The Division
The Division
© Ubisoft

Tom Clancy's The Division

“Wir heben die Zerbrechlichkeit der Gesellschaft hervor“

Als The Division erstmals 2013 auf der E3 vorgestellt wurde, galt es als das schönste und interessanteste Next-Gen-Spiel. Der Third-Person-Shooter spielt in New York, nachdem eine Krankheit in nur fünf Tagen die USA zum Kollabieren gebracht hat. Der ist Teil einer zivilen Sondereinheit, die für solche Szenarien vorbereitet ist. Sie soll retten, was noch zu retten ist.

Details zum Gameplay und wie die angedeuteten Massive-Multiplayer-Elemente funktionieren sollen, sind noch nicht bekannt. Auch das finale Erscheinungsdatum steht noch nicht fest. Nach mehrmaligen Verschiebungen soll The Division 2015 für PS4, Xbox One und PC erscheinen. Die futurezone sprach mit Martin Hultberg, IP-Developer von The Division bei Ubisofts schwedischem Spielestudio Massive.

Ist das “Nach dem großen Knall”-Szenario essenziell für das Gameplay von The Division oder nur die Hintergrundgeschichte für die Schießereien?
Das Szenario von The Division ist nicht nach dem großen Knall, sondern während des großen Knalls. Es passieren immer noch viele Dinge, die Welt ändert sich durch die Ereignisse. Der Spieler hat eine Chance diese Änderungen durch seine Handlungen zu beeinflussen. Man ist Teil des Prozesses, der die Welt ändert.

Die Kämpfe der Gangs aus den Trailern im zerstörten New York erinnern an das Comic DMZ. War das eine Inspiration für The Division?
Ich habe das Comic gelesen. In ein paar Punkten passt der Vergleich, aber es ist nicht der Kern der Inspiration. Was wir mit dem Game hervorheben möchten ist die Zerbrechlichkeit der Gesellschaft und wie zerrüttet unsere Welt geworden ist. New York ist ein guter Ort dafür, weil nahezu jeder auf der Welt eine Vorstellungen davon hat, was New York ist und wie New York funktioniert – sei es durch Comics, Filme oder TV-Serien.

Das Grundprinzip ist aber gleich: Wenn The Division in Wien spielen würde, würde die Krise dieselben Probleme hervorrufen. In Großstädten wird nicht viel selbst produziert, Lebensmittel, Medikamente und vieles andere kommt von außerhalb. Wenn die Lieferungen nicht mehr erfolgen, löst man diese Krise aus, die wir in The Division zeigen.

Welche anderen Quellen dienten als Inspiration?
Da gibt es viele. Jeder Mitarbeiter hat seine eigenen. Für mich waren es etwa das Buch The Coward's Way of War, das auch in New York spielt, das Buch Caffa von Charles Faddis, in dem es um eine Pandemie geht und anderes aus der Pop-Kultur wie Walking Dead – sowohl die Comics als auch die TV-Serie.

Sie gehören zu den wenigen, die mit Walking Dead explizit nicht bloß die TV-Serie meinen. Hätten sie gesagt: „die Comics, nicht die TV-Serie“, hätten sie jetzt einen dicken Pluspunkt.

Ich denke sowohl die Comics als auch die TV-Serie haben ihren Charme. Ich habe zuerst die Comics gelesen und dann die Serie gesehen. Ich denke, die Serie hat Walking Dead größer und zugänglicher gemacht. Man kann durch die TV-Serie besser Bezüge zu den Charakteren herstellen.

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Das stimmt, aber haben sie nicht auch die „Geek Rage“ und denken sich öfters beim Ansehen der TV-Serie: „Wieso machen die schon wieder sowas Dummes, in den Comics würden sie das nie tun“?
Natürlich denke ich mir das und das dürfen Geeks auch. Das ist normal und ein Phänomen bei fast allen TV-Serien oder Filmen, die auf Büchern oder anderen Werken basieren.

In Trailern wurde angedeutet, dass The Division viel auf Erkundung setzt und Entscheidungen des Spielers Auswirkung auf die Welt haben werden.
Unser Ziel war es eine Welt zu schaffen, die der Spieler verändern kann, deshalb wurde das Erkunden ein wichtiger Teil des Spiels. Durch die grafischen Details, die die Snowdrop-Engine ermöglicht, stellten wir fest, dass es den Leuten gefällt durch die Welt zu spazieren und sie anzusehen. Wir wollten, dass die Entdeckungen auch etwas bedeuten, deshalb sind Entscheidungen so wichtig für das Gameplay. Es gibt Punkte an denen man sich, simpel gesagt, entscheiden wird: Gehe ich den Weg nach links oder rechts weiter. Diese Entscheidungen müssen eine Art von Bedeutung haben.

