Menschen gehen in einem Flughafen Richtung Passkontrolle, am Rand ein gelber Pfosten mit der Aufschrift "US Customs and Border Protection"

US-Grenzbeamte haben weitreichende Befugnisse. Sie dürfen bei der Einreise auch die elektronischen Geräte von Reisenden durchsuchen (Symbolbild vom FNewark Liberty International Airport).

© Getty / NurPhoto

Digital Life

Wird mein Handy bei der US-Einreise durchsucht?

Mitte März wurde der Fall eines französischen Forschers bekannt, der auf dem Weg zu einer wissenschaftlichen Konferenz in Texas an der US-Grenze zurückgewiesen wurde. Bei der Einreise kontrollierten Grenzbeamte sein Handy – und fanden Trump-kritische Chatnachrichten. Die Einreisebehörden interpretierten diese mutmaßlich als „hasserfüllt“ und „verschwörerisch“, gar als „Terrorismus“ und schickten den Mann gleich am nächsten Tag zurück, wie u.a. der Guardian berichtete.

Da stellt sich die Frage: Dürfen die das? Kann ein US-Grenzbeamter einfach so meine digitalen Geräte durchsuchen?

US-Grenzbehörden dürfen Geräte durchsuchen

Die kurze Antwort: Ja. „Grundsätzlich muss jeder Reisende damit rechnen, dass auch digitale Geräte kontrolliert werden können“, sagt Daniel Schwarzl. Er ist offizieller US-Vertrauensanwalt für Österreicherinnen und Österreicher und berät insbesondere zum Thema Einreise und Einwanderungsrecht. 

Ein „Recht auf Privatsphäre“ gebe es laut US-Gesetzgebung an der Grenze nicht. „Man kann sich also auch nicht juristisch gegen eine Kontrolle digitaler Geräte wehren“, betont Schwarzl. Grenzbeamte können Reisende auffordern, ihre Geräte zu entsperren, Passwörter offenzulegen oder Social Media Accounts bekanntzugeben.

Dabei ist das Durchsuchen eines persönlichen Geräts viel problematischer als ein Blick ins Reisegepäck. Die Daten darauf können enorm viel über einen Menschen verraten: Details zu intimen Beziehungen, politische Einstellung, Gesundheits- und Bankinformationen, um nur einige zu nennen. Erhalten Beamte dann auch noch Zugriff auf die online gespeicherten Daten eines Reisenden, zum Beispiel Fotos in der Cloud, wird der Eingriff in die Privatsphäre noch schlimmer.

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Geräte-Kontrollen als Ausnahmefall

Eine Kontrolle von Smartphone, Laptop, Kamera oder Ähnlichem ist an den US-Grenzen nicht standardmäßig vorgesehen. Laut Zahlen der US Customs and Border Protection (CBP) reisten 2024 über 420 Millionen Menschen in die USA ein, in gut 47.000 Fällen wurden elektronische Geräte durchsucht. Betroffen waren vor allem Reisende ohne US-Staatsbürgerschaft.

Darunter seien regelmäßig auch Österreicherinnen und Österreicher, sagt Schwarzl, der in solchen Fällen häufig kontaktiert werde. „Für die Betroffenen ist das oft eine belastende Situation, auch wenn meistens letztendlich alles gut ausgeht.“

Einreise kann verweigert werden

Es komme insbesondere dann vor, wenn die Behörden Zweifel am Zweck der Reise eines Einzelnen haben, sagt Schwarzl: „Die Geräte werden dann in der Regel auf Keywords durchsucht, zum Beispiel Hinweise auf Arbeits- oder Einwanderungsabsicht bei einer Einreise als Tourist.“

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US-Grenzbeamte haben weitreichende Befugnisse. Trotz gültigem Visum oder ESTA-Genehmigung können sie Ausländerinnen und Ausländern die Einreise verweigern. Möglich ist das zum Beispiel, wenn diese eine Durchsuchung elektronischer Geräte an der Grenze ablehnen oder wie im Fall des französischen Wissenschaftlers, etwas vermeintlich Belastendes finden. 

Mehr lesen: 9 Tipps, um das Smartphone fit für eine Reise zu machen

Schwarzl empfiehlt, unbedingt mit den Einreisebehörden zu kooperieren. Grenzbeamte anzulügen steht in den USA unter Strafe.

Vor der Reise persönliches Risiko abschätzen

Die US-Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF) rät, sich bereits vor der Reise Gedanken zum Thema zu machen. Denn sobald Grenzbeamte einen ausländischen Reisenden zur Kontrolle der digitalen Geräte auffordern, könne dieser nicht gewinnen.

Smartphone-Lockscreen, auf dem jemand den PIN-Code eingibt

US-Grenzbeamte können Reisende rechtmäßig dazu auffordern, Geräte zu entsperren (Symbolbild).

