Grün ist out: Bald wird nach lila Männchen gesucht

Grün ist out: Bald wird nach lila Männchen gesucht

© /Joecicak/Istockphoto

Wissenschaft & Blödsinn

Wo sind all die Aliens?

Eine Zeit lang waren Außerirdische in Mode. Man war begeistert über unscharfe Fotos der Roswell-Aliens, führte ebenso unscharfe Interviews mit UFO-Entführungsopfern und studierte mit ehrfürchtigem Bauchkribbeln die geometrischen Muster, die außerirdische Besucher angeblich in Kornfeldern hinterlassen hatten.

Heute hört man solche Geschichten kaum noch. Haben die Leute heute weniger Phantasie, oder produzieren moderne Kameras einfach keine ausreichend verwaschenen Bilder mehr? Egal, die große Frage bleibt: Sind wir alleine im Universum? Oder sollten wir jederzeit damit rechnen, außerirdischen Besuch zu bekommen?

Besuche sind kaum vorstellbar

Nach allem, was wir heute über die Natur wissen, erscheint es extrem unwahrscheinlich, dass außerirdische Raumschiffe irgendwann auf der Erde landen könnten. Egal wie schlau die Aliens sind – die Naturgesetze können auch sie nicht überlisten. Auch ihre Raumfahrzeuge könnten die Lichtgeschwindigkeit niemals erreichen, auch ihre Körper könnten keine beliebig starken Beschleunigungskräfte ertragen, auch ihre Evolution hätte sie für ein Leben auf ihrem Heimatplaneten optimiert und nicht für eine jahrhundertelange Reise durch das interstellare Vakuum.

Viel realistischer wäre ein anderes Szenario: Wir könnten auf einen Beweis für außerirdische Zivilisationen stoßen, indem wir ihre Funksignale empfangen. Auch eine robuste kleine Raumsonde wäre vorstellbar, die wie eine interstellare Flaschenpost durch die Galaxie driftet und nach einer langen Reise außerirdische Botschaften zu uns bringt.

Alles voller Leben?

Als Kind war ich fest davon überzeugt, dass die Entdeckung außerirdischen Lebens nur eine Frage der Zeit sein kann. Vor den Abendnachrichten hoffte ich Tag für Tag auf die Schlagzeile: „Außerirdisches Leben nachgewiesen“. Doch das geschah nie. Stattdessen ging es bloß um langweilige Politik und anderen Erwachsenenkram.

Viele Wissenschaftler hätten mir bei dieser Einschätzung durchaus Recht gegeben: Der Astronom Frank Drake stellte eine Formel auf, um die Anzahl technisierter Zivilisationen in unserer Galaxie abzuschätzen und kam auf mindestens 1000. Der berühmte Kosmologe Carl Sagan ging von Millionen Alien-Zivilisationen in der Milchstraße aus. (Andere Galaxien können wir getrost vergessen, denn sie sind so unvorstellbar weit weg, dass wir mit Lebewesen dort, auch wenn sie existieren sollten, nie etwas zu tun haben werden.)

Doch dieser Enthusiasmus vergangener Jahrzehnte ist etwas abgekühlt, bis heute haben wir keine Alien-Botschaften empfangen. Wir haben zwar in den letzten Jahrzehnten viel über den Weltraum und vor allem über fremde Planeten gelernt, aber uns wird auch immer deutlicher klar, was wir alles noch nicht wissen.

Voraussetzungen für intelligentes Leben

Damit eine Alien-Zivilisation entsteht, braucht man zunächst einen passenden Stern – davon gibt es viele. Außerdem braucht man einen Planeten, der den Stern genau im richtigen Abstand umkreist. Das ist schon viel schwieriger zu finden, aber auch solche Planeten dürften keine galaktische Seltenheit sein.

Dann muss der lebensfreundliche Planet auch tatsächlich etwas Lebendiges hervorbringen. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist schwer abzuschätzen, aber auch sie dürfte nicht allzu klein sein: Auf der Erde ist das erste Leben fast unmittelbar nach dem Abkühlen der Erdkruste entstanden, und auch in Meteoriten hat man Grundbausteine für das Leben bereits entdeckt. Gehen wir also optimistischerweise davon aus, dass sich auf einem bewohnbaren Planeten mit ziemlicher Sicherheit auch primitives Leben einstellt. Was ist dann der nächste notwendige Schritt?

Das primitive Leben muss eine Evolution durchmachen, die etwas ausreichend Interessantes hervorbringt. Aus langweiligem Schleim, ähnlich wie der, der sich in schlecht geputzten Badewannen anlagert, müssen Wesen werden, die Badewannen konstruieren und sich über Badewannenschleim ärgern. Und diese Entwicklung ist alles andere als simpel. Wir haben keine Ahnung, ob sie zwangsläufig geschieht, oder ob die Evolution auf unserer Erde eine galaktische Ausnahme ist.

