Datenschutzrat kritisiert Datenabkommen mit USA
Datenschutzrat kritisiert Datenabkommen mit USA
© apa, helmut fohringer

Datenschutzrat kritisiert Datenabkommen mit USA

Datenschutzrat kritisiert Datenabkommen mit USA

Die USA sollen aufgrund eines Abkommens Zugriff auf Polizeidatensätze wie Fingerabdruckdateien und die Identitäten von Terror-Verdächtigen bekommen. Das "Abkommen über die Vertiefung der Zusammenarbeit bei der Verhinderung und Bekämpfung schwerer Straftaten" (PDF) soll im Februar im Innenausschuss behandelt werden, bevor es in den Nationalrat kommen wird. Am Freitag beschäftigte sich die Datenschutzkommission nochmals mit dem Abkommenstext.

"Nicht an den Verhandlungen beteiligt""Die Befassung des Datenschutzrates mit dem Prüm-ähnlichen Abkommen erfolgt aufgrund eines ausdrücklichen Ersuchens des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten in dieser Sitzung", heißt es im Bericht des Vorsitzenden des Datenschutzrates, Johann Maier, der der futurezone vorliegt. Ein ähnliches Abkommen gibt es mit dem Prümer Vertrag bereits innerhalb von zehn Mitgliedstaaten der EU und Norwegen. Maier betonte, dass der "Datenschutzrat in keiner Weise an den konkreten Verhandlungen mit den USA beteiligt" gewesen sei.

20 bilaterale Abkommen in der EUDer Datenschutzrat kritisierte am Freitag in seiner Sitzung, dass "die Situation, dass es nun über 20 bilaterale Abkommen zwischen europäischen Staaten und den USA gibt, höchst unbefriedigend" sei. "Denn diese bilateralen Abkommen sind nicht gleichlautend, sondern je nach Verhandlungsergebnis datenschutzrechtlich sehr unterschiedlich ausgeprägt und entsprechen meist nicht dem Standard der Datenschutzkonvention des Europarates."

Aus Sicht des Österreichischen Datenschutzrates sollten daher diese bilateralen Verträge durch das derzeit bereits in Verhandlung befindliche Rahmenabkommen der Europäischen Union mit der US-Regierung über den Austausch von personenbezogenen Daten zu Strafverfolgungszwecken ersetzt oder ergänzt werden, erläutert der Datenschutzratsvorsitzende.

Gegen diesen Vorschlag, der auch bei den Verhandlungen angesprochen wurde, hat sich die USA jedoch immer vehement zur Wehr gesetzt. Einen entsprechenden Absatz wollte man partout nicht in den Abkommenstext reinschreiben. Das Abkommen ist mittlerweile fertig ausverhandelt und von beiden Seiten (USA und Österreich) unterschrieben.

Kritik von anno 2008Das Abkommen sorgt nämlich bereits länger für Wirbel. Bereits im Jahr 2008 äußerte der Datenschutzrat seine Bedenken. Am 19. November 2008 kam der Datenschutzrat zu folgendem Ergebnis: „[…] Hinsichtlich des datenschutzrechtlichen Standards bemerkt der Datenschutzrat, dass in erster Linie darauf hinzuweisen ist, dass die „Parteien“ des Prümer Beschlusses sich in Art. 34 zur Datenschutz-Konvention des Europarates und deren Zusatzprotokoll bekennen. Daraus ergibt sich insbesondere eine Verpflichtung zur innerstaatlichen Gewährleistung subjektiver Rechte auf Geheimhaltung, Löschung, Richtigstellung und Auskunft sowie die Überwachung durch eine unabhängige Datenschutz-Kontrollstelle. In den USA ist all dies nicht gewährleistet. Wesentlich erscheint daher eine vollständige Wiedergabe der Datenschutzbestimmungen des Prümer Beschlusses in einem bilateralen Abkommen mit den USA."

