Georg Markus Kainz bei den Big Brother Awards
Georg Markus Kainz bei den Big Brother Awards
© Joanna Pianka

Datenschutz-Negativpreise

Big Brother Award an NSA, Faymann, Microsoft und Ubuntu

Die Datenschutz-Negativauszeichnungen standen in diesem Jahr unter dem Motto „Yes we scan“. Kein Wunder also, dass sich die National Security Agency (NSA) unter den Preisträgern findet. Die NSA bekam den Preis in der Kategorie „Lebenslanges Ärgernis“ und gemeinsam mit dem GCHQ auch den "Publikumspreis". Die Begründung der Jury: „Nach 9/11 wurden das Internet und die modernen Technologien schrittweise so umgebaut, dass Daten nicht mehr geteilt, sondern in einen steten Strom in die Rechenzentren der NSA geflossen sind.“ Edward Snowden habe aufgezeigt, wie sich die Überwachungsmaschinerie tatsächlich auf uns alle auswirkt, er brachte „Licht in die dunklen Aktionen des Datensammelns durch Geheimdienste“, so die Jury.

Faymann für die Bundesregierung

Das konsequente Schweigen österreichischen Bundesregierung nach Aufkommen der NSA-Affäre in Österreich brachte auch Werner Faymann, stellvertretend für die gesamte Regierung, den Big Brother Award in der Kategorie „Politik“ ein.“In Österreich gab es keine Anstrengungen von Seiten der Regierung die eigenen Bürger vor dieser systematischen Rechtsverletzung durch die NSA zu schützen. Stattdessen gab es zahlreiche Bemühungen, das Ausmaß der Bespitzelung zu verschleiern“, heißt es im Nominierungstext des Veranstalters der Awards, dem Verein quintessenz.

Whistleblower-Portal

In der Kategorie „Behörden und Verwaltung“ wurde noch eine Politikerin mit einem Preis bedacht: Beatrix Karl (ÖVP) wurde für das Whistleblower-Portal der Justiz ausgezeichnet, bei dem „anonym“ Korruptionsfälle gemeldet werden können. IT-Experten kritisierten, dass die Anonymität der Informanten nicht ausreichend gewährleistet sei. Der Verein quintessenz kritisiert dabei vor allem, dass die Server bei einem Cloud-Anbieter in Deutschland stehen und die „Datenhoheit“ nicht beim österreichischen Ministerium liegt, sondern bei einer deutschen Privatfirma.

Ballmers XBox One

Bei den weiteren Preisträgern handelt es sich teils um bekannte Persönlichkeiten aus der IT-Welt, die Preisträger fallen auf jeden Fall sehr international aus. So wurde Microsoft-Chef Steve Ballmer für die neuen Überwachungsfähigkeiten X-Box One in der Kategorie „Business und Finanzen“ ausgezeichnet, auch wenn vom Unternehmen bei gewissen Funktionen bereits wieder zurückgerudert wurde. Peter Schaar, Deutschlands oberster Datenschützer, hatte die neue X-Box direkt nach der Präsentation als „Überwachungsgerät“ bezeichnet. Nach massiver Kritik wurde die heikle Sensoren-Leiste, die über „Augen und Ohren“ verfügt, mit einem Off-Knopf versehen. Doch die Zukunft für die Konsole als Wohnzimmer-Überwachungsgerät ist dennoch besiegelt: Aus einer Patentschrift lässt sich klar erkennen, dass die Objekt-, Gesichts- und Spracherkennung künftig dazu genutzt werden kann, Lizenzen und Berechtigungen derjenigen zu kontrollieren, die sich in Hör- und Sichtweise des Geräts befinden.

Microsoft Österreich gab eine Stellungnahme zur Auszeichnung ab: "Xbox One gibt unseren Fans und Kunden die freie Wahl, wie sie Kinect nutzen möchten, inklusive der anpassbaren Privacy Settings sowie der Möglichkeit, Kinect über die Software zu deaktivieren oder den Sensor komplett abzustecken. Weiters benötigt Xbox One keine ständige Internetverbindung und nach einem einmaligen Systemupdate kann Xbox One offline genutzt werden - sowie Xbox 360 heute."

Ubuntu mit Amazon-Empfehlungen

In der Kategorie „Kommunikation und Marketing“ wurde Marc Shuttleworth von Ubuntu für die umstrittene Einführung einer Suchfunktion mit Amazon-Empfehlungen im Ubuntu-Betriebssystem an den Datenschutz-Pranger gestellt. „Lokale Suchabfragen dürfen nicht kommerzialisiert werden. Die in der Open-Source-Community geforderte Transparenz bedeutet auf keinen Fall den gläsernen User, dessen Suchabfragen über die Hintertüre ausgewertet und verkauft werden dürfen“, heißt es dazu seitens der quintessenz. Sicherheitsbewußte Anwender schätzen die Vertraulichkeit lokal gespeicherter Daten, im sicheren Bewußtsein, damit seine Daten nicht dem Datenhunger der Suchmaschinen und Cloud Anbieter auszuliefern. Je größer die Festplatten werden, desto mehr ist man auf eine effiziente lokale Suche zum Wiederauffinden seiner Dokumente angewiesen.

Deep Packet Inspection-Standard

In der Kategorie „Weltweiter Datenhunger“ konnte sich Hamadoun Touré von der ITU gegen Eric Schmidt von Google durchsetzen. Das Standardisierungsgremium der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) hat im vergangenen Jahr einen Standard für die Filter- und Überwachungstechnologie Deep Packet Inspection (DPI) beschlossen. Mittels Deep Packet Inspection, mit der der Netzverkehr durchleuchtet werden kann, kann tief in die Privatsphäre von Internet-Nutzern eingegriffen werden. „Da die Hersteller von Geräten zur Netzwerksteuerung diesen Standard möglichst vollständig in ihren Geräten implementieren werden, können in Zukunft an allen Stellen eines Netzes die maximalen Funktionen zur detaillierten Datenanalyse auf Knopfdruck aktiviert werden“, so die quinessenz.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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