© Gerald Reischl

consumer electronics show

Die Traumfabrik im Tiefenrausch

In der Kulisse, in der schon Tobey Maguire als "Spider-Man" agierte, schlagen zwei Stuntmen mit Fäusten und Holzbrettern aufeinander ein. Sie fliegen durch die Luft, lassen sich theatralisch fallen und machen all das, was man von Actionfilmen so gewohnt ist. Eine 3-D-Kamera fängt diese Bilder ein und überträgt sie auf einen daneben aufgebauten Flat-TV, damit die Effekte der dritten Dimension gleich live verfolgt werden können. "Man muss genau wissen, wie eine Kamera reagiert, welche Szene gut in 3-D kommt und welche sich weniger eignet", sagt Buzz Hays, Chef des 3-D-Technologie-Centers von Sony. Auf dem Gelände der "Sony Pictures Studios" in Culver City in Los Angeles hat der Technologie-Riese das erste 3-D-Center der Welt eröffnet und eines der 30 Studios auf dem Gelände der dritten Dimension gewidmet.

"Wir sehen unser Center als Trainingsstätte für Regisseure, Kameraleute, Produzenten und auch Beleuchter", sagt Hays. "Wir wollen ihnen vermitteln, was man mit 3-D machen kann, worauf es ankommt und welche Effekte man erzielen kann." So müssten 3-D-Produzenten auch ein Gefühl für den "Vergence"-Punkt bekommen. Das ist jener Punkt, an dem beim 3-D-Effekt "justiert" werden kann; so kann etwa ein aus dem Bildschirm ragender Gegenstand gezielter in Szene gesetzt werden. Ein 90 Minuten langer 3-D-Film benötigt im Durchschnitt etwa 1800 Kameraeinstellungen.

Das gesamte Equipment, von den Kameras über die Schnittplätze bis zur Bild-Nachbearbeitung kann kostenlos genutzt werden, - "ganz gleich, von welchem Studio und Hersteller". Beim 3-D-Dreh gilt es nämlich, einiges zu beachten: So muss Glas vermieden werden, da spiegelnde Flächen eine Nachbearbeitung schwierig und teuer machen. Auch Nebel oder Schneefall ist verboten, da bei der Nachbearbeitung jede einzelne Schneeflocke extra berechnet werden müsste. Jede Szene muss noch am Drehort von einem "Stereographer" kontrolliert werden, ob die Grundprinzipien eingehalten worden sind.

Kameras um 250.000 Dollar
Das US-Unternehmen "3ality" hat sich auf 3-D-Systeme spezialisiert und jene Technologie entwickelt, mit der sich der 3-D-Effekt "kalibrieren" lässt. Ein echtes 3-D-Kamerasystem hat zwei Objektive. Da sich der Abstand zweier Kamera-Optiken aber aufgrund des Gehäuses nur bedingt zusammenbringen lässt, hat "3ality" ein Spiegelsystem gebaut, damit diese Distanz weiter unterschritten werden kann. Dadurch kann der 3-D-Effekt weiter verstärkt werden. "Die ganze Welt ist 3-D, warum sollen dann nicht auch die Medien dreidimensional sein", sagt "3ality"-Chef Sandy Climan. Er vergleicht die gegenwärtige Diskussion mit der Farbfernseh-Ära. "Da war plötzlich Farbe im Bild und wir haben sukzessive gelernt, daraus etwas zu machen. Hier ist es ähnlich: Etwas Langweiliges in 2-D wird mit 3-D spannend." Climan ist überzeugt, dass 3-D nicht nur in Hollywood, sondern auch beim Live-Fernsehen ein Renner wird, vor allem bei Sport-Events. In den USA werden Spiele der National Football League in 3-D übertragen, bei der Fußball-WM in Südafrika rüstete er pro Match 26 Kamerateams mit den Systemen aus. Climan: "Ein System kostet 250.000 Dollar."

Filmmusik
Aber nicht nur in punkto Inszenierung und Kamerarbeit muss bei 3-D-Filmen umgelernt werden. Die Dritte Dimension verlangt auch Umdenke bei der Musik. "50 Prozent des 3-D-Erlebnisses ist der Sound", sagt der Erschaffer der Star-Wars-Filmreihe und der Indiana-Jones-Tetralogie George Lucas. Greg P. Russell kann dem nur zustimmen: "George hat recht, bei einem 3-D-Streifen sind Sound-Effekte noch wichtiger, sie sind die halbe Miete." Russell ist einer der Sound-Experten in Hollywood, seit 27 Jahren ist er im Geschäft, 13 Mal war er bereits für den Oscar nominiert - "drei Mal hätt’ ich ihn bekommen müssen".