Einwände teilweise berücksichtigtIn seiner heutigen Sitzung merkte der Datenschutzrat an, dass sich die Einwände von 2008 "nur teilweise" im ausverhandelten Abkommen wiederfinden würden. Das österreichische Abkommen enthalte einen Rechtsschutz durch die Datenschutzkommission. Diese sei verpflichtet, die Rechte der Betroffenen auf Zugang zu Daten, Berichtigung oder Löschung von Daten gegenüber den USA durchzusetzen. Zudem gebe es eine Suspendierungsklausel, nach der das Abkommen bei Datenschutz-Verletzungen ausgesetzt werden kann.

Grüne und FPÖ lehnen Abkommen abIm November letzten Jahres, kurz bevor das Abkommen zur Abstimmung im Parlament gelandet wäre, äußerten auf Anfrage der futurezone auch die Grünen und die FPÖ massive Kritik. "Wir lehnen dieses Abkommen ab", erklärte Albert Steinhauser von den Grünen damals auf Anfrage der futurezone. "Die Wahrung der Datenschutzinteressen österreichischer Bürger ist darin nicht gewährleistet." Auch der Nationalratsabgeordnete der FPÖ, Harald Vilimsky, bemängelte: "Die vorgesehenen Möglichkeiten der Löschung und Überprüfung scheinen nicht weitgehend genug."

Mit dem Abkommen wird den US-Behörden ein Zugriff auf die heimischen Polizei-Datenbanken ermöglicht. Konkret sollen US-Behörden Anfragen nach Österreich stellen können, ob ein sichergestelltes DNA-Profil oder ein Fingerabdruck in Österreich registriert ist. Das geschieht nach dem "Treffer / kein Treffer"-Prinzip. Wenn ein Treffer erfolgt, werden in einem zweiten Schritt Name und Identität inklusive personenbezogene Daten wie Geburtsdatum, Geburtsort, Geschlecht, aktuelle und frühere Staatsangehörigkeiten, Reisepassnummer und Nummern anderer Ausweispapiere übermittelt.

Das Abkommen ist ein Teil des Programms zur Vertiefung der Zusammenarbeit bei der Verhinderung und Bekämpfung schwerer Straftaten. Dieses ist noch unter der Bush-Regierung als Reaktion auf 9/11 entstanden.

Daten von Unbescholtenen werden übermitteltDas Problem dabei ist unter anderem, dass in Österreich auch Daten von Menschen in der Fingerabdruck-Datei gespeichert werden, die beispielsweise in ihrer Jugend einmal eine "Diversion" hinter sich gebracht haben, jetzt aber als "unbescholten" gelten.

Karl-Heinz Grundböck, Sprecher des österreichischen Innenministeriums, erklärte gegenüber der futurezone zudem: "Der Abgleich findet in den Dateien statt, die den Tätern zugeordnet sind. Da gibt es keine Einschränkung auf schwerwiegende Straftaten. Wenn es einen Abgleich bei den Fingerabdrücken mit den österreichischen Daten gibt, kann es auch sein, dass jemand, der eine geringere Straftat begangen hat, in diesen Abgleich hineinkommt und man dann draufkommt, dass jemand, der in Österreich ein Deo mitgehen hat lassen, in den USA etwas viel Schlimmeres getan hat." Somit rückt Österreich auch die Informationen über einen Deo-Dieb an die USA heraus.

Damit ist allerdings gleichzeitig ausgeschlossen, dass beispielsweise auch Fingerabdrücke von Zeugen an die USA übermittelt werden. Dies bestätigte Grundböck.

"Die Einwände des Datenschutzrates finden sich nun zum Teil im ausverhandelten Abkommen zwischen Österreich und den USA. Es unterscheidet sich damit von vielen anderen bilateralen Prüm-like Abkommen wesentlich", sagte Maier. So enthalte das österreichische Abkommen – etwa im Gegensatz zum deutschen - einen Rechtsschutz durch die Datenschutzkommission. Diese sei verpflichtet, die Rechte der Betroffenen auf Zugang zu Daten, Berichtigung oder Löschung von Daten gegenüber den USA durchzusetzen. Zudem gebe es eine Suspendierungsklausel, nach der das Abkommen bei Datenschutz-Verletzungen ausgesetzt werden kann.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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Barbara Wimmer

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