Urheberrecht: Das Problem sind nicht nur Upload-Filter
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Das EU-Parlament hat am Donnerstag überraschend gegen einen Richtlinienentwurf zur Reform des Urheberrechts gestimmt. Und das ist gut so. Denn in dem Entwurf sind mit den geplanten "Upload-Filtern" Maßnahmen enthalten, die das Potenzial haben, die letzten Reste eines freien und offenen Internets zu beseitigen.
Abenteuerliche Annahmen
Auch das vom deutschen Berichterstatter Axel Voss vor der Abstimmung proklamierte Ziel, "die Ausbeutung europäischer Künstler durch Google und Facebook zu beenden", wäre mit der Richtlinie wohl kaum erreicht worden. Wahrscheinlich hätten Google und Facebook, die längst solche Filtermaßnahmen einsetzen, sogar davon profitiert, weil kleine Plattformen und Start-ups davon abgeschreckt werden. Die Annahme, dass Künstler durch Upload-Filter mit ihren Inhalten mehr Geld verdient hätten, ist höflich ausgedrückt abenteuerlich.
Auch das in dem Entwurf enthaltene Leistungsschutzrecht, wird wohl wenig an der Dominanz der US-Konzerne ändern. Wahrscheinlich bewirkt es genau gar nichts, im schlimmsten Fall wird die Medienvielfalt darunter leiden. Mehr Geld für ihre Inhalte werden die Verlage deshalb sicher nicht bekommen.
Politik ist Teil des Problems
Die europäische Politik hat in den vergangenen Jahren tatenlos dabei zugesehen, wie die US-Plattformen das Netz quasi plattgemacht und zu einer Überwachungsplattform samt angeschlossenem Einkaufszentrum gemacht haben. Anstatt das Potenzial eines offenen Internets zu fördern, wurden Nutzungen von Inhalten, die über den reinen Konsum hinausgehen, mit Strafen bedroht oder in rechtliche Grauzonen gedrängt.
Die Medien- und Unterhaltungsindustrie, die sich heute gerne als Opfer der bösen US-Konzerne stilisiert, hat dazu ihren Teil beigetragen. Anstatt Geschäftsmodelle zu entwickeln, die auf die Möglichkeiten der vernetzten Welt eingehen, wurde überlegt, wie Tauschbörsennutzern der Internet-Zugang gekappt werden könnte ("Three Strikes Out").
Von einer Überarbeitung der Urheberrechtsreform, mit der sich das EU-Parlament in den nächsten Monaten befassen muss, darf man sich deshalb nicht allzuviel erwarten. Mehr als kosmetische Änderungen wird es nicht geben. Aber eine Urheberrechtsreform, die noch mehr Kontrolle von Inhalten und Nutzern bringt, ist keine Lösung, sondern ein Teil des Problems.
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