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Netzpolitik

Sieben Antworten zur EU-Rekordstrafe gegen Google

Die EU-Kommission hat am Mittwoch eine Rekordstrafe von 4,34 Milliarden Euro über Google verhängt. Das ist die bisher höchste Kartellstrafe, die von der EU jemals ausgesprochen wurde. Google soll mit dem Smartphone-Betriebssystem Android seine Marktdominanz missbraucht haben.

EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager gab bei einer Pressekonferenz in Brüssel neben der Rekordstrafe Auflagen für den US-Konzern bekannt, die für mehr Wettbewerb auf dem Smartphone-Markt sorgen sollen. Sollte Google sein Verhalten nicht binnen 90 Tagen ändern, drohen weitere hohe Geldstrafen. Die Ermittlungen in diesem Verfahren liefen bereits seit 2015.

1. Was wird Google genau vorgeworfen?

Google soll andere Smartphone-Hersteller, die das Betriebssystem Android verwenden, unter Druck gesetzt haben. Hersteller wie Samsung, Huawei oder HTC mussten Google-Dienste wie den Chrome-Browser und die Google-Suche auf den Android-Geräten vorinstallieren, um Zugang zum Google Play Store zu erhalten. Dabei handelt es sich um den größten Marktplatz für Android-Apps, der als vertrauenswürdige Bezugsquelle für Smartphone-Anwendungen gilt.

2. Was hat Google mit Android zu tun?

Das mobile Betriebssystem Android wird von Google entwickelt. Jedes Technologieunternehmen kann Android verwenden und darauf aufbauend seine eigene Android-Version entwickeln. Will allerdings ein Smartphone-Hersteller Zugang zum Play Store, darf er keine Geräte verkaufen, auf denen ein zu Google konkurrierender Android-Ableger läuft. Das trifft beispielsweise auf Amazons Fire OS zu.

3. Was sagt Google dazu?

In einer ersten Reaktion hat Google angekündigt, gegen die Entscheidung zu berufen. Die Entscheidung wurde aber nicht näher kommentiert. In der Vergangenheit hat der Android-Hersteller die Vorwürfe immer wieder zurückgewiesen. Eine Verknüpfung mit dem Google Play Store oder mit der Google-Suchmaschine gebe es nicht. Die Handy-Hersteller, die die Google-Suche vorinstallieren, seien an den Einnahmen der Suchmaschine beteiligt. Die Vorinstallation des Chrome-Browsers soll laut Google tatsächlich verpflichtend sein, aber die Smartphone-Hersteller könnten noch einen zweiten Browser parallel installieren und diesen als Standard-Browser festlegen.

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EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager bei der Pressekonferenz

4. Welche Konsequenzen könnte die Strafe für Google haben?

Google kann die Strafe wohl problemlos bezahlen, Anleger dürften darüber aber wohl dennoch nicht erfreut sein. Googles Mutterkonzern Alphabet erzielte 2017 einen Reingewinn (nach Steuern) von 12,6 Milliarden US-Dollar, die aktuelle EU-Strafe beträgt umgerechnet fünf Milliarden Dollar.

5. Welche Auswirkungen könnte die Strafe für Android-Nutzer haben?

Die EU verlangt von Google, dass es seine Praxis im Umgang mit Android ändert, was massive Auswirkungen auf das Android-Ökosystem haben könnte. Denkbar wäre, dass in Zukunft auch andere Android-Abwandlungen, etwa Amazons Fire OS, Zugang zum Play Store bekommen könnten. Wie Google auf den EU-Entscheid reagiert, bleibt aber abzuwarten.

