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Big Brother: E-Control, Parlament, SVA nominiert

Am 25. Oktober werden (

) die "Big Brother Awards" im Wiener Rabenhof-Theater vergeben. Die Negativpreise werden an Unternehmen, Institutionen, Personen und Behörden vergeben, die sich im Feld der Überwachung, Kontrolle und Bevormundung der Bürger "besonders verdient gemacht" haben. Der futurezone liegen nun die drei Nominierten in der Kategorie"Behörden und Verwaltung"vor.

1. Christoph Leitl, Wirtschaftskammer-Präsident und Obmann der SVA sowie Peter McDonald, stv. Obmann der SVA
Die Arztbesuche von Selbstständigen mit dem Zweck der Gesundheitsvorsorge sind seit Jahresbeginn gestiegen - und zwar bis zum Sommer um stolze 42,8 Prozent. Seit 1. Jänner lockt die Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft (SVA) die Selbstständigen nämlich mit einem Bonus-Malus-System. Wer zusammen mit dem Hausarzt im Rahmen einer Vorsorgeuntersuchung gewisse Gesundheitsziele definiert und diese auch einhält, dem wird der Selbstbehalt beim Ärzte-Honorar für die nächsten zwei bis drei Jahre von 20 auf 10 Prozent heruntergesetzt. Wer mit dem Rauchen aufhört, oder den Alkoholkonsum ordentlich zurückschraubt kann davon ebenso profitieren wie jemand, der ein paar Kilo abnimmt, um seinem "Body Mass Index" (BMI) zu reduzieren.

Christoph Leitl, Wirtschaftskammer-Präsident und Obmann der SVA, ist stolz auf diese Erfindung. "Nicht das Verwalten von Krankheit, sondern das Fördern von Gesundheit" sei auch ein Vorbild für andere Versicherungen, so Leitl. Die Organisatoren des Big Brother Awards sehen diese Entwicklung freilich aus einem etwas anderen Licht. Menschen wird damit ein Verhalten verordnet, das der Norm entspricht. Diese sieht vor: "Du sollst nicht rauchen, du sollst nicht übermäßig trinken, du sollst dich bewegen."

Lebensgewohnheiten werden normisiert
Patienten, die nicht wollen, dass ihnen vorgeschrieben wird, wie sie zu leben haben, werden dadurch automatisch bestraft: Sie kommen nie in den Genuss dieser Reduktion, weil sie sich nicht der Ökonomie des Gesundheitssystems beugen. Dass dabei auch chronisch Kranke und ältere Menschen bestraft werden, ist nur ein weiterer Nachteil dieses Systems. Doch das sind nicht die einzigen Bedenken der Datenschützer: Bei einer Mitgliederumfrage der SVA im Sommer diesen Jahres sollen persönliche Daten der "Jungen Wirtschaft" zur Verfügung gestellt worden sein. Die offenbar missbräuchliche Verwendung der Daten von Versicherten stimmt bedenklich.

2. Barbara Prammer, Nationalratspräsidentin
Das österreichische Parlament hat einen Schritt in Richtung direkte digitale Bürgerbeteiligung gemacht.

können Petitionen und Bürgerinitiativen über die Parlaments-Website unterstützt werden. Sämtliche Bürgerinitiativen und Petitionen sind auf der Website des Parlaments abrufbar und können per Mausklick unterstützt werden. Notwendig dafür ist die Eingabe des vollen Namens, der E-Mail-Adresse sowie des Wohnorts. Aussuchen können sich die Unterstützer zudem, ob Name und Postleitzahl veröffentlicht werden oder nicht.

Doch egal, ob sich jemand für oder gegen eine Veröffentlichung seines Namens entscheidet: Google weiß, wer in Österreich welches Bürgeranliegen offiziell mit seiner Unterschrift unterstützt hat. Bei den Bürgerbeteiligungsformularen ist nämlich als Sicherheitscode ein externes Web Service von Google eingebaut. Damit soll verhindert werden, dass Petitionen durch Webcrawler missbräuchlich automatisiert werden und die Zahl der Unterstützer künstlich nach oben getrieben wird.

