In Indien macht Facebook auf übergroßen Plakatwänden Werbung für seinen Dienst Free Basics. Aber kann der US-Konzern wirklich versprechen, was da draufsteht ("digital equality")?
In Indien macht Facebook auf übergroßen Plakatwänden Werbung für seinen Dienst Free Basics. Aber kann der US-Konzern wirklich versprechen, was da draufsteht ("digital equality")?
© Reuters/Danish Siddiqui

Free Basics

Der Kampf ums freie Internet in Indien

Im August 2013 gab Mark Zuckerberg den Start von internet.org bekannt. Auch in Indien startete die Initiative vor rund einem Jahr. Das große Ziel war, Milliarden von Menschen in Entwicklungsländern mit günstigen Internet-Verbindungen zu versorgen. Was diese bekamen, war allerdings nicht „das Internet“, sondern lediglich einen kostenlosen Zugang zu Facebook und ein paar ausgesuchten Diensten für Wetterinformation und Wikipedia.

"Kostenloses Grundangebot"

Das restliche Internet konnte nur aufgerufen werden, wenn die Nutzer für die Datenübertragung, die dadurch anfällt, zahlen. In Indien gab es einen Aufschrei, mit dem Facebook-Gründer Mark Zuckerberg wohl nicht gerechnet hatte. Die Initiative wurde schlichtweg umbenannt in Free Basics. Was soviel ausdrücken soll wie „ein kostenloses Grundangebot an Internet“. Doch ist es wirklich sinnvoll, dass ein Konzern wie Facebook entscheidet, was als Grundangebot im Internet gelten soll? Ist es nicht logisch, dass die Konkurrenz – also in Indien zum Beispiel Google – davon ausgeschlossen wird?

Genau das ist natürlich passiert. Und genau diese Fragen stellten sich auch die Aktivisten von SaveTheInternet.in – und begannen, gegen Free Basics mobil zu machen. Free Basics verletze die Netzneutralität, so die Aktivisten.

Die indische Telekom-Aufsicht TRAI reagierte auf die Vorwürfe und leitete eine entsprechende Untersuchung ein. Das war aber nicht alles: Sie forderte den einzigen Telekombetreiber von Free Basics auch dazu auf, das Angebot vorerst zu stoppen. Bis 7. Jänner läuft nun eine Konsultation darüber, bei der sich die Bevölkerung mit ihrer Meinung an die Behörde wenden kann.

Zuckerberg als Retter der Armen?

Wie laut dabei die Stimmen der Aktivisten in Indiens Bevölkerung, wo laut Angaben von Mark Zuckerberg in den ersten 30 Tagen 15 Millionen Inder Free Basics genutzt haben sollen, sind ist von außen schwer nachvollziehbar. Im Netz sind ihre Stimmen sehr präsent. Sie selbst sagen aber, dass es schwierig sei, in ihrem eigenen Land gegen Free Basics aufzutreten. Bei Teilen der Bevölkerung käme es so an, als würde man gegen kostenloses Internet für Arme sein, schreibt etwa der indische Stratege und Netzneutralitätsaktivist Kshitij Salgunan. Das Wort „frei“ im Namen von Free Basics impliziert das „Gute“ und wurde von Facebook durchaus schlau gewählt.

„Es ist schwierig gegen eine Multimillionen-Dollar-Konzern wie Facebook anzukommen“, so Salgunan. Gründe dafür sind bekanntlich die Macht und die finanziellen Möglichkeiten von Facebook. In mehrseitigen Anzeigen war zu lesen: „Was euch die Netzneutralitätsaktivisten verschweigen“. Facebook schaltete nicht nur Anzeigen (darunter etwa in „Times of India“), auch auf Plakatwänden und mobilen Werbeträgern machte der US-Konzern für seinen Dienst Werbung. Werbung, die sich Netzneutralitätsaktivisten nicht leisten können. „Warum setzt sich Facebook mit solchen Mitteln dafür ein, Free Basics in Indien zu retten? Das macht kein Unternehmen der Welt, weil es die Armen unterstützen will!“

Forderung nach Gratis-Internet

Die Netzneutralitätsaktivisten in Indien verfügen zwar nicht über dieselben Mittel wie Mark Zuckerberg, aber sie bekamen dafür Unterstützung vom Erfinder des World Wide Web, Tim Berners-Lee. Er hatte die Initiative von Facebook bereits mehrfach kritisiert. Seiner Ansicht nach wäre die Initiative nur dann sinnvoll und unterstützenswert, wenn sie mit einem kostenlosen Datenvolumen für alle Internet-Dienste einhergehen würde. Genau dies fordern nun auch die Netzneutralitätsaktivisten in Indien von Facebook.

Wenn der Konzern es ernst meine, mit der Unterstützung der Armen, gäbe es da durchaus ein paar Optionen, so die Aktivisten. „Facebook könnte allen indischen Nutzern kostenlosen Zugang zum gesamten Internet bis zu einem bestimmten Datenlimit pro Monat gewähren, oder dauerhaften kostenlosen Zugang zum Internet bei einer gleichzeitig reduzierten Geschwindigkeit bei der Datenübertragung“, heißt es auf der Website der Aktivisten.

Alternativen mit Werbung

Eine andere Möglichkeit wäre, den Internet-Zugang mit Werbung zu versehen. Oder Facebook könnte eine ähnliche Initiative wie Google mit GoogleWebLight für langsames Internet starten, bei der das Datenvolumen der Websites reduziert wird und kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Als positives Beispiel führen die Aktivisten auch Mozillas Initiative in Bangladesh an, wo in Zusammenarbeit mit Grameenphone den Nutzern 20 MB an Datenvolumen kostenlos zur Verfügung gestellt wird, wenn sie sich davor eine Werbung ansehen.

Es ist aber äußerst fraglich, ob Facebook auf diese Stimmen hören wird. Schließlich ging es dem US-Konzern bei seinem Projekt internet.org von Anfang an darum, neue Kunden zu gewinnen und mitzubestimmen, welche Inhalte sie im Netz zu Gesicht bekommen und welche Dienste sie nutzen. Wer diese Macht hat, hat damit auch die Kontrolle über das Internet. Und diese sollte wohl niemals in den Händen von einem einzigen Konzern liegen.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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