Österreich

Drittelbeschwerde gegen Vorratsdaten gescheitert

Ein gemeinsames Vorgehen der Oppositionsabgeordneten gegen die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung in Österreich wird es voraussichtlich nicht geben. Das Zustandekommen einer Verfassungsklage gegen die umstrittene Datenspeicherung mittels Drittelbeschwerde, die von mindestens einem Drittel der Nationalratsabgeordneten unterstützt wird, sei Ende Juli nach dem Abspringen der FPÖ gescheitert, sagte der grüne Justizsprecher Albert Steinhauser zur futurezone.

Zuvor hatte die Initiative Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung (AK Vorrat) die Oppositionsparteien FPÖ, Grüne und BZÖ eingeladen, die Datenspeicherung mittels Drittelbeschwerde gemeinsam beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) anzufechten. Die Kosten der Verfassungsbeschwerde sollten die drei Parlamentsfraktionen tragen. Das rechtliche Know-how sollte unter Einbeziehung von Experten vom AK Vorrat kommen. Nach zwei Verhandlungsrunden, die nach Angaben von Teilnehmern sehr konstruktiv verlaufen waren, sei die FPÖ Ende Juli ohne Angabe von Gründen abgesprungen.

Diskussion über Kostenaufteilung
Die Diskussion über die Kostenaufteilung sei nicht friktionsfrei gelaufen, sagt FPÖ-Verfassungssprecher Harald Stefan. Die FPÖ prüfe nun einen Alleingang und könne sich etwa vorstellen, über die Kärntner Landesregierung eine Verfassungsbeschwerde gegen die Vorratsdatenspeicherung einzubringen, so Stefan. Dass eine Drittelbeschwerde noch zustandekommt, will er nicht ausschließen: "Wir schauen einmal, wieweit wir kommen." Die Kosten für eine Verfassungsklage mittels Drittelbeschwerde würden sich nach unterschiedlichen Angaben aus den drei Parlamentsfraktionen auf zwischen 4000 und maximal 10.000 Euro pro Klub belaufen. Anfragen der futurezone beim AK Vorrat blieben bis zum Redaktionsschluss dieses Artikels unbeantwortet.

"Parteipolitisch kleinkariert"
Der FPÖ fehle es an politischem Willen, sagt der grüne Justizsprecher Albert Steinhauser. Die Vorgangsweise der Freiheitlichen bezeichnete er als "parteipolitisch kleinkariert." Die Kärntner Landesregierung habe schon einmal eine Verfassungsbeschwerde, bei der es um die Familienbeihilfe ging, "rechtlich verhaut". Das Vorgehen der FPÖ  werde möglicherweise dazu führen, dass die Vorratsdatenspeicherung in Österreich nie vor dem Verfassungsgericht landet.

Jetzt müsse jeder für sich weiter gegen die Vorratsdatenspeicherung kämpfen, sagt BZÖ-Sicherheitssprecher Peter Westenthaler: "Wir wollen uns aber weiter bemühen,  eine Drittelbeschwerde zustande zu kriegen." Grüne und BZÖ überlegen auch, mit dem Inkrafttreten der Vorratsdatenspeicherung im April 2012 eine Individualbeschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof einzubringen.

FPÖ-Abgeordnete für Drittelbeschwerde notwendig
Eine Drittelbeschwerde hätte gegenüber Individualbeschwerden den Vorteil, dass der Verfassungsgerichtshof die Verfassungskonformität der umstrittenen verdachtslosen Datenspeicherung überprüfen muss. Ohne die Stimmen der FPÖ ist eine solche Vorgehensweise nicht möglich. Die Abgeordenten von SPÖ und ÖVP stimmten Ende April im Parlament für die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung in Österreich. Individualbeschwerden scheitern häufig auch an formalen Hürden. So müssen etwa die Kläger nachweisen, dass sie persönlich von den Maßnahmen betroffen sind. Eine Individualbeschwerde der Grünen gegen die Ende 2007 beschlossene Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz (SPG), die eine massive Ausweitung der Polizeibefugnisse mit sich brachte, sei etwa aus formalen Grünen abgelehnt worden, weil die unmittelbare Betroffenheit in Frage gestellt wurde, sagt Steinhauser.

Die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung wurde Ende April mit den Stimmen der Regierungsparteien trotz heftiger Kritik von Opposition und Datenschützern im österreichischen Nationalrat

und soll im April 2012 in Kraft treten. Die Vorratsdatenspeicherung sieht die verdachtsunabhängige Speicherung sämtlicher Verbindungsdaten via Telefon, Handy, E-Mail und Internet für sechs Monate vor. Auf die Daten dürfen Ermittler in bestimmten Fällen auch ohne richterlichen Beschluss zugreifen. Die EU-Kommission hat im April die Überarbeitung der Richtlinie angekündigt. Das kann jedoch dauern. In der Zwischenzeit müsse die bisherige Richtlinie umgesetzt werden, heißt es seitens der Kommission.

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Patrick Dax

pdax

Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

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