Wir wissen aber, dass selbst hier auf der Erde die ersten Milliarden der Evolution Jahre ziemlich langweilig verlaufen sind. Komplexes, vielzelliges Leben entwickelte sich erst ziemlich spät. Man kann sich gut vorstellen, dass viele Planeten, mit nur ein bisschen schlechteren Ausgangsbedingungen als unsere Erde sie hatte, die Entwicklungsschritte zum komplexen Vielzeller-Leben einfach niemals schaffen. Vielleicht gibt es da draußen unzählige Planeten mit langweiligem Einzeller-Schleim, der sich weder für uns noch für Differentialgleichungen oder Raumfahrzeuge auch nur im Geringsten interessiert.

Mond, Saturn und Jupiter

Außerdem hat man erkannt, dass unsere Erde in mancherlei Hinsicht doch ziemlich ungewöhnlich ist. Wir haben einen außerordentlich großen Mond, der vermutlich geholfen hat, die Richtung der Erdachse stabil zu halten. Wäre ohne den Mond die Evolution ebenfalls möglich gewesen, oder wäre sie dann irgendwann durch eine taumelnde Erdachse und lebensfeindliche Klimaverschiebungen beendet worden? Wenn ein derart großer Mond zwingend nötig ist, um komplexes Leben zu ermöglichen, dann reduziert sich die Anzahl der Planeten, auf denen wir mit außerirdischen Bewohnern rechnen können, ganz dramatisch.

In unserer unmittelbaren Nachbarschaft befinden sich die Gasriesen Jupiter und Saturn. Auch sie könnten einen wichtigen Einfluss auf unsere Evolution gehabt haben: Möglicherweise wäre die Erde ohne die beiden Riesennachbarn viel häufiger von gewaltigen Asteroiden getroffen worden, die unsere Evolution alle paar hundert Millionen Jahre wieder an den Anfang zurückgeworfen hätten. Ist komplexes Leben vielleicht auf benachbarte Gasriesen angewiesen, die als kosmische Türsteher dafür sorgen, dass lästige Asteroiden möglichst selten Zutritt erhalten?

Und selbst wenn komplexes Leben entsteht, muss das noch lange nicht bedeuten, dass sich eine intelligente Spezies entwickelt, die Technik erfindet und Lust bekommt, andere Himmelskörper zu besuchen. Warum soll die Evolution zwangsläufig so etwas wie Intelligenz und Bewusstsein hervorbringen? Auf unserem Planeten hat sich das, was wir Intelligenz nennen, jedenfalls nur ein einziges Mal entwickelt. Kann das nicht purer Zufall gewesen sein?

Dagegen könnte man argumentieren, dass die Evolution jede ökologische Nische irgendwann besetzen wird, dass es also nur eine Frage der Zeit ist, bis sich eben irgendwann eine Spezies sich nicht auf Tiefseeschwimmen oder Eukalyptusblätterknabbern, sondern auf Intelligenz spezialisiert. Aber ist das wirklich so? Ist Intelligenz wie die unsere unbedingt ein evolutionärer Vorteil? Wir haben heute die technischen Möglichkeiten, uns selbst auszurotten. Vielleicht wird die Überlebenschance also mit steigender Intelligenz eher wieder kleiner? Vielleicht empfangen wir keine außerirdischen Botschaften, weil die meisten Zivilisationen einander die Schädel einschlagen, bevor sie sich an die Erkundung des Weltalls machen können?

Vielleicht sind wir ganz alleine

Die Wahrheit ist: Wir haben keine Ahnung, ob es außerirdische Zivilisationen gibt oder nicht. Es kann durchaus sein, dass unsere Erde mit ihrer bemerkenswerten Evolution eine unfassbare Besonderheit ist, und dass wir die Entstehung unserer Spezies erstaunlichen Glücksfällen zu verdanken haben, die sich anderswo eben nicht ereignet haben.

Es ist gut möglich, dass wir ziemlich alleine sind. Das ist nicht schlimm. Aber es wäre ein Grund, uns noch deutlicher klar zu machen, wie wertvoll unsere Erde ist. Sie ist nicht einfach ein Himmelskörper wie viele andere, sie ist eine ganz erstaunliche Kostbarkeit. Wir sind derzeit die führende Spezies auf einem einzigartigen Planeten, wie es ihn sonst vielleicht kein zweites Mal gibt. Das gibt uns eine enorme Macht, und aus großer Macht folgt große Verantwortung. Es wäre schon ein ziemlich übles Verbrechen, diese Kostbarkeit – unsere Erde und unsere eigene Zivilisation – in Gefahr zu bringen. Geben wir in Zukunft besser Acht!

Florian Aigner ist Physiker und Wissenschaftserklärer. Er beschäftigt sich nicht nur mit spannenden Themen der Naturwissenschaft, sondern oft auch mit Esoterik und Aberglauben, die sich so gerne als Wissenschaft tarnen. Über Wissenschaft, Blödsinn und den Unterschied zwischen diesen beiden Bereichen schreibt er jeden zweiten Dienstag in der futurezone.

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Florian Aigner

Florian Aigner ist Physiker und Wissenschaftserklärer. Er beschäftigt sich nicht nur mit spannenden Themen der Naturwissenschaft, sondern oft auch mit Esoterik und Aberglauben, die sich so gerne als Wissenschaft tarnen. Über Wissenschaft, Blödsinn und den Unterschied zwischen diesen beiden Bereichen, schreibt er regelmäßig auf futurezone.at und in der Tageszeitung KURIER.

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