Gebt Snowden Asyl!
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Die Realität sieht anders aus. Der Aufdecker des großen Spionageskandals wird als Straftäter gesucht, ist ein „Verbrecher" und daher eine Person, mit der demokratische Regierungen nichts zu tun haben möchten. Und da zeichnet sich die europäische Staatengemeinschaft wirklich aus und zeigt, wie schwach, wie unbedeutend sie geworden ist. Was genau hat er gemacht? Er hat die Welt darüber informiert, in welchem Ausmaß die NSA den Rest der Welt ausspionieren.
Garantien
Da erfahren die EU-„Granden" vor einigen Tagen, dass Europa ausspioniert wird, dass sogar die EU-Zentrale verwanzt wurde. Und reagierten natürlich erschüttert: „Wenn diese Berichte wahr sind, ist das abscheulich", sagte Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn. „Die USA sollten lieber ihre Geheimdienste überwachen, statt ihre Verbündeten. Wir müssen jetzt von allerhöchster Stelle eine Garantie bekommen, dass das sofort aufhört." „Wenn das stimmt, dann bedeutet das eine große Belastung für die Beziehungen der EU und der USA", sagte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz und andere EU-Vertreter sprachen von einem schweren Vertrauensmissbrauch.
Formalfehler
Aber wie reagieren die EU-„Granden", wenn sie die Möglichkeit bekommen, dass sie jenem Mann, dem sie dieses Wissen verdanken, helfen könnten, weil er in einigen EU-Staaten – darunter auch Österreich – Asyl beantragt hat? Sie geben ihm nicht Asyl und berufen sich auf einen Formalfehler. Bei der Verkündung der entsprechenden ablehnenden Worte war Innenministerin Mikl-Leitner sehr schnell – um sich ja nicht zu viel mit der Causa anzupatzen.
Sanktionen
Liebe Damen und Herren der EU, liebe Staatschefs, liebe Innen- und Außenminister – das nennt man Feigheit, auf einen solchen Formalfehler wird gepfiffen, denn das jahre-, jahrzehntelange ausspioniert werden durch die USA ist auch ein „Formalfehler" in bilateraler Hinsicht. Anstatt einem Mutigen, der diese Dinge aufzeigt und damit sein Leben riskiert, Asyl zu gewähren, tut man so, als hätte man mit der Causa nichts zu tun. Wir, also jeder EU-Bürger, sind mitten drinnen! Oder haben die EU-Verantwortlichen, Staats- und Regierungschefs nun die Hose voll, weil es sonst „Sanktionen" aus den Vereinigten Staaten geben würde.
Zwischenstaatliche Beziehungen
Wie könnten die aussehen? Dass Bürger jenes Landes, das Snowden aufnimmt, bei der Einreise in die USA schlechter behandelt werden? Zwischenstaatliche Beziehungen sind etwas komplexer als das Waiver-Programm, allerdings hat Snowden mit seinen Enthüllungen nun endlich das bestätigt, was viele Journalisten und Autoren schon seit Jahren vermuten, beschreiben, aber nicht mit Unterlagen beweisen konnten. Jene, die seit Jahren davor warnen, dass alle unsere digitalen Spuren ausgewertet werden und im Internet-Zeitalter fast jegliche Privatsphäre verloren gegangen ist, wurden belächelt und als Verschwörungstheoretiker bezeichnet.
Dabei gab es in der Vergangenheit schon viele geheime Spionage-Programme, die die USA (teilweise sogar mit europäischen Partnern) gegen den Rest der Welt eingesetzt hat; das beginnt bei Echelon, bei dem Satelliten den weltweiten Telekommunikationsverkehrs überwacht haben, geht über Carnivore (damit wurde der eMail-Verkehr und das Online-Verhalten auf kriminelle Tätigkeit hin überwacht) und endet bei Prism. Aber es gibt sicherlich mehr als Prism, denn seit 25. Oktober 2001 ist es mit unserer Freiheit vorbei. Damals wurde vom US-Kongress der Patriot Act verabschiedet, ein Gesetz zur „Stärkung und Einigung Amerikas durch Bereitstellung geeigneter Instrumente, um Terrorismus aufzuhalten und zu blockieren". Das erlaubt den US-Behörden praktisch alles, um Terrorismus zu bekämpfen und ist ein Freibrief für Spionage in allen Ausprägungsformen.
Dass US-Geheimdienste Zugang in Daten von Google haben, ist schon seit Jahren bekannt. Dass sie Skype überwachen auch und dass soziale Netzwerke eine Fundgrube sind, ist klar. Es ist Fakt, dass Datensammlungen angezapft werden. Auch wenn uns immer wieder versichert wird, dass alles nur „rein theoretisch" ist – wenn die Möglichkeit da ist, wird sie genutzt.
Snowden hat dies mit seinen Enthüllungen bestätigt. Den Überbringer dieser Nachricht als Staatsfeind zu behandeln, ist allerdings mehr als unangebracht. Dass ihm in den USA „Diebstahl von Regierungseigentum, unautorisierte Kommunikation von Informationen über die Landesverteidigung sowie vorsätzliche Kommunikation von geheimen, nachrichtendienstlich relevanten Kommunikations-Informationen an eine unautorisierte Person" vorgeworfen wird, ist logisch. Aber dass er auch vom Rest der Welt geächtet wird, ist vermessen.
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