Valiant Hearts
Valiant Hearts
© Ubisoft

Spieletest

Valiant Hearts: Die menschliche Seite des Ersten Weltkriegs

Es ist kein Zufall, das Valiant Hearts (15 Euro, Xbox One, Xbox 360, PS4, PS3, PC) jetzt erschienen ist. Vor 100 Jahren begann der Erste Weltkrieg, der 17 Millionen Menschenleben forderte. Valiant Hearts drückt dem Spieler aber kein Gewehr in die Hand oder gibt ihm die Befehlsgewalt über eine Armee, sondern lässt ihn Puzzles lösen.

Es ist aber nicht das Gameplay, das bei Valiant Hearts im Vordergrund steht. Es ist die Geschichte von fünf Menschen, deren Schicksale durch den Großen Krieg verknüpft sind. Und es ist die geniale Art in der sich das Spiel präsentiert. Der markante Zeichentrick-Stil, der ausgezeichnete Soundtrack und die gesamte Aufmachung des Spiels harmonieren.

Die Optik im Graphic-Novel-Look mit den passenden Animationen ist sehr gelungen. Während bei anderen Download-Games ähnliche Grafik-Stile manchmal wirken als seien sie aus Budget-Gründen gewählt worden, ist der von Valiant Hearts sehr stimmig. Es ist in etwa so wie der Unterschied zwischen einem Mickey-Maus-Heft und der Graphic Novel „Maus“ oder „Kung Fu Panda“ und dem Animationsfilm „Waltz With Bashir“.

Fünf Schicksale

Die Handlung erzählt die Geschichten von fünf Menschen, deren Schicksale sich in den Wirren des Ersten Weltkriegs kreuzen. Die Hintergründe und Motivationen der Charaktere werden in Zwischensequenzen näher gebracht, sodass es leicht fällt, mit ihnen mitzufiebern und wissen will, wie ihre Reise weitergeht. Die Charaktere sind nicht die typischen Kriegshelden. Emile ist ein eingezogener, französischer Bauer, der sich mit der Suppenkelle wohler fühlt als mit dem Gewehr. Ana ist eine belgische Sanitäterin und Karl ein deutscher Soldat, der ebenfalls gegen seinen Willen eingezogen wurde.

Auf ihren Reisen sieht man den wenig ruhmvollen Kriegsalltag. Soldaten fallen im Artilleriefeuer, zerfetzte Körper bedecken das Schlachtfeld. Läuft man in die andere Richtung, wird man als Deserteur getötet. An anderer Stelle wird erstmals Senfgas eingesetzt, das die Soldaten dahinrafft. In der Stadt suchen Zivilisten ihre Angehörigen, die in den Bombentrümmern verschüttet sind.

An bestimmten Stellen in den Levels, wie etwa bei einem Artilleriegeschütz oder der ersten Begegnung mit Senfgas, können historische Hintergrundtexte angeschaut werden. Diese sind allerdings mit einem Foto und etwas Text lieblos umgesetzt. Die Informationen sind zwar durchaus interessant, der krasse Stilbruch mit dem Rest von Valiant Hearts reißt einen aber aus dem Spielgeschehen heraus.

Kein Töten

Trotz des Leids und der Zerstörung, die die Charaktere mitansehen müssen, greifen sie nicht selbst zu den Waffen. Kommt es zur Konfrontation werden feindliche Soldaten von hinten K.O. geschlagen oder man schleicht an ihnen vorbei. Anfangs wirkt das Konzept des Nicht-Tötens im Krieg noch befremdlich. Es versetzt den Spieler eher in die Rolle des Zuschauers, der nicht aktiv ins Kriegsgeschehen eingreift. Das ist durchaus positiv: Man hat nicht wie in einem Shooter die Ambition Schlachten zu entscheiden und fühlt deshalb mehr mit den Charakteren mit, die nur normale Menschen in einer unmenschlichen Situation sind.

Leider schafft es Valiant Hearts nicht diese Stimmung komplett durchzuziehen. Es gibt nämlich Boss-Kämpfe gegen einen stereotypen deutschen Befehlshaber mit einer Vorliebe für Würstchen, Zeppeline und bellende Befehle. Zwar gibt es im Spielverlauf immer wieder kleine Einlagen die zum Schmunzeln einladen aber der Klischee-Deutsche ist einfach zu viel.

Schleichen und puzzeln

Valiant Hearts
Das eigentliche Spiel ist ein 2D-Adventure. Meist sucht man nach Gegenständen um sich damit einen Weg durch das Level zu bahnen. Die Puzzle-Elemente sind gerade herausfordernd genug. Man muss nicht lange suchen um die Lösung zu finden, es ist aber auch nicht so einfach, dass es wie ein Alibi-Aktion wirkt, um die Spielzeit in die Länge zu ziehen. Wirklich anspruchsvoll wird es erst gegen Ende des Spiels.

In einigen Levels kommen Schleicheinlagen hinzu, die relativ gut gelöst und spannend sind. Dazwischen gibt es Mini-Games, bei denen man etwa im Takt zur Musik Beschuss und Verkehr ausweichen muss oder in Guitar-Hero-Manier Verwundeten Bandagen anlegt.

Fazit

Valiant Hearts ist ein gelungenes Werk, solange man es nicht als reines Videospiel betrachtet. Es ist aber auch noch nicht Kunst – dafür ist zu unterhaltsam. Sieht man es als eine Art animiertes Bilderbuch für Erwachsene, das mit Such- und Rätseleinlagen aufgelockert ist, wird man für sechs bis sieben Stunden gut unterhalten.

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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Gregor Gruber

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