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Netzpolitik

Aufklärung der BND-Affäre hat für ÖVP "höchste Priorität"

Ein „derartiges Verhalten“ durch einen befreundeten Nachbarstaat sei „deplatziert“, heißt es in einem Antrag, der am Dienstag von allen Fraktionen bis auf die Liste Pilz beschlossen worden ist. Man erwarte sich „volle Kooperation“ der deutschen Behörden.

Das beratende Gremium, dem die Regierungsspitze, sicherheitsrelevante Minister und alle im Hauptausschuss des Nationalrats vertretenen Parteien angehören, hat sich Dienstagnachmittag im Kanzleramt mit den Vorwürfen befasst, wonach der BND zwischen 1999 und 2006 rund 2000 Telefone und Faxe in Österreich ausspioniert haben soll, und zwar neben Regierungsstellen auch Vertreter der Zivilgesellschaft, Unternehmen sowie die in Wien ansässigen internationalen Organisationen sowie Medien. Entsprechende Berichte gab es schon vor vier Jahren, doch sagt die österreichische Regierung, dass die damals eingeleiteten Ermittlungen wegen mangelnder Kooperation Deutschlands im Sand verlaufen seien.

Auf Aufklärung drängen

Das soll sich ändern: In einem gemeinsamen Beschluss, für den die grundsätzliche Vertraulichkeit des Gremiums aufgehoben wurde, empfiehlt der Nationale Sicherheitsrat der Bundesregierung, „umgehend auf eine vollständige Aufklärung durch die Bundesrepublik Deutschland zu drängen und um Kooperation der deutschen Behörden mit den österreichischen Ermittlungsbehörden zu ersuchen“. Die Regierung solle außerdem dafür sorgen, dass der Ständige Unterausschuss des Innenausschusses im Parlament über die laufenden Ermittlungen informiert wird, heißt es in dem Antrag, der der APA vorliegt.

Zu den Vorwürfen hielt der Nationale Sicherheitsrat fest, man halte „ein derartiges Verhalten von einem Nachbar- und EU-Mitgliedsstaat, mit dem freundschaftliche Beziehungen gepflegt werden, für deplatziert“. Man gehe davon aus, „dass ein derartiges Verhalten von der Bundesrepublik Deutschland sofort nach Bekanntwerden der Vorwürfe unterbunden wurde“.

„Volle Aufklärung“ habe „höchste Priorität“, hieß es aus der ÖVP. Man habe sich klar positioniert, dass man die Vorgangsweise des BND verurteile, ergänzte Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ). Auch zwei Oppositionsparteien haben dem Antrag zugestimmt: Es sei wichtig, aufzuklären, ob es nun neue Informationen gebe, erklärte SPÖ-Verteidigungssprecher Rudolf Plessl gegenüber der APA. Das Parlament solle nun „umgehend“ Informationen über die Causa erhalten.

Zurückhaltung des Kanzlers

Die NEOS waren bei dem Beschluss ebenfalls dabei, sind aber nicht ganz zufrieden, wie Sicherheitssprecherin Stephanie Krisper ausführte: Es müssten auch die Gesetze im Spionagebereich evaluiert werden, forderte sie. Krisper kündigte auch eine parlamentarische Anfrage zum Stand der Ermittlungen an. „Spionage unter Partnern darf nicht möglich sein.“ Wie man an der Causa gesehen habe, brauche es auch effiziente Rechtshilfeverfahren auf europäischer Ebene. „Absurd“ sei freilich - so wichtig der BND-Fall auch sei - dass sich Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bei der österreichischen BVT-Affäre zurückhaltender gezeigt habe als beim BND, findet Krisper. Denn die Causa ums heimische Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung sei viel dringlicher.

Nicht mitgestimmt hat die Liste Pilz - weil die „Qualität des Antrags so schlecht“ sei, wie Peter Pilz meint. Es sei „bedauerlich“, dass niemand im Innenministerium und im Bundeskanzleramt eine Ahnung von der Causa habe. Peter Pilz hatte im Jahr 2015 gegen Mitarbeiter der Deutschen Telekom und des BNDs Strafanzeige gestellt. Pilz hat sich in einer eigenen Pressekonferenz als einziger politischer Kenner des Treibens ausländischer Nachrichtendienste in Österreich präsentiert. Er werde „den vollkommen unkundigen Herrschaften“ von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) abwärts die Sachlage erklären, tönte er. Dort forderte er auch die Ausweisung von BND- und NSA-Geheimdienstlern.

Ursprünglicher Anlass für die Sitzung des Sicherheitsrates war übrigens eine neue Heeresstruktur, die Verteidigungsminister Kunasek implementieren will. Diese muss per Gesetz in diesem Gremium vorgestellt werden. Über diesen Punkt herrscht noch Vertraulichkeit. Geht alles nach Plan, soll die Reform morgen durch den Ministerrat - danach wird auch die Öffentlichkeit informiert.

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