Wenn sich der Reisende fügt, können die Behörden sensible Daten auf Handy, Tablet oder Computer untersuchen und gegebenenfalls kopieren. Wenn sich der Reisende weigert, können die Behörden Geräte auf unbestimmte Zeit konfiszieren, zusätzliche Befragungen anordnen oder den Reisenden zurückweisen.

„Es ist wirklich wichtig, sich die Zeit zu nehmen, das persönliche Risiko abzuschätzen. Also durchzudenken, womit man sich wohlfühlt, was man tut, wenn man aufgefordert wird, das eigene Gerät auszuhändigen“, sagt Thorin Klosowski, Sicherheits- und Privatsphäre-Aktivist bei der EFF. Die NGO hat bereits 2017 einen ausführlichen Guide herausgegeben, der die persönliche Risikoabschätzung erleichtern soll und erklärt, wie man Geräte auf die US-Einreise vorbereiten kann, um möglichst wenig preiszugeben.

Fit für die US-Grenzkontrolle

Man muss damit rechnen, dass das eigene Smartphone oder andere Geräte bei der Einreise in die USA von Grenzbeamten kontrolliert werden. Das ist völlig legal, dagegen wehren kann man sich kaum. Deshalb ist Vorbereitung umso wichtiger. Hier eine kurze Zusammenfassung des ausführlichen Guides der Bürgerrechtsorganisation EFF:

1. Persönliches Risiko einschätzen

Die Wahrscheinlichkeit, dass die eigenen Geräte an der US-Grenze untersucht werden, erhöht sich durch verschiedene Faktoren. Wer zum Beispiel Länder bereist hat, die die USA als problematisch ansehen, z.B. Libyen, Somalia, oder Jemen, oder in der Vergangenheit in den USA strafrechtlich verfolgt wurde, könnte leichter in den Fokus der Einreisebehörden kommen. 

Wichtig ist, sich im Klaren darüber zu sein, wie heikel die Daten auf den eigenen Geräten sind. Gibt es etwas, das auf keinen Fall den US-Behörden in die Hände fallen sollte? Das kann nicht nur so etwas wie Firmengeheimnisse betreffen, sondern auch Fotos von aktivistischem Engagement oder Informationen zu vergangenen Reisezielen.

2. Daten minimieren

Am sichersten ist es, ein Gerät mit heiklen Daten darauf einfach daheim zu lassen. Für die Dauer der USA-Reise könnte man stattdessen ein unverfängliches Zweitgerät nutzen. Daten zu löschen, kann auch eine Option sein – wobei diese ohne Formatieren der Festplatte oder Zurücksetzen auf Werkeinstellungen wiederherstellbar sein könnten.

Alternativ könnte man Daten vom Gerätespeicher in die Cloud verschieben, sodass Grenzbeamte nicht unmittelbar Zugriff darauf haben. Doch auch hier gilt: Es bleiben wahrscheinlich Spuren auf dem Gerät erhalten. Außerdem ist möglich, dass die Beamten Zugriff auf die Cloud verlangen. Behalten Behörden ein Gerät ein, hat man durch ein Backup in der Cloud zumindest die theoretische Möglichkeit, während der Reise auf die eigenen Daten zuzugreifen.

3. Daten schützen

Ein Passwort für den Computer-Account oder die Bildschirmsperre bewahrt Daten auf Smartphone oder Laptop nur vor unmittelbarem Zugriff. Mithilfe forensischer Werkzeuge können sie Grenzbeamte bei einer „erweiterten Durchsuchung“ leicht umgehen. Sicherer ist es deshalb, die ganze Festplatte zu verschlüsseln.

Das entsprechende Passwort könnte man an einem sicheren Ort verwahren, zu dem man bei der Grenzkontrolle keinen Zugriff hat. Die Grenzbeamten können einen dann nicht dazu bringen, es zu verraten – andererseits könnte das erst recht verdächtig wirken und zur Zurückweisung führen.

Die EFF rät explizit davon ab, Daten zu „verstecken“, etwa in unsichtbaren Laufwerken. Die Behörden könnten das als absichtliche Irreführung deuten, was illegal ist und zu Strafen führen kann.

4. Fingerabdruckscanner oder Face-ID deaktivieren

Die eigenen Geräte per Fingerabdruck oder Face-ID zu entsperren ist zwar praktisch, aber unsicherer als ein gut gewähltes Passwort. Ohne diese Features ist es unwahrscheinlicher, dass man ein Gerät versehentlich entsperrt übergibt.

