Murdered Soul Suspect: Geister-Krimi begeistert nicht
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Noch bevor man in Murdered: Soul Suspect (PS4, Xbox One, PS3, Xbox 360, PC) die ersten Schritte macht, ist man auch schon tot. Der Spieler übernimmt die Rolle des Polizei-Ermittlers Ronan O´Connor, der als Geist seinen eigenen Mord aufklären muss. Der Vorspann erzählt geschickt anhand von Ronans Tattoos dessen Lebensgeschichte, sodass man das Wesentliche über ihn weiß – ohne den geläuterten Verbrecher zu Lebzeiten gekannt zu haben.
Das Spiel ist ein Mischmasch aus verschiedenen Epochen. Es ist immer Nacht im Salem, die Straßen der Kleinstadt wirken bedrückend. Zusammen mit Ronans 50er Jahre Look und seiner Zigarette als ständigen Begleiter entsteht ein Film-Noir-Feeling. Das Spiel findet aber in der Jetztzeit statt. Als Geist sieht Ronan andere Geister und Schatten aus der Vergangenheit, die dem 17. und 18. Jahrhundert zuzuschreiben sind. Spätere Levels, wie die Irrenanstalt, scheinen wiederum von den 60er Jahren inspiriert worden zu sein. Die Idee, dass sich in der Zwischenwelt grausame Ereignisse aus verschiedenen Epochen sammeln ist zwar gut, aber holprig umgesetzt, sodass es schwer fällt eine durchgehende Linie zu erkennen und sich in die Welt von Murdered hineinzuversetzen.
Geisternachteile
Ronan muss schnell feststellen, dass die Geisterform nur bedingt hilfreich beim Finden des Serienmörders ist, der auch ihn auf dem Gewissen hat. So kann er keine Gegenstände angreifen und nicht einmal eine Seite einer Akte umblättern, um das Foto darunter zu sehen. Außerdem kann er keine Gebäude betreten wenn die Tür nicht offen ist, da die Bewohner von Salem ihre Häuser gesegnet haben.
Dazu kommt noch, dass in Ronans Geister-Zwischenwelt Fragmente des alten Salems sind. Steht etwa ein halb zerfallenes Geisterhaus mitten auf der Straße, muss Ronan einen Weg rundherum finden. Dadurch kommt es im Spielverlauf zu lästigen Herumlaufereien, weil man zu einem bestimmten Ort will, der nur über eine halb-versteckte Geistersperren-freie Seitengasse zu erreichen ist.
Durch Wände gehen
Ist Ronan mal in einem Haus, kann er durch Wände und geschlossene Türen gehen. Beim Durchschreiten einer Wand bleibt eine blaue Silhouette zurück. So kann man sich leichter orientieren, in welchen Räumen man schon war. Denn bevorzugt man das Betreten von Zimmern durch Wände anstatt von Türen, kann man schon mal die Orientierung verlieren. An manchen Wänden sind bereits leicht verblasste blaue Umrisse erkennbar. Dies sind Hinweise darauf, dass an dieser Stelle die Wand durchlaufen werden kann und sich dahinter möglicherweise ein sammelbares Extra verbirgt.
Das ist auch die Hauptbeschäftigung im Spiel. Die meiste Zeit verbringt man damit Räume nach sammelbaren Gegenständen abzusuchen. Meistens sind es nur Hintergründe zu Ronans früheren Leben oder Zeitungsschnipsel, die die Chronologie der Serienmorde vermitteln. In jedem Level gibt es zudem Sammelgegenstände, die eine kurze Geschichte erzählen, wenn man alle beisammen hat. Die Kurzgeschichte wird von einem Sprecher erzählt, während ein Standbild zu sehen ist. Man fragt sich danach, ob die Herumrennerei und Sucherei das wert war.
Hinweise finden
Der spannendste Teil von Murdered ist die kriminologische Arbeit. Bei Tatorten müssen erst Hinweise aufgespürt werden. Glaubt man die Lösung zu kennen, wählt man Hinweise aus. Bei manchen Tatorten ist die zeitliche Reihenfolge der Geschehnisse entscheidend, bei anderen reicht es die drei richtigen Hinweise aus über zehn verschiedenen auszuwählen.
In einem Mini-Spiel müssen Bildern oder Szenen Worte zugeordnet werden. Dabei gibt es aber Probleme. Das Bild ist ausgegraut und nicht gut zu erkennen, weil im Vordergrund die zu wählenden Wörter eingeblendet sind. Die Wörter sind teilweise falsch übersetzt. So gilt etwa bei einem am Ufer liegenden toten Mädchen das Wort „abgewrackt“ als richtig, was aber eigentlich „angeschwemmt“ oder „abgetrieben“ heißen sollte.
Wenig Liebe zum Detail
Manchmal muss man von Menschen Besitz ergreifen, um ihre Gedanken zu lesen oder sie mit zuvor gefundenen Hinweisen zu manipulieren. Das Gedankenlesen funktioniert nicht nur bei für den Fall relevanten Menschen, sondern auch bei Personen auf der Straße. Hier mangelt es aber an Liebe zum Detail. Streift man durch Salem, findet man zahlreiche unmotiviert auf Bänken sitzende und ins Nichts starrende Personen, was nachts doch eher ungewöhnlich ist. Noch dazu denken sie Sachen wie: „Ich sollte nachhause gehen. Jetzt“, bleiben aber stur sitzen.
Anderen laufen wie hypnotisiert ständig im Kreis. Zudem sind, trotz der spärlichen Bevölkerung, Personen doppelt und dreifach in Salem vertreten. Dadurch wirkt das Spiel lieblos umgesetzt. Auch die Schleich-Szenen mit den Dämonen wirken unpassend und nur eingebaut, damit die Spielzeit länger wird.
Zumindest gibt es hin und wieder kurze Lichtblicke, in denen das Geister-Gameplay gut umgesetzt ist. So ergreift man etwa Besitz von einer Katze um bestimmte Gebiete zu erreichen oder führt ein Gespräch mit einem Stalker, für den seine Geisterform das Beste ist, was ihm passieren konnte.
Murdered: Soul Suspect hat viel Potenzial, das es aber verschenkt. Das Paranormale und das Lösen von Kriminalfällen sind gute Ansätze, die teils lieblose Umsetzung macht aus einem guten aber nur ein mittelmäßiges Spiel.
Nach den sieben bis siebeneinhalb Stunden Spielzeit gibt es eigentlich keinen Anreiz noch mal von vorne zu beginnen. Der Ausgang der Geschichte ist immer der Gleiche. Alternative Wege oder Enden gibt es nicht, genauso wenig wie eine Bestrafung, wenn man Hinweise falsch deutet. Dem Spiel hätten noch ein paar Monate zusätzliche Entwicklungszeit gut getan. So wirkt es unfertig und ist nicht die 70 Euro wert, die die PS4- und Xbox-One-Version kosten.
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