Wir haben auf der E3 zum Beispiel das Basislager gezeigt, das man freischalten und aufrüsten kann, um darin verschiedene Sachen zu machen. Das ist Teil des Entscheidungs-Prozesses. Das geht runter bis zu Fragen wie: Welche Waffen soll ich benutzen, wie soll ich sie modifizieren, welche Skill sollte ich nehmen, etc.

Stichwort „Basislager“: Würden sie The Division mit dem Open-World-Spiel State of Decay vergleichen, in dem das Gameplay ebenfalls stark auf Erkundung basiert?
Technisch ist es so, dass es, bis zu einem bestimmten Grad, bei jedem Open-World-Game um Entscheidungen geht. Soll ich zum Berg oder zum Wasser gehen, soll ich dieses oder jenes tun. Der Trick ist bedeutende Entscheidungen zu haben, die die Spielerfahrung langfristig beeinflussen.

Martin Hultberg, IP-Developer beim schwedischen Entwicklerstudio Massive
Das heißt der Spieler muss aber zu dem Ort gebracht werden, der eine Entscheidung auslöst. Würden sie das als „geführte Erkundung“ bezeichnen?
Ich würde es eher „ermutigende Erkundung“ nennen. Wir machen die Spieler neugierig darauf, was in einem bestimmten Gebiet sein könnte. Wir haben auch die üblichen Erkundungen, wie wenn ein Charakter etwa den Auftrag gibt: „Ich brauche Eier, hole sie mir vom Ort XY“. Wir haben auch etwas, das man bei vielen guten Open-World-Games findet. Man schaut auf die Karte und denkt sich: „Das schaut interessant aus, da will ich hin.“ Oder man denkt sich: „Ich habe mich schon ein paar Mal in der Nähe von diesem schwarzen Fleck auf der Karte aufgehalten aber ich war noch nie drinnen – jetzt will ich wissen was es dort gibt.“

Wird es in diesen Orten auch wirklich etwas zu entdecken geben? Bei Destiny etwa kommt es oft vor, dass man einen abgelegen Winkel erkundet und dort überhaupt nichts ist.
Das geht zurück bis zur Kern-Philosophie die man hat, wenn man ein Spiel designt. Für uns war immer schon eine tragende Säule des Designs, dass der Spieler in die Welt eintauchen kann. Man sollte sich nicht den Weg zu einem bestimmten Ort freikämpfen, nur um sich dann dort zu denken: „hm.“ Das ist nicht immersiv, das macht keinen Spaß.

Wenn man wo hin geht, sollte man entweder etwas neues erfahren oder sich belohnt fühlen. Man muss nicht immer eine physische Belohnung dafür erhalten etwas getan zu haben, aber vielleicht gibt es eine andere Art von Feedback oder Erfahrung, die einen auf der Gefühlsebene anspricht.

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Braucht The Division überhaupt die Tom-Clancy-Lizenz? Die Story scheint auch ohne Jack Ryan und rachesüchtige Ex-Soviet-Generäle zu funktionieren.
Die Tom-Clancy-Lizenz fügt gewisse Dinge zum kreativen Schaffensprozess hinzu. Wenn man Teil eines Grundgerüst oder einer IP ist, wie etwa des Tom-Clancy-Universums, gibt das zusätzlichen Fokus. Es hilft die Entwicklungsbemühungen zu bündeln und die Mitarbeiter zu inspirieren.

Wie wichtig ist der Koop-Modus von The Division? Wird es einen Splitscreen-Modus geben?
Ich kann noch nichts dazu sagen, ob es einen Splitscreen-Modus geben wird. The Division ist ein Social Game. Die meisten Mitarbeiter bei uns spielen Games mit oder gegen andere Leute. Der soziale Aspekt ist uns sehr wichtig. Wenn man The Division alleine spielen will, kann man das machen, ohne jemals eine andere Person zu treffen. Wir haben uns viel Mühe damit gegeben, dass es einen Unterschied macht, wenn man zusammen mit anderen Leuten spielt, wie etwa Synergie-Effekte oder auch einfach die Freude daran, zusammen mit anderen zu spielen.

Es gibt Spiele, die einen in eine Koop-Situationen bringen, aber man sich den anderen Spielern nicht verbunden fühlt. Die Mitspieler wirken dann nicht wie Menschen, sondern wie eine K.I., weil man in keine sozialen Interaktionen mit ihnen tritt. Diese Spiele, die Leute zusammen spielen lassen, aber sie nicht sozial verbinden, gibt es schon lange. Wir wollen, dass es etwas bedeutet, wenn man mit anderen Menschen kooperiert.

