Heldinnen werden in Games weniger sexualisiert
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Die typische Videospiel-Heldin war lange Zeit überdurchschnittlich gut gebaut mit großen Brüsten und breiten Hüften, sexualisiert dargestellt und meistens nackt oder äußerst knapp bekleidet. Wie häufig ist diese Art der Darstellung von weiblichen Charakteren in Video-Spielen noch und hat sich das im Laufe der Zeit verändert?
Weniger Sexualisierung
Das hat nun ein Team aus Doktorandinnen der Indiana University untersucht. Die Forscherinnen haben weibliche Charaktere in Videospielen der letzten 31 Jahre einer Inhaltsanalyse unterzogen. Dabei kamen die Forscherinnen Teresa Lynch, Niki Fritz, Jessica E. Tompkins und Irene I. van Driel zu folgender Erkenntnis: Die Zahl der sexualisierten Darstellung von weiblichen Hauptcharakteren ist rückläufig. Ab 2005 ist ein signifikanter Rückgang dieser Art der Darstellung bei den Heldinnen, die die erste Geige in Games spielen, bemerkbar – mit einem kleinen Schwenker nach oben in der Kurve im Jahr 2012.
Lynch glaubt, dass das unter anderem mit der Kritik an der Videospiel-Branche zu tun hat, die es in den vergangenen Jahren mehrfach und häufig gab: „Je mehr Frauen in der Branche arbeiten, desto mehr wird die Übersexualisierung und Objektifizierung von weiblichen Charakteren als Problem wahrgenommen und etwas dagegen unternommen.“
Nebenrollen bleiben Sex-Objekte
Insgesamt haben die Forscherinnen 571 Video-Spiele, die zwischen 1983 und 2014 veröffentlicht wurden und die weibliche Charaktere enthalten, unter die Lupe genommen. Allerdings konnte nur ein Rückgang der übersexualisierten Darstellung bei den Hauptcharakteren festgestellt werden, nicht generell bei allen weiblichen Charakteren.
Denn Frauen, die nur eine Nebenrolle spielen, werden noch sexualisierter dargestellt als je zuvor. Zweit-Charaktere werden nach wie vor oft mit übertrieben großen Brüsten und breiten Hüften und großem Gesäß gezeigt. „Sie werden auf ihren Status als Sex-Objekt reduziert und nicht als volle Person wahrgenommen, sondern sind einfach nur da, um gut auszusehen“, beschreibt Lynch.
Brüste kein Jugendschutz-Kriterium
Dabei mache es auch keinen Unterschied, ob ein Spiel für Teenager oder für ein 18+ Publikum freigegeben sei, so Lynch. „Dadurch wird diese sexualisierte Darstellung von Frauen als normal manifestiert, weil es ist nicht einmal etwas ist, das man Kindern vorenthalten muss.“ Die Popularität von Charakteren wie Lara Croft in „Tomb Raider (1996) habe als Katalysator gedient, um weibliche Charaktere sexualisiert darzustellen, heißt es in der Studie.
Früher war alles besser
Die Sexualisierung der Frauen-Charaktere in Video-Spielen hat laut den Forscherinnen Anfang bis Mitte der 1990er-Jahre begonnen und zwar mit der Einführung von guten 3D-Grafiken, heißt es in der Studie. Davor erlaubte die Grafikdarstellung meist keine außergewöhnliche Darstellung von Charakteren. Mitte der 2000er-Jahre – also konkret im Jahr 2006 – begann dann plötzlich ein Rückgang. Dieser war stärker als erwartet.
Wenn Frauen in Video-Spielen eine Rolle spielen, dann ist es aber nach wie vor vor allem eine sekundäre. Sie sind selten Hauptcharakter oder in irgendeiner Form relevant für die Geschichte. In Zahlen heißt das: In den 571 Video-Spielen hatten in den letzten Jahren ab dem Jahr 2000 nur 42 Prozent der Frauen Haupt-Rollen, während es zu Beginn des Video-Spiel-Zeitalters bis 1990 immerhin 52 Prozent waren. Dazwischen lag der Anteil gar einmal bei nur noch 25 Prozent.
2014 kam etwa der Spiele-Hersteller Ubisoft in die Kritik, weil er gleich drei neue Werke ("Far Cry 4", "Assassin's Creed: Unity" und "Rainbow Six: Siege") ohne weibliche Protagonisten vorstellte. Das kritisierte etwa die Medienkritikern Anita Sarkeesian in der Beitragsreihe namens "Women as Background Decoration".
Kein (genereller) Verzicht auf Sexualität
Die Forscherinnen der Indiana University halten in ihrem Paper zudem fest, dass gerade bei Action-Games Frauen besonders stark sexualisiert dargestellt werden, während in Rollenspielen, die auch bei Frauen selbst sehr beliebt sind, Frauen weniger häufiger als Sex-Objekte dargestellt werden. Das hätten bereits frühere Studien ergeben.
„Mit unserer Studie wollen wir keinesfalls erreichen, dass weibliche Charaktere künftig weniger sexy sein sollen. Die Sexualität und Attraktivität spielt eine wichtige Rolle in Spielen und machen in einem bestimmten Kontext auch Sinn. Aber wenn man einen männlichen Helden in voller Montur sieht und die Frau daneben kämpft im Bikini, ist es schon schwer für Frauen, sich da nicht wie ein Objekt zu fühlen“, sagt Lynch.
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