich das erste Mal einen Planeten verlasse, sind alle Zweifel wie weggeblasen. Mit rasantem Tempo (und ohne Ladepause) verlasse ich die Atmosphäre des Planeten und bin plötzlich von Asteroiden umgeben. Ein Wegpunkt zeigt mir, dass die nächste Raumstation knapp eine Stunde entfernt wäre. Kein Problem für den Pulsantrieb, der die Reisezeit auf fünf Sekunden verringert. Dabei muss ich mir keine Sorgen um Hindernisse machen, die ich rammen könnte, der Antrieb bremst automatisch, wenn es kritisch werden sollte, beispielsweise vor Planetenoberflächen oder Raumstationen.

Das Reisen von Planet zu Planet ist faszinierend. Nicht etwa wegen der Inszenierung, sondern weil No Man’s Sky vollkommen ohne Ladepausen auskommt. Sei es beim Landen, Erkunden oder Verlassen eines fremden Planeten oder dem Reisen in einem Sternsystem - es gibt keine Unterbrechungen. Lediglich beim Reisen mit dem Hyperdrive, einem Warp-Antrieb, kaschiert das Spiel das Laden mit einer nicht überspringbaren Animation.

Zwangshochzeit und körperliche Nähe

Bis ich das erste Mal auf ein feindseliges Wesen treffe - von den sogenannten Wächterdrohnen, die Raubbau verhindern wollen, mal abgesehen - vergehen einige Stunden. Der Kampf, sowohl auf Boden als auch in der Luft bzw. im Weltraum ist simpel und wenig taktisch. Sollte man doch einmal verlieren, bleiben die verlorenen Rohstoffe als „Grab“ zurück und der Spieler kann sie jederzeit wieder einsammeln. Kämpfe bzw. Konflikte scheinen keine zentralen Themen von No Man’s Sky zu sein, werden aber auch nicht verhindert. Stattdessen forciert das Spiel, ganz im Sinne von Star Trek, Diplomatie und Verständnis.

Der Spieler kann über Tempel, Runen und Aufzeichnungen die Sprache der verschiedenen Völker lernen und so besser mit diesen kommunizieren. Dabei gibt es auch einige kuriose Situationen, beispielsweise eine ungewollte Hochzeit aus sprachlichen Differenzen heraus oder einen Vertreter einer vogelähnlichen Rasse, der am Kopf getätschelt werden will. Die verschiedenen Völker verleihen dem Spiel viel Leben und lockern den oftmals generischen Spielablauf auf.

Einzigartige Musik

Apropos generisch: Grafisch musste man, wohl auch um die riesigen Welten ohne Ladezeiten zu ermöglichen, einige Abstriche machen. Die Modelle sind relativ simpel gehalten (was vor allem im Vergleich mit den detailreichen Modellen im Atlas auffällt), die Sichtweite beschränkt und das Wasser oftmals nicht von Sandoberflächen zu unterscheiden - bis man versucht, darauf zu laufen. Trotz dieser Makel sind die Welten in No Man’s Sky abwechslungsreich und optisch ansprechend. Das Spiel schafft den schwierigen Spagat zwischen Comic-ähnlicher Optik und ausreichend Realismus, um als Simulation durchzugehen.

Im Laufe der rund zwölf Stunden Spielzeit gab es insgesamt vier Abstürze, wovon drei allein auf einen bestimmten Übergang zwischen zwei Sternsystemen zurückzuführen sind. Glücklicherweise speichert No Man’s Sky in regelmäßigen Abständen den Spielstand, dennoch ist es ärgerlich. Über jeden Zweifel erhaben ist jedoch der grandiose Soundtrack der Post-Rock-Band 65daysofstatic, der im Hintergrund für die filmreife Untermalung sorgt. Zudem kreiert eine eigene Sound-Engine in bestimmten Situationen Soundtrack auf Basis dessen, was gerade passiert. Wenn man nicht wüsste, dass diese Musik automatisch generiert wird, würde man es wohl nie bemerken.

Selbstmord auf dem radioaktiven Planeten

Am Ende meines ersten Reisetages wagte ich mich auf den Planeten Aszewskyl Eobat, er könnte aber ebenso den Namen „Waterworld“ tragen. Fast der komplette Planet war von Wasser bedeckt, nur einige kleine Inseln und schwebende Steine boten Möglichkeit zur Landung. Ich wählte eine Donut-förmige Schwebe-Plattform, die sich direkt über meinem Ziel befand. Raus aus dem Cockpit, rein in das Wasser lautete die Devise. Ein schwerer Fehler.