Also wird der gesamte Story-Modus kooperativ spielbar sein?
Ja, klar. Wir nutzen etwas, das wir „Environmental Storytelling“ nennen. Es sind Geschichten, die von der Welt erzählt werden, die die Spieler als Gruppe erleben. Wir bevorzugen das zu den üblichen Methoden, bei denen alle Spieler warten müssen, weil einer eine Zwischensequenz fertig anschauen will. Wir wollen, dass die Welt von The Division plausibel und authentisch wirkt.

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Wird es die zuvor vorgestellte Companion-App ins finale Spiel schaffen, bei der Gamer über das Smartphone eine Drohne steuern, um Freunde zu unterstützen?
Ja, das gehört auch zur sozialen Erfahrung dazu. Bei einem aktuellen, sozialen Medium sollte einfach dazugehören, dass ein Freund anrufen kann, während man im Bus oder in der Arbeit sitzt und sagt: „Hey Kumpel, ich brauche wirklich deine Hilfe.“ Auch wenn man nicht vor der Konsole sitzt, kann man ihn über das Smartphone oder Tablet helfen.

Vielleicht gefällt manchen diese Art zu spielen besser als das eigentliche Game. Es gibt viele Spiele aus der Vogelperspektive, bei der man als Beobachter indirekt eingreift oder Anweisungen gibt, um zu helfen – für uns ist das eine Chance, einer größeren Zielgruppe das Spiel näher zu bringen.

Das Konzept von The Division schreit geradezu “Action RPG”. Wird Charakter-Entwicklung eine Rolle spielen?
Die Charakter-Entwicklung ist ein großer Teil von The Division, genauso wie die Gegenstand-Entwicklung. Es wird möglich sein Gegenstände zu modifizieren, auch Crafting wird eine Rolle spielen. Es ist wichtig einen Charakter zu haben, der das Gefühl vermittelt, dass er nur einem selbst gehört, einzigartig ist und sich mit der Zeit weiterentwickelt. Da wir keine Klassen haben, ist die Entwicklung umso wichtiger, um den Charakter dem persönlichen Spielstil anzupassen.

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Wird es möglich die Charaktere bei Spielbeginn zu personalisieren, etwa mit Hautfarbe, Haaren und Bärten?
Ja und natürlich wird es auch Bärte geben, die sind wichtig (lacht).

Wird es weibliche Charaktere geben? Ubisoft musste diesbezüglich in jüngster Vergangenheit viel Kritik einstecken.
Bei uns gibt es weibliche Charaktere. Schon in den ersten Trailern waren Frauen immer Bestandteil der Teams der Spieler. Es hängt damit zusammen, wie man eine Geschichte erzählen will. Bei The Division kreiert der Spieler seinen Helden. Wenn man einen weiblichen Charakter machen will, egal ob als Mann der lieber eine Heldin spielt oder weil man sich als Frau lieber mit einem weiblichen Charakter identifizieren will, ist das für uns kein Problem.

Wenn man die Tom-Clancy-Bücher liest, findet man darin immer starke Frauen. Nicht nur solche, die männliche Charaktere unterstützen, sondern auch welche, die selbstständig und unabhängig von einem Mann sind. Im Clancy-Franchise ist das nichts neues. Wir wollten schon seit langem ein Spiel machen, dass sich an den Clancy-Büchern und nicht an anderen Clancy-Spielen orientiert.

Ich sage nicht, dass die Spiele schlecht waren, ganz im Gegenteil. Rainbow Six ist eines meiner Lieblingsspiele und ich liebe auch Ghost Recon. Aber diese Spiele waren in gewisser Weise unzusammenhängend. Man geht auf eine militärische Mission und es gibt nur die Mission. Es ist kein Platz für Beziehungen oder zivile Gefühle. In The Division geht es um eine zivile Einheit in eine zivilen Welt. Deshalb war es sehr wichtig von uns, von diesem militärischen Mindset wegzugehen.

