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EA: Keine Taliban im Mehrspieler-Modus

Dass am 14. Oktober erscheinende Videospiel "Medal of Honor" erntete schon im Vorfeld heftige Kritik. Im Mehrspieler-Modus sollten die Spieler auf der Seite der US-Streitkräfte oder der Taliban gegeneinander antreten. Um die Wogen zu glätten, werden die Taliban im finalen Spiel OPFOR, die Abkürzung für "Opposing Forces" (feindliche Kräfte), heißen. Greg Goodrich, Producer von "Medal of Honor", begründet die Entscheidung im offiziellen Blog des Spiels: "Diese Änderung betrifft nicht direkt Spieler und ändert auch nicht grundlegend das Gameplay. Wir haben die Änderung für die Männer und Frauen im Militärdienst durchgeführt und für die Familien derer, die im Kampf das ultimative Opfer erbracht haben."

Die Entscheidung könnte sich nicht nur auf das Karma des Herausgebers Electronic Arts (EA) positiv auswirken, sondern auch auf die Verkaufszahlen des Spiels. Die US-Armee hat aufgrund der Taliban-Problematik den Verkauf von "Medal of Honor" in Militärstützpunkten verboten. Jetzt sollen die US-Streitkräfte in Erwägung ziehen, dass Spiel doch zuzulassen. Das Verbot bezog sich zwar nur auf GameStop-Filialen, die sich in US-Army- und Airforce-Stützpunkten befinden, brandmarkte das Spiel aber als unpatriotisch - was sich negativ auf die Verkäufe in den USA auswirken könnte.

Widerwärtig und respektlos
Als im August bekannt wurde, dass im Mehrspieler-Modus von "Medal of Honor" die Seite der Taliban ergriffen werden kann, kommentierte dies der US-Fernsehsender Fox als "respektlos gegenüber den US-Soldaten", die in Afghanistan gegen reale Taliban kämpfen. Der britische Verteidigungsminister sprach sich für ein Verkaufsverbot aus und ein Sprecher der deutschen Bundeswehr bezeichnete das Spiel als widerwärtig. EA-Chef Frank Gibeau berief sich damals noch auf die künstlerische Freiheit und dass bei der Entwicklung des Spiels eng mit dem US-Militär kooperiert wurde, um ein möglichst reales Abbild des Konflikts zu vermitteln. Rückendeckung bekam Gibeau, der das Spiel nicht ändern wollte, von Afghanistan-Veteranen, die von einem Branchen-Magazin befragt wurden. Deren Tenor: Dass man Taliban spielen könne, sei ihnen egal, vielmehr störe, dass Jugendliche wegen solcher Spiele glauben, sich im Kriegsgeschehen auszukennen.

Einseitig
Aufreger wie diese sind nicht neu. Das Spiel "Call of Duty: Modern Warfare 2" von Activision wurde in Russland verboten, weil russische Truppen als Terroristen dargestellt wurden. Zudem stand es in der Kritik, weil man in einer Mission Zivilisten erschießen konnte. Das Level konnte wahlweise übersprungen werden und in der deutschen Version war es nicht erlaubt Zivilisten anzugreifen. Trotzdem - oder gerade deswegen - war es eines der meistverkauften Spiele 2009. Denn solche Kontroversen erwecken das Interesse der Spieler und erhöhen durch Medienberichte den Bekanntheitsgrad des Spiels und damit auch den Wiedererkennungswert im Verkaufsregal.

In den immer wieder aufkeimenden Debatten fällt auf, dass nur Titel über aktuelle Konflikte ins Kreuzfeuer geraten. Dass man in dem kürzlich erschienenen Spiel "Kane & Lynch 2" Polizisten erschießen muss, regt niemanden auf. Auch die populäre "GTA"-Reihe, in der es kein Problem ist Zivilisten und Polizisten in einer Großstadt zu erschießen oder zu überfahren, ist ebenso wenig Aufreger, wie diverse Shooter im Zweiten Weltkrieg, in denen die Rolle von Wehrmachts-Soldaten eingenommen werden kann.

(Gregor Gruber)

Die Koalitionskräfte in Afghanistan haben derzeit eine Truppenstärke von knapp 392.000. Dazu zählen Soldaten aus den USA, England und Deutschland. Ihnen gegenüber stehen geschätzte 93.000 Aufständische.

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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