6. Wie sieht das die Konkurrenz?

„In der analogen Welt würde niemand auf die Idee kommen, einem mächtigen Konzern wie zum Beispiel Nestlé zu erlauben, die Infrastruktur und Ladeneinrichtungen fast aller Supermärkte zu übernehmen und diese den Supermarktbetreibern kostenlos zur Verfügung zu stellen unter der Bedingung, keine Nestlé-Konkurrenzprodukte anzubieten“, kritisiert der europäische Mitbewerber Cliqz, ein Anbieter von Browsern und Suchmaschinen. „Die Entscheidung, eine Öffnung der marktbeherrschenden Android-Plattform für andere Anbieter zu erzwingen, ist längst überfällig.“

7. Was macht Apple anders?

Bei Apple und seinen iPhones sieht die Sache gänzlich anders aus. Sowohl iPhones und iPads als auch das mobile Betriebssystem iOS und der dazugehörige App-Store stammen aus dem Hause Apple. Es gibt keine anderen Hersteller, die auf ihren Smartphones das Apple-Betriebssystem installiert haben oder Zugang zum Apple-App-Store haben. Im geschlossenen Apple-Ökosystem ist das Unternehmen nicht von anderen Herstellern abhängig und kann daher – mehr oder weniger – machen, was es will.

Technologie-Unternehmen im Visier der EU

In der Vergangenheit hat die EU-Kommission zahlreiche Tech-Unternehmen an die Kandare genommen und wegen unerlaubter Preisabsprachen beziehungsweise Ausnutzen ihrer Marktdominanz mit harten Strafen belegt. Keinem anderen Unternehmen sind dabei so hohe Strafen aufgebrummt worden wie dem Technologieunternehmen Google.

Die aktuelle Geldbuße in der Höhe von 4,3 Milliarden Euro stellt alle bisherigen Wettbewerbsstrafen in den Schatten. Erst vor knapp einem Jahr hat die EU-Kommission eine Geldbuße von 2,42 Milliarden Euro gegen Google verhängt. Beim aktuellen Verfahren steht Android im Fokus, vergangenes Jahr ging es um die Suchmaschine beziehungsweise den Preisvergleichsdienst von Google, der bei den Suchergebnissen bewusst bevorzugt wurde. Die Ergebnisse der Konkurrenten hat Google in den Suchergebnissen zurückgereiht. Laut der Wettbewerbskommissarin hat sich Google damit einen „unrechtmäßigen Vorteil“ verschafft.

Geld für das EU-Budget

Google hat gegen den Entscheid Berufung eingelegt und die Strafzahlung bereits hinterlegt. Die EU kann aber auf das Geld nicht zugreifen, weil noch die letztinstanzliche Entscheidung ausständig ist. Muss Google die Strafe tatsächlich zahlen, fließt das Geld in das EU-Budget ein. Eine Zweckwidmung, etwa für die Förderung der Digitalisierung in Europa, ist dabei nicht vorgesehen.

Tech-Firmen im Fokus

Erst Anfang des Jahres wurde eine Kartellstrafe gegen den US-Chiphersteller Qualcomm ausgesprochen. Demnach soll das Unternehmen 997 Millionen Euro zahlen, weil es Apple jahrelang dafür bezahlt haben soll, keine Chips von anderen Herstellern zu verwenden. Ein weiterer US-Chiphersteller rief die EU-Behörden auf den Plan. Gegen Intel wurde 2009 wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens mit Computerprozessoren eine Strafe in der Höhe von 1,06 Milliarden ausgesprochen.

Microsoft ist bei der EU-Kommission bereits ein alter Bekannter: Bereits drei Mal haben die Wettbewerbshüter gegen das Technologieunternehmen eine Kartellstrafe ausgesprochen. Weil es für Windows-Nutzer nicht möglich war, den Browser frei auszuwählen, verdonnerte die EU den Software-Konzern 2013 zu einer Strafe von 561 Millionen Euro. Bereits 2004 musste Microsoft eine Geldbuße in der Höhe von 497 Millionen Euro zahlen, weil das Unternehmen seine Vormachtstellung rund um das Betriebssystem Windows zu eigenen Gunsten ausgenutzt hat.

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