Das Wasser war stark radioaktiv und zerlegte meinen Strahlenschutz innerhalb von wenigen Sekunden. „Schnell zurück auf die Plattform und weg von hier“, dachte ich mir. Erst als ich den Jetpack aktivierte, wurde mir bewusst, wie tief ich eigentlich gefallen war. Der Treibstoff für den Jetpack reicht nicht mal aus, um ansatzweise bis an die rettende Plattform zu gelangen. Ich entscheide mich dazu, auf eine der umliegenden Inseln zu flüchten und die Situation zu evaluieren.

Robinson Crusoe und das Savegame

Dort warteten bereits einige aggressive Krabben auf mich, die ich in anderer Form bereits auf anderen Planeten gesehen habe und bringen mich an den Rande des Todes. Mit dem letzten Schuss aus dem Blitzwerfer gelingt es mir aber, die aggressiven Biester abzuwehren. Was tun? Das Raumschiff ist unerreichbar, selbst ein Upgrade des Jetpacks bringt mich nicht einmal ansatzweise an den Vorsprung heran. Und einen „Lockruf“ für das Raumschiff gibt es nicht - zumindest nicht dort, wo ich mich befinde. Lediglich an einigen Standorten befinden sich Stationen, mit denen das Raumschiff „gerufen“ werden kann.

Gestrandet wie Robinson Crusoe, und die Rettung wird wohl nicht kommen. Auch auf menschliche Hilfe kann man nicht zählen. Die Spieler können sich in No Man's Sky derzeit nicht auf Planeten begegnen. Ob zufällige Weltraum-Begegnungen bereits möglich sind oder dieser Feature eventuell nachgereicht wird, ist derzeit nicht bekannt.

Also war die einzige Lösung nach 15 frustrierenden Minuten für mich: Einen alten Spielstand laden, der noch von einem anderen Planeten stammte. Eine halbe Stunde Spielfortschritt und einige wertvolle Items waren damit verloren. Daran ist nicht das Spiel schuld, der Spieler muss sich aber stets dessen bewusst sein, dass er auf einem Planeten folgenschwere Fehler begehen kann.

In ersten Kritiken wird das Spiel gerne als süchtig machend, aber langweilig beschrieben. Das mag der Fall sein, wenn man nur die ersten vier, fünf Stunden betrachtet, da sich die Spielmechaniken hier stark wiederholen. Doch spätestens mit dem Hyperdrive kommt Abwechslung auf. Man lernt neue Rassen kennen, trifft auf Piraten und zufällig stattfindende Raumschlachten, löst schräge Rätsel und will, da es das Spiel dann endlich erlaubt ist, seinen eigenen Weg beschreiten. Würde mich das Spiel dazu zwingen, eine generische Kampagne zu absolvieren, wäre No Man’s Sky ein solides, aber wenig originelles Weltraumspiel, das ich rasch zur Seite gelegt hätte.

Doch dank seiner gewaltigen Ausmaße begibt man sich hier auf einen unterhaltsamen Selbstfindungstrip, dessen Länge man selbst bestimmen kann. Welche Rolle spiele ich eigentlich in diesem Universum und was gibt es außer mir sonst noch? In unserem Universum fällt es uns schwer, diese Fragen mithilfe von Raumfahrt zu beantworten, in No Man’s Sky kann man sich hingegen an einem ruhigen Nachmittag damit vor der PlayStation 4 oder dem PC beschäftigen. Ob einen diese Form der explorativen Beschäftigungstherapie unterhält, muss man selbst entscheiden. Wer Spiele wie Minecraft mag, wird No Man’s Sky lieben. Ein neues Wing Commander oder Freelancer darf man sich aufgrund der simplen Mechaniken hingegen nicht erwarten.

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Michael Leitner

derfleck

Liebt Technik, die Möglichkeiten für mehr bietet - von Android bis zur Z-Achse des 3D-Druckers. Begeistert sich aber auch für Windows Phone, iOS, BlackBerry und Co. Immer auf der Suche nach "the next big thing". Lieblingsthemen: 3D-Druck, Programmieren, Smartphones, Tablets, Open Hardware, Videospiele

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