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Wird die Story eher kurz sein mit Fokus auf Multiplayer danach, oder ist die Kampagne wichtiger?
Mit dem Open-World-Gameplay ist es schwer zu sagen, wie lange man tatsächlich spielt. Unsere Idee ist ein Spiel zu machen, das eine lange Lebensdauer hat. Man soll auch noch Spaß am Spiel haben, nachdem die Story vorbei ist. Einer meiner Kollegen sagte, dass wir versuchen eine „endless Experience“ zu schaffen. Ich finde es ist sehr ambitioniert das Wort endlos zu verwenden, aber ich verstehe was er damit meint. Der Spieler soll nicht an einem Punkt ankommen, an dem er denkt: „Oh, ich bin fertig. Ich kann nichts mehr spielen.“

Aufgrund des Epidemie-Szenarios und der zivilen Einheit wird The Division sicherlich viele Prepper anziehen. „Kümmern“ sie sich auch um diese Zielgruppe, indem etwa die Waffen besonders realistisch dargestellt werden?
Red Storm, die Macher von Rainbow Six und Ghost Recon, kümmern sich darum. Sie sind meiner Meinung nach die besten Waffenmacher in der Videospiele-Branche. Sie machen die Waffen von The Division und das Zubehör. Da ich selbst Clancy-Fan bin, ist es auch für mich wichtig, dass gewisse Begriffe korrekt sind. Bei den Namen muss man Kompromisse machen. Waffen sind Produkte und um die Namen von Produkten nutzen zu können, muss man die Rechte dazu haben.

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Product Placement nimmt bei Videospielen deutlich zu. Gehen Sie auf die Hersteller zu oder ist es umgekehrt?
Die Spieleindustrie, die sehr jung im Vergleich zur Filmindustrie ist, ist in den vergangenen zehn Jahren viel erwachsener geworden. Bei Product Placement in Spielen ist es derzeit ähnlich wie bei Filmen. Manchmal kommt ein Hersteller zum Spieleentwickler und sagt „Ich will mein Produkt in deinem Game haben.“ Manchmal geht der Spieleentwickler zum Hersteller und sagt: „Ihr habt da ein cooles Ding, darf ich das in meinem Spiel verwenden?“

Und wie sieht es mit Product Placement in The Division aus?
Ich bin mir nicht sicher, wie viel Product Placement wir in The Division haben. Es ist oft schwierig, wenn es nicht ein bestimmtes Produkt ist. Dann müssen wir überprüfen, ob wir mit unseren eigenen Kreationen nicht gegen Copyright verstoßen, weil es etwa Patente auf Designs gibt. Manchmal beschweren sich Leute bei uns, dass Sachen nicht wie im realen Leben aussehen. Wir wissen das. Wir können diese Sachen nicht exakt im Spiel reproduzieren, weil dies ein rechtliches Problem wegen dem Copyright auslösen würde.

Da wir ein realistisches Szenario haben, ist es eine schwierige Situation. Wir können nicht jeden Gegenstand der Welt lizensieren. Das gilt für Schilder, Autos und sogar manche Gebäude – alles ist eine potenzielle Lizenz-Frage.

Wir versuchen trotzdem diese Gegenstände authentisch zu halten. Wenn das neue Design mechanisch falsch ist, ist das schlecht. Aber wenn wir das Design ändern können, ohne die Funktionsweise unmöglich werden zu lassen, machen wir das.

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Wie sind sie auf die Idee gekommen eine Smartwatch in The Division einzubauen? Haben sie schon früh erkannt, dass die Geräte ein Trend werden, oder war es Zufall?
Als wir entschieden haben, dass die Einheit zivil und nicht militärisch ist, dass die Mitglieder ihr normales Leben führen bis die Krise da ist, haben wir über ihre Probleme nachgedacht. Wie wird die Einheit aktiviert, wie bleiben sie untereinander in Kontakt und senden sich Informationen? Jeder hat ein Smartphone, aber damit kann man nicht herumlaufen, wenn Dinge passieren oder man in einen Kampf gerät.

Wir haben uns Spezialeinsatzkräfte angesehen. Die haben fast immer eine Uhr und ein Display am Arm, etwa für die GPS-Einheit. Wir haben überlegt, dass man die beiden Geräte kombinieren könnte. Man hat dann eine zivil aussehende Uhr, die man immer bei sich hat. Als das Design der Uhr fertig war, hatte diese einen markanten Ring. Der wurde zu einem Erkennungsmerkmal für The Division. Man sieht ihn etwa in manchen Logos und Trailern.

Es war ein organischer Prozess, basierend auf Fragen, wie die Einheit Probleme lösen würde. Wir haben auch nachgeforscht und gesehen, dass Smartwatches in ein paar Jahren ein Trend sein werden. Wir waren überrascht davon, dass die Geräte so schnell populär wurden. In Rainbow Six gab es etwa schon den Bewegungssensor, der jetzt tatsächlich als Prototyp existiert. Tom Clancy wusste nicht, wann es so etwas geben wird, aber er wusste, dass es so etwas geben wird und hat es ins Buch geschrieben. So war es bei uns mit der Smartwatch und auch mit den anderen Technologien, die im Spiel zu finden sind.

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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