5. Ausloggen und Apps löschen

Es kann eine gute Idee sein, sich im Browser und anderen Apps bzw. Programmen auszuloggen und die Anmeldeinformationen zu entfernen. Dadurch haben Grenzbeamte nicht so leicht Zugriff darauf. Wenn man Apps und den Browserverlauf löscht, ist es außerdem weniger offensichtlich, welche Dienste man regelmäßig nutzt.

6. Geräte ausschalten

Mit ein bisschen Glück ist es den Beamten zu mühsam, abzuwarten, bis Geräte aus dem Handgepäck hochgefahren sind. In ausgeschaltetem Zustand funktionieren auch viele Entschlüsselungsmethoden nicht, die Beamte in einer „erweiterten Durchsuchung“ anwenden könnten.

Bestimmte Branchen besonders im Visier

Seit Donald Trumps 2. Amtsantritt gelte an der Grenze das Prinzip des extreme vetting, sagt Vertrauensanwalt Schwarzl: „Das heißt, die Überprüfungen an der Grenze werden noch strenger und die Konsequenz kann nicht nur eine Verweigerung der Einreise sein, sondern eben auch eine vorübergehende Festnahme.“

Auch Klosowski von der EFF beobachtet eine Verschärfung der Situation: „Im Vergleich zu 2017 gibt es jetzt eine größere Gruppe von Menschen, die eine Reise in die USA wahrscheinlich eher überdenken wollen. Besonders Journalistinnen, Journalisten, Aktivistinnen und Aktivisten sollten jetzt besonders darauf achten, dass ihre Geräte abgesichert sind.“

Wenn man Geräte hat, die mit der eigenen Arbeit zu tun haben – vor allem, wenn man in Branchen wie Journalismus, Rechtswesen oder Verteidigung tätig ist – sollte man mit seinem Arbeitgeber abklären, wie diese angemessen vorbereitet werden können, empfiehlt der Experte.

Graue Plastikboxen gefüllt mit Handgepäck, darunter elektronische Geräte, in einer Flughafen-Sicherheitskontrolle.

Es kann passieren, dass US-Grenzbeamte elektronische Geräte aus dem Handgepäck konfiszieren (Symbolbild).

Fotos, Chat-Nachrichten und Social Media Apps

Eine „einfache“ Durchsuchung elektronischer Geräte bei der Einreise kommt ohne besondere Technologie aus. Grenzbeamte würden Reisende dabei schlicht bitten, etwa das Smartphone in entsperrtem Zustand zu übergeben.

Danach würden sie zum Beispiel Fotos, Chat-Nachrichten, Notizen und Social Media-Apps durchschauen. „Was in diesem Fall ‚sensible Daten‘ sind, ist von Person zu Person unterschiedlich. Beispiele reichen von den Kontaktinformationen eines Journalisten, über Informationen zu Protesten bis hin zu verräterischen Fotos“, erklärt Klosowski.

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In manchen Fällen nehmen Grenzbeamte eine erweiterte oder „forensische“ Untersuchung des Geräts vor. Dafür wird es an externes Equipment angeschlossen und Inhalte gegebenenfalls kopiert. Von den gut 47.000 Durchsuchungen im Jahr 2024 betraf das etwa 4.300.

Social Media-Überprüfung

Wer zur Einreise in die USA eine ESTA-Genehmigung beantragt, wird seit Dezember 2016 nach eigenen Social Media-Accounts gefragt. Deren Angabe ist für die meisten Menschen optional und helfe „Antragsdaten eines Reisenden zu untermauern oder zu bestätigen“, heißt es auf der Webseite der zuständigen US-Behörde CBP. Bei Visa-Anträgen sind diese Angaben verpflichtend.

Eine Hand mit einem Smartphone, auf dem die Icons verschiedener Sozialer Netzwerke angezeigt werden

Die EFF rät, sich von Social Media Apps auszuloggen, oder sie ganz vom Smartphone zu löschen (Symbolbild).

In einem etwaigen Überprüfungsprozess untersuchen Beamte öffentlich sichtbare Posts und können zusätzlich „weitere Informationen und Werkzeuge“ zu Rate ziehen. Was genau das bedeutet, legt die Behörde nicht offen. 

Mehr lesen: Bei US-Einreise werden nun Social-Media-Profile abgefragt

„Social Media Accounts werden in der Regel nicht individuell gescreent, sondern stichprobenartig und im Falle eines Verdachts“, sagt Vertrauensanwalt Schwarzl. Ob man deshalb in vorauseilendem Gehorsam potenziell problematische Äußerungen von den eigenen Profilen löscht, sei eine persönliche Abwägungsfrage, meint Klosowski von der EFF.

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Jana Wiese

interessiert sich besonders für die gesellschaftlichen Auswirkungen von Technologie und Wissenschaft. Mag das offene Web, Podcasts und Kuchen, (food-)bloggt seit 2009.

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