Russell hat nicht nur für "Transformers" den Sound entwickelt, sondern auch für "Spider-Man", "Pearl Harbor", "Armageddon" und "The Rock". Sein Repertoire an Klängen ist mehrere Terabyte groß, "genau weiß ich das gar nicht", sagt Russell im FUTUREZONE-Gespräch. Mit jedem Film wächst seine Datenbank an. "Ich mixe den Sound schon seit Jahren in 3-D, auch wenn damit nur ein 2-D-Film vertont wird", erklärt der Klangexperte, der gerne als "Sound-Mixer" bezeichnet wird. "3-D-Filme brauchen aber noch mehr räumlichen Klang, denn dadurch werden Film-Szenen noch dramatischer und der Zuseher fühlt sich mitten in eine Szene gesetzt." Den Effekt erzielt Russell mithilfe diverser Tricks, zu denen auch normale Effekte wie Hall oder Echos zählen. Aber oft sind es nur Kleinigkeiten, für Außenstehende gar nicht hörbar, die dem Film das gewisse Etwas geben.

"Im Normalfall arbeiten wir acht bis zehn Wochen am Sound eines Films", so Russell, "aber es gab schon Filme, für die wir drei Monate benötigt haben." Bei "Alice im Wunderland" etwa hat er sich "eine Woche gespielt", um bei der Teeparty-Szene das Gefühl hinzukriegen, als Zuseher auch auf diesem Tisch zu sitzen.

(Gerald Reischl)


So sieht man 3-D:
Für Filmproduzenten ist das Prinzip der optischen Wahrnehmung die Grundlage, warum sie uns mit dreidimensionalen Inhalten begeistern können. Der Mensch betrachtet weit entfernte Objekte mit einem parallel verlaufenden Sichtfeld - die Blicklinien der Augen verlaufen nebeneinander. Betrachten wir Gegenstände in der Nähe, treffen sich die Blicklinien des linken und rechten Auges am Objekt - die Blickfelder überlagern sich. Die überlagernden Bilder sind nicht ident, sondern verschoben, was man mit einem Blinzeltest (abwechselnd rechtes und linkes Auge schließen) feststellen kann. Diese Bildverschiebung ermöglicht es, dass wir dreidimensional sehen. Versetzt man nun diese ohnehin schon bestehende Bildverschiebung künstlich, wie es eine 3-D-Kamera macht, kann mit speziellen Brillen dieser räumliche Effekt gesehen werden. Ein guter 3-D-Effekt wird durch eine "positive Parallax" erzielt - ein Objekt wird (von zwei Kameras aufgenommen) für das linke Auge leicht nach links verschoben, für das rechte leicht nach rechts. Das Auge glaubt, dass es sich um ein und dasselbe Objekt handelt und das Gehirn errechnet einen räumlichen Effekt. Wichtig ist, dass Objekte nicht zu weit nach rechts oder links wandern, da sonst Beschwerden wie Kopfweh oder Augenschmerzen entstehen können. Für Kinder ist der 3-D-Effekt stärker spürbar als für Erwachsene. Da der Abstand der Kinderaugen weniger als 6,5 Zentimeter beträgt (ein Richtwert bei der 3-D-Übertragung/siehe links unten), errechnet das Gehirn noch größere räumliche Effekte.

Unterschiede bei 3-D-Filmen:
Nicht überall, wo 3-D draufsteht, ist auch echtes 3-D drinnen. Der erste echte 3-D-Film ist James Camerons "Avatar", der Science-Fiction-Streifen wurde mit 3-D-Kameras aufgenommen. Tim Burtons "Alice im Wunderland" wiederum wurde zwar als 3-D-Film angepriesen, aber mit 2-D-Kameras aufgenommen und erst in der Nachproduktion mit 3-D-Effekten versehen, was übrigens 50.000 Dollar pro Filmminute gekostet hat. Die besten 3-D-Effekte lassen sich mit Animationsfilmen wie etwa "Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen" oder "Drachenzähmen leicht gemacht" erzielen, weil jede Figur praktisch von einer eigenen virtuellen 3-D-Kamera ins Visier genommen wird; bei Filmen mit echten Lebewesen - ob Mensch oder Tier - müssen sich mehrere Schauspieler eine Kamera teilen, was dazu führt, dass die 3-D-Effekte unterschiedlich ausfallen.

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Kommentare