Demokratiepolitisch bedenklich
Das Parlament hat nicht bedacht, dass man damit automatisch einen Schritt in die Richtung "gläserner Bürger" gemacht hat, so das Big Brother Award-Team. Man liefere damit automatisch Daten über Österreicher an das US-Unternehmen Google, heißt es im Nominierungstext. Google weiß dadurch beispielsweise auch, welche 106.000 Österreicher die Bürgerinitiative

unterschrieben und sich dafür eingesetzt haben, dass die österreichische Bundesregierung auf der EU-Ebene für eine Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung eintritt.

Die Parlamentsdirektion begründete den Einsatz des Google-Sicherheitscodes, dem "reCaptcha", unter anderem damit, dass dieser von mehr als 200.000 Websites weltweit verwendet wird, unter anderem auch von Facebook und Twitter. Der Sicherheitscode von Google sei barrierefrei, da er bei Bedarf auch vorgelesen werde, heißt es in einer Antwort auf eine E-Mail-Anfrage an die Parlamentsdirektion.

3. Walter Boltz und Martin Graf aus dem Vorstand der E-Control
Intelligente Stromzähler haben schon ein lustige Zusatznamen bekommen, obwohl sie in Österreich erst ab 2019 flächendeckend im Einsatz sind: "Schnüffelzähler" heißen sie, oder auch "Spione aus der Steckdose". Der Grund dafür: Sie sind je nach exakter zeitlicher Taktung in der Lage festzustellen, welcher Haushalt gerade welchen Film im Fernsehen ansieht oder ob geschlafen oder gekocht wird. Dagegen liefen in Österreich in den vergangen Monaten die

, die
, die
, die
, der Datenschutzrat sowie
Sturm.

Die Regulierungsbehörde E-Control blieb aber weitgehend

gegenüber den zahlreichen Verbesserungsvorschlägen, die bei diversen Stellungnahmen zu Verordnungen von den einzelnen Vereinigungen eingebracht wurden. Zuletzt wies die Behörde die Vorwürfe als "übertrieben" zurück. „Was bei Internetbanking, Mobiltelefonieren oder Kreditkartentransaktionen kommentarlos hingenommen wird, führt im Bereich Smart Metering zu einer irrational geführten Diskussion über Datenschutz", so der E-Control-Vorstand, bestehend aus Walter Boltz und Martin Graf.

Stromdaten auf Vorrat
Der E-Control-Vorstand erließ zudem erst vor kurzem eine Verordnung, in der

, dass alle Verbrauchsdaten künftig auf Kundenwunsch drei Jahre lang auf Vorrat gespeichert werden müssen. Dafür werden sie nun für den Big Brother Award nominiert. Denn wie bereits berichtet dürften die Verbrauchsdaten der Konsumenten nicht nur für den Endkunden interessant sein, sondern auch für Haushaltsgerätehersteller, Lebensmittelhändler, Anbieter von Streaming-On-Demand-Diensten oder für die Polizei oder Gerichte.

In Australien, wo die Einführung von Smart Metern bereits voll im Gange ist, halten sich Energielieferanten beim Abschluss der Verträge mit ihren Kunden bereits das Recht vor, die Verbrauchsdaten mit Drittanbietern wie Schuldeneintreibern, Analysten für Datenprozesse, Versandhäuser und Regierungseinrichtungen zu teilen. Dadurch rückt nicht nur der "gläserne Patient", sondern auch der "gläserne Stromkunde" einen Schritt näher.

Am 15.10. erfahren Sie auf futurezone.at, wer in der Kategorie "Business und Finanzen" nominiert wurde.

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Big Brother Awards - die Gala
Der Gewinner der Kategorie "Behörden und Verwaltung" wird am 25.10. im Rabenhoftheater (Rabengasse 3, 1030 Wien) ab 20 Uhr (Einlass ab 19 Uhr) verlesen.

Bei der Gala werden neben Showacts wie dot.matrix vs. Gon mit einer Performance rund um "Gameboy vs. iPhone" sowie einer Kärntner Band namens Naked Lunch auch internationale Gäste wie z.B. der Programmierer Jacob Appelbaum aus den USA erwartet.

Der Eintritt zur Big Brother Awards-Gala ist kostenfrei. Solange das Kontingent reicht, kann man sich Karten online reservieren.

Die futurezone verlost zudem 5 x 2 fixe Tickets für die Gala. Wer an der Verlosung teilnehmen möchte, schickt bis inklusive 24.10. eine E-Mail mit dem Betreff: BBA-Gala 2012 an redaktion@futurezone.at - die Auslosung erfolgt nach dem Zufallsprinzip. 

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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