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© APA/AFP/ELIJAH NOUVELAGE / ELIJAH NOUVELAGE

Netzpolitik

Wer am Smartphone die Macht hat

Google und Apple bestimmen über ihre App Stores, welche Programme wir nutzen und beeinflussen mit ihren mobilen Betriebssystemen Android und iOS das Nutzungsverhalten. Damit binden sie Smartphone-Besitzer auch an ihre Angebote.

Die österreichische Regulierungsbehörde RTR hat dazu eine ausführliche Studie erstellt, mit der die Marktmacht der Anbieter im mobilen Bereich untersucht wurde. Die Behörde hat dazu 1500 Smartphone-Nutzer aus Österreich online nach ihrem Nutzungsverhalten befragt. Demnach verwenden 69 Prozent der Smartphone-Nutzer das Betriebssystem von Google (Android). 29 Prozent setzen auf Apples iOS. Apple wird von jüngeren Befragten deutlich häufiger verwendet als von älteren Nutzern.

Barrieren beim Betriebssystem

Das Betriebssystem wechseln kommt für viele nicht in Frage. 60 Prozent der Befragten bleiben bei ihrem Betriebssystem, weil sie die Bedienung gewohnt sind. Dieser Grund wird gleichermaßen von iPhone- wie von Android-Nutzern genannt. Die RTR sieht darin bereits einen bedenklichen „Lock-In-Effekt“. So bezeichnet man die enge Kundenbindung von Nutzern an ein Produkt, damit diese aufgrund von Barrieren nicht so schnell umsteigen.

Doch damit ist die Dominanz von Apple und Google noch nicht zu Ende: Die Mehrheit von 61 Prozent der Befragten bevorzugt am Smartphone die App-Nutzung gegenüber der Nutzung von Webseiten im Browser. Und genau hier zeigt sich erneut die Marktmacht von Google und Apple, denn die Apps kommen aus den jeweiligen Stores: 94 Prozent der Android-Nutzer sowie 98 Prozent der iOS-Nutzer verwenden hauptsächlich oder ausschließlich den App Store des Betriebssystemanbieters, um Anwendungen herunterzuladen.

App Stores entscheidend

Das gefällt nicht allen Nutzern: In den USA gab es im Mai eine Klage von Verbrauchern, die forderten, dass Apple auch konkurrierende App-Stores für iPhone und iPad zulassen sollte. Das Oberste Gericht der USA lehnte einen Antrag von Apple ab, diese Klage gar nicht erst zuzulassen. „Endgeräte haben großen Einfluss darauf, wie offen das Internet am Ende für Kunden ist“, erzählt Paul Pisjak, einer der beiden Studienleiter bei der RTR, im Gespräch mit der futurezone, über die Beweggründe für die groß angelegte Untersuchung in Österreich.

„Wir müssen wissen, ob die Offenheit des Internets durch die Nutzung von Apps gefährdet ist“, so Pisjak. Rund 23 Prozent der Nutzer verwenden großteils die bereits vorinstallierten Apps wie Fotos, Kamera, Notizen, Wetter oder Nachrichten. 36 Prozent der Nutzer setzen auf selbst installierte Apps. „Vor zehn Jahren gab es diesen Markt noch nicht“, erklärt Pisjak. „Jetzt ist der Geschäftsbereich rund um mobile Anwendungen 100 Milliarden Euro schwer.“

Rund fünf Prozent der Apps im Play Store und zehn Prozent im iOS App Store sind kostenpflichtige Apps. Apples App Store ist derzeit wirtschaftlich erfolgreicher als der Google Play Store. Laut einer Untersuchung von Sensor Tower wurden im vergangenen Quartal im App Store 83,3 Milliarden US-Dollar umgesetzt, um Play Store 51 Millionen US-Dollar. „Für österreichische Entwickler sind App Stores eine großartige Möglichkeit, sich relativ einfach mit wenig Entgelt einem Weltmarkt zu präsentieren“, erklärt Pisjak. Deshalb sei unter den für die Studie befragten Start-ups der Tenor gegenüber den App Stores grundlegend positiv gewesen.

Unfairer Wettbewerb

Das sei allerdings nur „die eine Seite“, so Pisjak. „Die andere Seite ist, dass Google und Apple jeweils auch selbst Apps entwickeln und ihre direkten Konkurrenten oft strukturell benachteiligen.“ Oft geschehe eine Benachteiligung bei der Wiederauffindbarkeit von Apps am Smartphone, oder durch eine gezielt unterschiedliche Behandlung bei Werbemöglichkeiten für Entwickler, sagt Pisjak.

Die EU hat hier bereits ein Wettbewerbsverfahren gegen Android eingeleitet, derzeit läuft außerdem ein Verfahren des Musikdienstes Spotify gegen Apple. App-Entwickler fordern daher zunehmend, dass auch „andere Quellen“ für Anwendungen zugelassen werden sollen als App Stores. Konkret stören sich die Entwickler auch an den hohen Abgabegebühren von 30 Prozent der Einnahmen. „Das ist ein Weltthema“, sagt Pisjak. „Und diese Dinge sind insofern problematisch, als dass sie Innovation behindern. Es darf zu keiner ‚der Gewinner kriegt alles‘-Situation kommen“, so der RTR-Forscher.

Suchmaschinenmonopol

In der RTR-Untersuchung zeigte sich jedoch auch ein Monopol von Google deutlich und zwar bei Suchmaschinen: 93 Prozent der Befragten verwenden die Google Such-App. Beim Versenden von Textnachrichten herrscht hingegen mehr Diversität bei der Nutzung: 62 Prozent der Befragten verwenden zwei oder mehr Apps dafür. Oft nutzen sie diese auch zur besseren Trennung von beruflichen und privaten Kontakten.

Damit lässt sich zusammenfassend sagen: In einigen Bereichen ist die Offenheit des Internets auch durch Betriebssysteme, Apps und App Stores gefährdet.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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